Corona: Insolvenzantragspflichten – Sanierung

  • 5 Minuten Lesezeit

Aktuelles zum Corona-Insolvenz-Aussetzungsgesetz (COVInsAG):

Ist eine Firma überschuldet und kann ihre Zahlungsverpflichtungen und Kredite in absehbarer Zeit nicht bedienen, ist der Geschäftsführer verpflichtet, innerhalb von drei Wochen den Antrag auf Insolvenz beim zuständigen Amtsgericht einzureichen.

Zur Unterstützung der Wirtschaft bei der Bewältigung des Coronavirus hat die Bundesregierung nun eine Reihe von Maßnahmen auf den Weg gebracht, insbesondere eine Aussetzung der Insolvenzantragspflicht.

Voraussetzung für die Aussetzung soll sein, dass der Insolvenzgrund tatsächlich auf den Auswirkungen der Corona-Epidemie beruht und dass aufgrund einer Beantragung öffentlicher Hilfen bzw. ernsthafter Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen eines Antragspflichtigen begründete Aussichten auf Sanierung bestehen.

Hier ein kurzer Überblick:

Geplante gesetzliche Regelung mit vorliegendem Gesetzesentwurf zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht infolge der Ausbreitung der Infektionen mit dem SARS-CoV-2 (Covid-19-Pandemie), welche voraussichtlich diese Woche in Kraft treten soll:

Zentrale Vorschrift des Artikels 1 § 1 COVInsAG:

Die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach § 15a InsO und nach § 42 Absatz 2 BGB ist bis zum 30. September 2020 ausgesetzt. Dies gilt nicht, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der Ausbreitung des SARS-CoV-2 (COVID-19-Pandemie) beruht oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. War der Schuldner am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig, wird vermutet, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie beruht.

Es soll vermieden werden, dass betroffene Unternehmen allein deshalb einen Insolvenzantrag stellen müssen, da die Bearbeitung von Anträgen auf öffentliche Hilfen bzw. Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen in der außergewöhnlichen aktuellen Lage nicht innerhalb der dreiwöchigen Insolvenzantragspflicht abgeschlossen werden können. Aus diesem Grund soll daher durch eine gesetzliche Regelung für einen Zeitraum bis zum 30.09.2020 die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt werden.

Die Voraussetzung ist zunächst, dass der Insolvenzgrund tatsächlich auf den Auswirkungen der Corona-Krise beruht. Eine Beweiserleichterung ist geplant, um Unsicherheiten zu beseitigen.

Sofern die Insolvenzreife am oder nach dem 13.03.2020 eingetreten ist, wird vermutet, dass sie auf den Auswirkungen der Corona-Krise basiert. Für Unternehmen, bei denen die Insolvenzreife bereits vorher bestand, bleibt es bei der vollen Beweislast, dass die Auswirkungen der Corona-Krise kausal für den Insolvenzgrund sind.

Eine weitere Voraussetzung ist, dass der durch die Corona-Krise ausgelöste Insolvenzgrund durch Beantragung öffentlicher Hilfen bzw. ernsthafte Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen voraussichtlich beseitigt werden kann.

Die Aussetzung gilt ab Wirksamwerden des Gesetztes bis zum 30.09.2020. Geplant ist eine Verordnungsermächtigung für das BMJV für eine Verlängerung der Maßnahme bis höchstens zum 31.03.2021.

Fremdanträge:

Von Gläubigern werden die Insolvenzanträge ebenfalls durch die Änderungen eingeschränkt. Für Gläubigeranträge, welche innerhalb von drei Monaten ab Inkrafttreten des Gesetzes (voraussichtlich diese Woche) gestellt werden, wird vorausgesetzt, dass der Insolvenzgrund bereits am 1. März 2020 vorlag.

Geschäftsführerhaftung:

Die Zahlungsverbote, nach denen der Geschäftsführer für Zahlungen nach dem Eintritt der Insolvenzreife persönlich haftet, sind nicht grundsätzlich suspendiert. Liegt jedoch die Voraussetzung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vor, werden auch die Zahlungsverbote gelockert. Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, insbesondere solche Zahlungen, die der Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes oder der Umsetzung eines Sanierungskonzepts dienen, gelten dann als mit der Sorgfalt einen ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmann vereinbar und lösen demnach keine Haftung aus.

