Corona – Notfallplan fürs Testament

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Für bestehende Testamente empfehle ich als Fachanwalt für Erbrecht folgenden Notfallplan:
 
Die Corona-Pandemie verändert unser Leben wie im Zeitraffer. Die Art, wie wir leben, steht jeden Tag neu auf dem Prüfstand; leider auch, ob wir oder unsere Angehörigen überhaupt noch leben!
 
Sind dann im Testament Personen eingesetzt, die entweder vor uns verstorben sind oder versterben diese kurz danach und werden zum Beispiel vom Ex-Partner beerbt, hätte man dann allen Grund, sich sprichwörtlich "im Grabe umzudrehen".
 
Notfallplan für Testamente:
 
1.) Keine Schnellschüsse!
 
Testamente, die Sie sich früher in aller Ruhe überlegt haben, sollten nicht überhastet vernichtet oder geändert werden. Besonders kinderlose Ehepaare über 60 sollten aber prüfen, ob sie im Testament Ersatzerben für den jeweils bestimmten Erben eingesetzt haben. Es können auch Ersatz-Ersatzerben eingesetzt werden usw. Notfalls könnte Ersatzerbe auch eine wohltätige Organisation sein, die Ihnen wichtig ist.
 
Achtung: Beim Berliner Testament muss auch die Bestimmung der Ersatzerben in der für Testamente
notwendigen Form: entweder notariell oder eigenhändig + handschriftlich + Ort und Datum versehen + Unterschriften beider Eheleute versehen sein.
 
2.) Erben konkret benennen!
 
Corona ist keine Tsunami, die nach kurzer Zeit wieder weg ist, sondern ein Marathon, bis ein Impfstoff zur Verfügung steht.
 
Falls Sie sich entschließen, ein eigenhändiges Testament zu errichten, schreiben Sie nicht zuerst auf, wer welche Kaffeetassen oder sonstige Sachen erhält, sondern schreiben Sie ins Testament:

"Erbe sollen Anton, Beate und Conny zu je 1/3 werden", also wer Erbe werden soll (bei mehreren Personen mit welcher Quote). Dann ist wertmäßig klar, dass jeder Miterbe seinen Anteil erhält, auch wenn z. B. der teure Oldtimer aus Geldnot verkauft werden musste.

 3.) Zugangsdaten und Vermögen dokumentieren!
 
Hinterlegen Sie Informationen über Ihre Schlüssel, Passwörter, Zugangsdaten für Konten, Schließfächer etc. und eine Aufstellung Ihrer Vermögenswerte einerseits sicher, anderseits aber so, dass der Berechtigte nach dem Tod die Informationen schnell findet, damit nicht das im Pizzakarton versteckte Bargeld zusammen mit dem übrigen Inhalt der Kühltruhe im Müll landet!
 
Sicher ./. Gut zu finden: Ist das nicht ein Widerspruch in sich?  
 
Eigentlich ja.  
 
Eine Lösung wäre zum Beispiel die Hinterlegung aller Informationen z. B. im verschlossenen Schreibtisch oder Safe, sodass die Infos zwar dokumentiert sind, aber nicht vorschnell in die Hände Unbefugter gelangen können.
 
In der Geldbörse könnte dann ein Zettel mit dem Hinweis sein, wo die Infos versteckt sind. Der Tischler für den aufgebrochenen Schreibtisch wird deutlich weniger kosten, als die Wiederherstellung zahlreicher Zugangsdaten für Konten, PCs und soziale Netzwerke.
 
Das geht natürlich alles auch moderner, z. B. wenn Infos zu den verstecken Sachen/Dokumenten in einer gesicherten Cloud oder auf einem USB-Stick gespeichert werden, um dann – wenn es eng wird – dem Begünstigen den Ort des Verstecks oder die Zugangsdaten zu senden.
 
4.) Pflichtteil berücksichtigen
 
Haben Sie voreheliche Kinder oder leben Sie in einer Patchwork-Beziehung? Durchdenken Sie sich, wer Sie beerbt oder wer eventuell Pflichtteilsansprüche geltend machen könnte.
 
Gerade Pflichtteilsfragen sollten Sie sich von einem Fachanwalt für Erbrecht durchrechnen lassen, bevor ein Testament errichtet wird.
 
 5.) Gezielt enterben
 
Auch wer eigentlich kein Testament errichten will, könnte dennoch durch ein Testament regeln, dass bestimmte Verwandte auf keinen Fall etwas erben sollen z. B. "Der Stamm meines Neffen N. Raffzahn soll nichts erben."
 
 6.) Fertigen Sie einen Stammbaum an!
 
Momentan haben alle Leute mehr Zeit. Haken Sie noch einmal bei Eltern, Großeltern nach, wie deren Eltern, Großeltern und Geschwister hießen. Selbst wenn man sich nicht an das konkrete Geburtsdatum erinnert, wann genau derjenige geboren war, sollten Sie unbedingt erfragen, wo derjenige geboren/gestorben ist.
 
Grund: Im Erbscheinsverfahren müssen Geburtsurkunden/Sterbeurkunden/Heiratsurkunden dem Nachlassgericht vorgelegt werden. Um diese zu beschaffen, muss man diese vom jeweiligen Standesamt anfordern.
 
Sucht man Geburtsurkunden deutschlandweit, ohne das Standesamt zu kennen, wird das ein langer und teurer Weg, ohne sichere Aussicht auf Erfolg.
 
Sucht man beim richtigen Standesamt, findet man selbst in schwierigen Fällen nach wenigen Stunden die richtige Geburtsurkunde.

Geben Sie auf sich acht und bleiben Sie gesund! 

Ihr

Stefan Riedel

Fachanwalt für Erbrecht und

Fachanwalt für Steuerrecht


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