Coronavirus in Polen – Maßnahmenpaket der polnischen Regierung: Teil 2

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Änderung im Bereich des Gesellschaftsrechts

Korporative Organe der Kapitalgesellschaften werden mittels Fernkommunikation Sitzungen abhalten und Beschlüsse fassen können. Stimmabgabe kann auch schriftlich durch Vermittlung eines anderen Mitglieds des Organs erfolgen. Methode der Abhaltung und Tagesordnung der Hauptversammlung werden durch den Aufsichtsrat oder die Gesellschafter bestimmt. In Bezug auf Gesellschafterversammlungen und Hauptversammlungen, die vor dem Tag des Inkrafttretens des Gesetzes einberufen wurden, kann das einberufende Organ die Beteiligung auf elektronischem Wege zulassen. Geplant wird die Änderung der Art und Weise der Benachrichtigung über die Hauptversammlung.

Die Willenserklärung eines Mitglieds des Organs einer juristischen Person kann in Form eines Dokuments abgegeben werden. Um wirksam zu sein, braucht eine solche Erklärung weder mit persönlicher Unterschrift noch mit elektronischer Signatur versehen werden, und zwar unabhängig von einem abweichenden Vorbehalt im Rahmen des Gesetzes oder Rechtsgeschäfts.

Ausländer – Verlängerung der Fristen von Visen und Erlaubnissen

Das Gesetz sieht vor, dass:

  • Aufenthaltserlaubnisse,
  • Visen,
  • Arbeitserlaubnisse und
  • registrierte Erklärungen über die Beauftragung eines Ausländers mit der Erbringung von Arbeit,

die während des Epidemie-Zustands oder der epidemischen Bedrohung ablaufen, für den Zeitraum der epidemischen Bedrohung und des Epidemie-Zustands sowie für 30 Tage nach der Aufhebung des letztgenannten Zustands verlängert werden. Analog wurden die Fristen für die Einreichung der Anträge auf Erteilung der oben genannten Erlaubnisse oder Visen verlängert. Die Verlängerung der Aufenthaltsdokumente wird keiner Ausstellung von neuen Aufenthaltskarten oder Visen bedürfen.

Unterbrechung der gesetzlichen Fristen

Während der Geltung des Zustands der epidemischen Bedrohung oder des Epidemie-Zustands beginnen die in zivil- und verwaltungsrechtlichen Vorschriften vorgesehenen Fristen nicht ihren Lauf und die begonnenen Fristen werden für diesen Zeitraum vorläufig eingestellt. Die Prozess- und Gerichtsfristen werden auch vorläufig eingestellt.

Darüber hinaus sind folgende Modifizierungen vorgesehen worden:

  • Eine Modifizierung der Vorschriften des Gesetzes über technische Aufsicht und des Gesetzes über Maße soll ermöglichen, eine technische Untersuchung oder erneute Eichung um bis 6 Monate entsprechend zu verschieben.
  • Die Frist für obligatorische Neuzulassung eines in Polen gekauften oder aus dem Ausland eingeführten Kraftfahrzeugs wird bis auf 180 Tage verlängert.
  • Die Frist für die Anmeldung beim Zentralen Register der Begünstigten (poln.: Centralny Rejestr Beneficjentów Rzeczywistych) wird bis zum 1. Juli 2020 verlängert.
  • Bis zum 30. September 2020 wurde die Frist für die Einreichung der Information über Verrechnungspreise für Unternehmen verlängert, deren Geschäfts-/Steuerjahr nach dem 31. Dezember 2018 begonnen hat und vor dem 31. Dezember 2019 beendet wurde.
  • Der Finanzminister kann durch Verordnung u. a. die Frist für Einreichung der Jahresabschlüsse verlängern. In diesem Fall soll die Hauptversammlung, die den Jahresabschluss zu genehmigen hat, bis zu dem in einer solchen Verordnung bestimmten Tag abgehalten werden. Der Minister für öffentliche Finanzen kann im Wege einer Verordnung auch die zurzeit anhängigen Kontrollmaßnahmen vorläufig einstellen. In Einzelfällen kann das von Amts wegen oder auf Antrag handelnde Kontrollorgan diese Möglichkeit erhalten.
  • Der Ministerrat kann für die Dauer der Epidemie die Zwangsvollstreckungsverfahren in der Verwaltung im Wege einer Verordnung vorläufig einstellen.