Anfechtung Gläubiger:

Das Risiko einer künftigen Insolvenzanfechtung wird ebenfalls weitgehend ausgeschlossen, sofern die Voraussetzungen der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vorliegen.

Die bis zum 30. September 2023 erfolgende Rückgewähr eines im Aussetzungszeitraum gewährten neuen Kredits sowie die im Aussetzungszeitraum erfolgte Bestellung von Sicherheiten zur Absicherung solcher Kredite gelten als nicht gläubigerbenachteiligend und können nicht angefochten werden. Kreditgewährung und Besicherung sind dann auch nicht als sittenwidrig anzusehen.

Kongruente Rechtshandlungen wären in einem späteren Insolvenzverfahren nicht anfechtbar; es sei denn der Anfechtungsgegner wusste, dass die Sanierungs- und Finanzierungsbemühungen des Schuldners nicht zur Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit geeignet gewesen waren. Umfasst sind auch Leistungen an Erfüllung statt oder erfüllungshalber, Zahlungen durch einen Dritten auf Anweisung des Schuldners, die Bestellung einer anderen als der ursprünglich vereinbarten Sicherheit, wenn diese nicht werthaltiger ist sowie die Verkürzung von Zahlungszielen und die Gewährung von Zahlungserleichterungen.

Selbst die Rückführung von Gesellschafterdarlehen genießt Schutz vor späterer Anfechtung in Insolvenzverfahren, die bis zum 30. September 2023 beantragt wurden.

Änderungen Gesellschaftsrecht:

In einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) können Gesellschafterbeschlüsse in Textform oder durch schriftliche Stimmabgabe gefasst werden.

Aktiengesellschaften, auch KGaA und SE erhalten nach der Neuregelung Erleichterungen bei der Durchführung der Hauptversammlung. Der Vorstand kann nun mit Zustimmung des Aufsichtsrats auch ohne Ermächtigung durch Satzung oder Geschäftsordnung Entscheidungen über die Teilnahme der Aktionäre an der Hauptversammlung im Wege elektronischer Kommunikation, die Stimmabgabe im Wege elektronischer Kommunikation und die Zulassung der Bild- und Tonübertragung treffen. Mit Zustimmung des Aufsichtsrats kann der Vorstand auch entscheiden, dass eine virtuelle Hauptversammlung abgehalten wird. Ferner kann der Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats entscheiden, die Hauptversammlung spätestens am 21. Tag vor dem Tag der Versammlung einzuberufen.

Der Vorstand kann auch nun mit Zustimmung des Aufsichtsrats selbst ohne Satzungsermächtigung entscheiden, einen Abschlag auf den Bilanzgewinn an die Aktionäre zu zahlen, oder dass die Hauptversammlung innerhalb des Geschäftsjahres stattfindet.

Die Beschlussanfechtung dieser Beschlüsse ist, außer bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit, weitgehend ausgeschlossen.

Zu guter Letzt: 

Die angekündigten und umgesetzten Änderungen bezüglich der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und den weiteren oben dargestellten Punkten sind notwendig. Somit haben die betroffenen Unternehmen Zeit, um eine geeignete Sanierungslösung zu finden. Sanierungsmaßnahmen (z. B. operative Maßnahmen, Förderdarlehen oder Staatshilfen) müssen individuell erarbeitet werden. Jegliches betroffene Unternehmen wird nun ein Sanierungskonzept ausarbeiten und dieses bis spätestens 30. September 2020 finalisieren müssen. Die Maßnahmen können aber verlängert werden.

Es wird geraten, sich von einem Wirtschaftsprüfer bescheinigen zu lassen, dass sich das Unternehmen wirklich aufgrund der Corona-Krise in Schieflage befindet, da auch aktuelle Erleichterungen der verspäteten Steuerzahlungen einhergehen.

Gerne steht das Team von Prof. Baumann + Partner, um Herrn RA Tobias Humpf für alle Frage zur Verfügung:

Tobias Humpf

Rechtsanwalt/Partner

und zugleich auch

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

Fachanwalt für Erbrecht

Fachanwalt für Insolvenzrecht

Prof. Dr. Baumann + Partner mbB

Steuerberater Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Tobias Humpf

Beiträge zum Thema