Corona-Scheidung - Kommt nun die „Online-Scheidung“?

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Die Corona-Pandemie hat das Leben Vieler auf den Kopf gestellt. Nicht nur beruflich hat sich so einiges verändert. Auch das Privatleben leidet häufig unter den Einschränkungen, teils sogar mit drastischen Folgen. Seit Frühjahr 2020 verbringen Familien und Ehepaare mehr Zeit zu Hause und im Home-Office. Darin liegt ein ungeahntes Konfliktpotenzial, das im schlimmsten Fall zur Trennung führen kann. Laut Expertenmeinungen ist eine hohe Scheidungsrate absehbar, sobald das Trennungsjahr vorüber ist.

In diesem Rechtstipp gehen wir der Frage auf den Grund, welche Erleichterungen der Gesetzgeber und die Justiz bereithalten, um auch in Pandemie-Zeiten eine reibungslose Scheidung zu ermöglichen.

1. Corona als Scheidungshindernis?

Wer sich aus der oben aufgeworfenen Konfliktsituation in der Ehe befreien möchte, kann sich selbstverständlich auch während der Pandemie scheiden lassen. Dabei gelten zwar teilweise Besonderheiten. Allerdings sind die rechtlichen Scheidungsvoraussetzungen auch in Corona-Zeiten gleichgeblieben. Insoweit ist zunächst zu beachten, dass grundsätzlich auch aktuell das Trennungsjahr einzuhalten ist, bevor die Ehe geschieden werden kann. Wem ein Auszug nicht möglich ist - sei es auf Grund von Corona, sei es aus anderen Gründen - sollte die Trennung von Tisch und Bett innerhalb der Ehewohnung durchführen und dies mit einer schriftlichen Vereinbarung dokumentieren.

Unsere Erfahrung aus dem letzten Jahr zeigt, dass Scheidungen in Zeiten der COVID-19-Pandemie vom Familiengericht nicht unbedingt priorisiert behandelt werden. Grund ist, dass die jeweiligen Landesministerien häufig empfehlen, nur besonders eilige und dringende Angelegenheiten zu terminieren, wozu Scheidungen nach Auffassung vieler Gericht nicht gehören.

Sollte Ihnen ein besonders dringendes Bedürfnis auf dem Herzen liegen, setzen wir uns für Sie ein und kommunizieren dem Gericht Ihr Anliegen transparent!

2. Scheidungstermin in Corona-Zeiten 

Der Scheidungstermin dient unter anderem dazu, die Beteiligten im Rahmen der mündlichen Verhandlung zu den Scheidungsvoraussetzungen zu befragen. Das Gesetz verlangt insoweit zwar grundsätzlich die persönliche Anhörung der Ehegatten. Es ordnet allerdings nicht an, dass diese bei gleichzeitiger Anwesenheit der Beteiligten stattfinden muss. So kann in Pandemie-Zeiten gerade bei einvernehmlichen Scheidungen die Anberaumung getrennter Termine für Antragsteller und Antragsgegner sinnvoll sein.

Zudem kann erwogen werden, ob die persönliche Anhörung in anderer Weise als durch das Erscheinen bei Gericht durchgeführt oder hierauf sogar verzichtet werden kann. Zur Verfügung stehen insoweit insbesondere die Möglichkeit einer Videokonferenz oder der fernmündlichen Anhörung der Ehegatten seitens des Gerichts.

Es sind weiterhin auch Fälle denkbar, in denen die Anhörung ausnahmsweise gänzlich unterbleiben kann. In der gerichtlichen Praxis ist das beispielsweise anerkannt, wenn der Aufenthaltsort des Antragsgegners unbekannt ist. Ähnliches gilt auch für den Fall, dass der Sachverhalt ausreichend geklärt ist, der Ehegatte in vorangegangen Terminen unentschuldigt ferngeblieben ist und sich hieraus ableiten lässt, dass er die Scheidung sabotieren will.

3. Fazit

Von einer echten „Online-Scheidung“, wie sie auf vielen Internetseiten beworben wird, kann also noch keine Rede sein. Der Grundsatz der mündlichen Verhandlung und die persönliche Anhörung der Ehegatten sind gleichermaßen von besonderer Bedeutung im Scheidungsverfahren. Daher können diese Prinzipien auch in Pandemie-Zeiten nicht ohne Weiteres über Bord geworfen werden. Denn die Scheidung ist von höchstpersönlichem Charakter und hat weitreichende Konsequenzen, wenn man beispielsweise nur an die Rentenanwartschaften denkt.

Nichtsdestotrotz hat die Covid-19-Pandemie dafür gesorgt, dass die Gerichte vermehrt auf die Möglichkeiten einer Verhandlung im virtuellen Gerichtssaal per Videoübertragung zurückgreifen. Hier gehen die Standards aktuell jedoch weit auseinander. Bei Fragen zum Thema Scheidung nehmen Sie jederzeit gerne Kontakt zu uns auf!


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