Corona-Krise: Straftaten und OWis nach den Infektionsschutzregelungen in Schleswig-Holstein

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Der Covid-19-Virus hat Bund und Land dazu veranlasst, zahlreiche unserer Grundrechte einzuschränken und einige Vorschriften mit Straf- und Ordnungswidrigkeiten in Kraft zu setzen beziehungsweise zu ändern.

Dieser Artikel setzt sich nicht mit der Notwendigkeit dieser Maßnahmen auseinander. Politische oder moralische Aspekte bleiben unberührt. Es geht einzig darum, Ihnen den Umfang der Maßnahmen zur Kenntnis zu bringen; sie auf die Konsequenzen von Verstößen gegen ihre Pflichten, aber auch auf ihre Rechte hinzuweisen.

Wird ein Verhalten als Straftat behandelt, so kann eine Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe bis zu maximal fünf Jahren verhängt werden (§§ 74, 75 IfSG).

Straftaten nach dem Infektionsschutzgesetz sind (unter anderem):

-> Ein vorsätzlicher Verstoß gegen die Meldepflichten (§ 74 IfSG)

-> ein Verstoß gegen eine Quarantäne-Anordnung (§ 75 Abs. 1 Nr. 1 IfSG)

-> ein Verstoß gegen das berufliche Tätigkeitsverbot (§ 75 Abs. 1 Nr. 2 IfSG)

-> ein Verstoß gegen behördliche Maßnahmen im Zusammenhang mit der Schließung von Gemeinschaftseinrichtungen, der Untersagung oder Beschränkung von Großveranstaltungen, des Zutritts oder Verlassens bestimmter Orte (§ 75 Abs. 1 Nr. 1 IfSG)

Wer durch einen Verstoß nachweislich das Coronavirus weiterverbreitet, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft, soweit nicht die Tat in anderen Vorschriften mit einer schwereren Strafe bedroht ist. (§ 75 Abs.3 IfSG)

Ordnungswidrigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz (unter anderem):

  • ein Verstoß gegen die Meldepflichten, sei es durch keine, eine unrichtige, eine verspätete oder unvollständige Information (§ 73 Abs. 1a Nr. 1 IfSG),
  • die Nichterteilung von Auskünften, die Nichtvorlage von Unterlagen, nicht ermöglichte Zugangsrechte im Zusammenhang mit behördlichen Maßnahmen (§ 73 Abs. 1a Nr. 3, 4, 5),
  • die Weigerung einer betroffenen Person, sich untersuchen oder Untersuchungsmaterial entnehmen zu lassen oder Auskünfte zu seinem Gesundheitszustand zu geben (§ 73 Abs. 1a Nr. 6 IfSG),
  • die Weigerung, behördliche Anordnungen in Gemeinschaftseinrichtungen umzusetzen (§ 73 Abs. 1a Nr. 6 IfSG),
  • das Verwenden nicht zugelassener Mittel oder Methoden zur Desinfektion (§ 73 Abs. 1a Nr. 7 IfSG),
  • das Betreten von Kinderbetreuungs-Räumlichkeiten als betroffener Mitarbeiter (§ 73 Abs. 1a Nr. 14 IfSG) 

Es sind Geldbußen bis zu 2.500 bzw. 25.000 EUR vorgesehen (§ 73 Abs. 2 IfSG).

Ordnungswidrigkeiten nach der Landesverordnung über Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Schleswig-Holstein vom 02.04.2020:

SARS-CoV-2-Bekämpf­VO SH  / Verstoß / Adressat des Bußgeldbescheids / Regel­satz 

§ 1 Satz 1, § 12 Nr. 1
Beherbergung von Personen zu touristischen Zwecken in Beherbergungsstätten/ genannten Einrichtungen und vergleichbaren Einrichtungen

Betreiber der Beherbergungsstätte/ genannten Einrichtung, bei juristischen Personen Geschäftsführung o. ä.: 4.000 Euro

§ 1 Satz 2, § 12 Nr. 1
Geöffnet halten einer ausschließlich touristischen Zwecken dienenden Einrichtung

Betreiber der Beherbergungsstätte/ genannten Einrichtung, bei juristischen Personen Geschäftsführung o. ä.: 4.000 Euro

§ 1 Satz 3, § 12 Nr. 1
Geöffnet halten einer nicht erlaubnispflichtigen Einrichtungen zur Beherbergung von Kindern und Jugendlichen

Betreiber der Beherbergungsstätte/ genannten Einrichtung, bei juristischen Personen Geschäftsführung o.ä.: 4.000 Euro

§ 2 Absatz 1, § 12 Nr. 2
Einreise nach Schleswig-Holstein aus touristischem Anlass, zu Freizeit- oder Fortbildungszwecken oder zur Entgegennahme von vermeidbaren oder aufschiebbaren Maßnahmen der medizinischen Versorgung, Vorsorge oder Rehabilitation

Jeder Einreisende: 150 bis 500 Euro

§ 2 Absatz 2 Satz 1, § 12 Nr. 3
Aufenthalt im öffentlichen Raum mit mehr als einer nicht im Haushalt lebenden Personen, es sei denn es liegen Ausnahmetatbestände nach § 2 Absatz 4 vor