Einschränkung des Handelsverbots an Sonntagen

Während des Epidemie-Zustands oder der epidemischen Bedrohung sowie 30 Tage nach deren Aufhebung wird das Sonntagshandelsverbot für diejenigen handelsbezogenen Aktivitäten nicht gelten, die darin bestehen, Bedarfsgüter zu entladen, entgegenzunehmen und zu exponieren sowie den Mitarbeitern solche Aktivitäten anzuweisen oder anzuvertrauen.

Kultur- und Touristikbranche

Unternehmer, die Ausstellungen und Kongresse veranstalten, Kultur-, Unterhaltungs- oder Erholungstätigkeit führen oder Open-Air-Events veranstalten, mit denen die Vertragspartner die Verträge wegen des Epidemieausbruchs aufgelöst haben, haben das Recht erlangt, die Frist für die Rückzahlung des eingezahlten Betrags bis 180 Tage zu verlängern. Geplant wird die Möglichkeit, die nicht erfüllte Leistung in einen Gutschein umzuwandeln, den der Vertragspartner des Unternehmers innerhalb eines Jahres nach dem ursprünglichen Event realisieren kann. Diese Lösung können Unternehmer oder Landwirte in Anspruch nehmen, die Hotelleistungen im Sinne der Vorschriften über Touristikorganisation erbringen.

Verträge über Vermietung der Flächen in Handelszentren

Während der Geltung des Verbots der Tätigkeit in Handelsobjekten mit einer Verkaufsfläche von über 2000 m² erlöschen gegenseitige Verpflichtungen der Parteien von Mietverträgen (und anderen Verträgen, aufgrund deren die Räume zur Nutzung übergeben worden sind). Der Mieter kann dem Vermieter ein bedingungsloses Angebot über die Geltung des Vertrages nach den bisherigen Bedingungen für die um sechs Monate verlängerte Geltungsdauer des Verbots unterbreiten. Das Mietverhältnis, das bis zum 30. Juni laufenden Jahres erlöschen sollte, wird aufgrund einer Erklärung des Mieters verlängert. Bis zum 30. Juni 2020 gilt auch das Verbot, den Mietvertrag oder die Höhe des Mietzinses zu kündigen, sofern das Gebäude nicht abgebaut oder renoviert werden muss und der Mieter den Raum rechtsgemäß benutzt.

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Wir sind jederzeit bereit, Sie bei der Stellung von Finanzierungsanträgen zu unterstützen sowie bei der Einführung der in den neuen Antikrisenvorschriften vorgesehenen Hilfsmaßnahmen zu beraten.

Abgesehen davon weisen wir auf folgende Aspekte hin:

  • die Notwendigkeit, ein Audit der wichtigsten bei Ihren Firmen geltenden Verträge durchzuführen, um etwaige Schadenersatzpflichten im Fall von Schwierigkeiten bei der Vertragserfüllung einzuschränken,
  • die Möglichkeit, eine ganze Reihe von anderen Maßnahmen zu ergreifen, die Ihre vertragliche Haftung optimieren und einschränken,
  • die Notwendigkeit, gesetzliche Anforderungen bei der Aufnahme der Änderungen in die geltenden Arbeitsverträge einzuhalten,
  • die Notwendigkeit, interne Regelungen an die aktuelle Krisensituation anzupassen. 

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ATM.Legal ist eine polnisch-deutsche Rechtskanzlei neuer Generation. Wir kombinieren juristische, steuerliche und geschäftliche Kompetenzen. Dank dem internationalen Expertenteam beraten wir polnische und deutsche Unternehmer in allen Rechtsbereichen.

Artur Marcinkowski

Polnischer Rechtsanwalt



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