Jeder Beteiligte: 150 Euro

§ 2 Absatz 3, § 12 Nr. 4
Teilnahme an einer öffentlichen oder privaten Veranstaltung, Zusammenkunft oder Ansammlung mit mehr als einer nicht im selben Haushalt lebenden Personen; es sei denn es liegen Ausnahmetatbestände nach § 2 Absatz 4 vor

Jeder Beteiligte: 150 bis 500 Euro

§ 3 Absatz 1, § 12 Nr. 5
Teilnahme an öffentlichen oder nichtöffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel oder in geschlossenen Räumen mit mehr als den in § 2 Abs. 2 benannten Personen, sofern keine Ausnahme nach Abs. 2 durch die Versammlungsbehörde zugelassen

Jeder Beteiligte: 150 Euro

§ 4, § 12 Nr. 6
Zutritt zu den Inseln, Halligen und Warften an Nord- und Ostsee mit Ausnahme von Nordstrand ohne Hauptwohnung an diesen Orten und ohne nach Abs. 2 ausgenommene Person zu sein

Jeder Beteiligte: 150 Euro

§ 5 Absatz 1, § 12 Nr. 7
Geöffnet halten einer Gaststätte i. S. v. § 1 Gaststättengesetz ohne Ausnahme gem. Abs. 2 „Außerhausverkauf“

Betriebsinhaber, bei jur. Personen Geschäftsführung o. ä.: 4.000 Euro

§ 6 Absatz 1, § 12 Nr. 8
Geöffnet halten einer Verkaufs- und Warenausgabestelle des Einzelhandels einschließlich mobiler Verkaufs- und Warenausgabestellen

Betriebsinhaber, bei jur. Personen Geschäftsführung o. ä.: 2.500 Euro

§ 6 Absatz 3 Satz 1, § 12 Nr. 9
Geöffnet halten einer bezeichneten Einrichtung

Einrichtungs-/ Betriebsinhaber, bei jur. Personen Geschäftsführung o. ä.: 1.000 bis 5.000 Euro

§ 7, § 12 Nr. 10
Teilnahme an Zusammenkunft in einer benannten Einrichtung

Jeder Beteiligte: 150 Euro

§ 9 Satz 1, § 12 Nr. 13
Bei den nach §§ 1 bis 8 zugelassenen Verkaufsstellen, Tätigkeiten und Zusammenkünften das Nichtbefolgen der Hygieneempfehlungen des Robert-Koch-Instituts, die vom RKI offiziell als „Empfehlung“ bezeichnet worden sind

Verantwortliche gem. §§ 1-8: 150 bis 500 Euro

Die neuen Vorschriften sind mit heißer Nadel gestrickt worden und ihre Regelungen sind nicht frei von Kritik. Verfassungsrechtlich wird vor allem die Verhältnismäßigkeit einzelner Vorschriften und Anordnungen in Zweifel gezogen. Die formale und materielle Rechtmäßigkeit des Gesetzgebungsverfahrens wird auch noch einmal zu überprüfen sein. Daraus ergibt sich auch, dass der Regelungsgehalt und die verordneten Strafen einer besonderen Prüfung auf ihre Rechtmäßigkeit, aber auch auf die Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit unterzogen werden müssen.

Doch auch die Umsetzung der neuen Vorschriften wird Polizei und Ordnungsbehörden vor einige Schwierigkeiten stellen. Die Regelsätze der Strafen sind noch nach einigen Kriterien zu erhöhen oder zu ermäßigen, etwa:

Handelt es sich um eine vorsätzliche oder fahrlässige Tat? Wie hoch ist die für die öffentliche Gesundheit entstandene Gefahr? In welcher Höhe hat der Täter durch die Tat einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt? War es ein wiederholter oder erstmaliger Verstoß? Wie hoch war die Gefahr einer potenziellen Infizierung anderer Personen nach den Umständen des Einzelfalls? Liegt nach den Umständen des Einzelfalls ein geringerer als durchschnittlicher Vorwurf aus besonderen Gründen vor? Zeigt der Täter Einsicht? Ist eine Wiederholung zu befürchten? Ist die vorgeschriebene Geldbuße eine unzumutbare wirtschaftliche Belastung? Liegen bei den Betroffenen außergewöhnliche wirtschaftliche Belastungen vor? Kommt eine Ermäßigung, oder gar ein völliges Absehen von Ahndung in Frage? Werden durch dieselbe Tat nur eine oder mehrere Tatbestände verwirklicht? Soll durch die Tat eine andere (natürliche oder juristische) Person bereichert werden?

Droht Ihnen ein Bußgeldbescheid oder ein Strafverfahren, sollten Sie sich also dringend anwaltliche Unterstützung suchen! Die Wahrscheinlichkeit, dass Ihre persönlichen Belange nicht ausreichend berücksichtigt wurden oder Fehler begangen wurden, ist bei einer derart komplexen Lage hoch.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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