Immobilienfinanzierung: Darf die Bank die Zinsen erhöhen?

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Innerhalb des letzten Jahres sind nicht nur die Preise für Waren und Dienstleistungen massiv gestiegen, sondern auch die Zinsen bei den Banken und Sparkassen. Während das für Sparer eine erfreuliche Entwicklung ist, befürchten viele Darlehensnehmer den Kredit für den Kauf ihrer Wohnung oder den Bau ihres Hauses bald nicht mehr bedienen zu können. Die Sorge ist berechtigt, denn die Banken erhöhen natürlich auch die Kreditzinsen. Dazu sind sie auch während der Laufzeit des Kredites berechtigt, je nach vertraglicher Vereinbarung.

1. Annuitätendarlehen – der Klassiker

Für den Traum von der eigenen Immobilie haben die meisten ein sogenanntes Annuitätendarlehen bei ihrer Bank aufgenommen. Diese Verträge haben regelmäßig eine längere Laufzeit, nicht selten von 30 Jahren und mehr. Der Darlehensnehmer zahlt monatlich für Zins und Tilgung eine gleichbleibende Rate. Mit jeder Ratenzahlung verringert sich der Kreditbetrag ein wenig, bis das Darlehen vollständig am Ende der Laufzeit getilgt ist. Kalkuliert haben die Banken den Kredit regelmäßig auf der Grundlage der Zinsen und Tilgungsregelungen, die beim Abschluss vereinbart wurden. Zu dieser Zeit waren die Zinse aber noch erheblich niedriger.

2018 lagen die Zinsen für Baufinanzierungen zum Beispiel bei durchschnittlich 1,6 % p.a.. Inzwischen verlangen die Banken Zinsen von 3,8 % p.a. Und es ist nicht absehbar, wie lange die Zinsen noch steigen werden. Darlehensnehmer müssen sich also auf höhere Raten und längere Laufzeiten einstellen. 

2. Auslaufen der Zinsbindung

Ist ein Zins für 5 oder 10 Jahre fest vereinbart (sogenannte Zinsbindungsfrist), darf die Bank in dieser Zeit den mit Ihnen vereinbarten Zins nicht erhöhen. Im Gegenzug dürfen Sie den Kredit nicht ablösen oder höhere, als die vereinbarten Tilgungen leisten, jedenfalls nicht ohne Vorfälligkeitsentschädigung.  

Wenn Ihre Zinsbindung ausläuft und Sie dann den Kredit noch nicht zurückzahlen können – was ja regelmäßig der Fall ist – gibt es folgende Möglichkeiten:

  1. - Sie vereinbaren mit der Bank für die nächsten Jahre eine neue Zinsbindung.
  2. - Sie lösen den Kredit durch ein Darlehen bei einer anderen Bank ab.
  3. - Der Kredit wird zu variablen Konditionen weitergeführt.

Was bedeutet das aber konkret für Ihre Finanzierung?

In jedem Fall sind die Zinsen derzeit erheblich höher, als noch vor wenigen Jahren.

a) Neue Zinsbindung

Eine neue Zinsbindung wird die Bank nur zu ihren aktuellen - deutlich höheren - Zinssätzen anbieten. Dabei sind ihr zunächst keine Grenzen gesetzt. Auch wenn wegen der sehr niedrigen Zinsen seinerzeit ein sehr hoher Kreditbetrag gewährt wurde, haben Sie als Darlehensnehmer grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass die Bank die Finanzierung zu einem für Sie passenden Zins fortsetzt. Die Bank prüft regelmäßig von Neuem, ob Sie auch weiterhin in der Lage sein werden, den Kredit vollständig zurück zu zahlen. Außerdem bewertet sie die Sicherheiten neu. All diese Umstände haben auch Einfluss darauf, ob und zu welchen Konditionen die Bank Ihnen ein neues Angebot über eine Zinsbindung unterbreitet. Entscheidend wird dann auch die Höhe des Tilgungsanteils sein. Wird der ursprüngliche Tilgungsanteil beibehalten, erhöht sich mit den Zinsen die monatliche Rate. Ist die Bank zwar bereit, die bisherige Rate beizubehalten, verlängert sich die Laufzeit.

b) Folgen der Zinserhöhung

Wie dramatisch die Veränderung sein kann, zeigt ein Beispiel: Haben Sie vor 5 Jahren ein Darlehen über 500.000 Euro zu einem Zinssatz von 1,6 % p.a. abgeschlossen, haben Sie bisher bei einem anfänglichen jährlichen Tilgungsanteil von 2,5 % eine monatliche Rate von ca. 1.700 Euro gezahlt. Ihr Kredit wäre dann nach knapp 31 Jahren abbezahlt. Wird nun der Tilgungsanteil beibehalten, erhöht sich Ihre Rate wegen der gestiegenen Zinsen um mehr als 500 Euro monatlich. War der Kredit schon sehr knapp kalkuliert, steigt nun das Risiko, die Rate nicht mehr zahlen zu können. Auch die laufenden Preis- und Kostensteigerungen bringen inzwischen viele Kreditnehmer an ihre Grenzen. Aber auch dann, wenn die bisherige Rate beibehalten werden kann, wirken sich die Zinserhöhungen dramatisch aus. Das Problem verlagert sich dann nur auf einen späteren Zeitpunkt. Denn anders als ursprünglich kalkuliert, verbleibt nach dem Auslaufen des Kredites nach 31 Jahren noch eine sehr hohe Restschuld, die sich in dem Beispielfall auf fast 230.000 Euro belaufen würde, das sind noch 45 % der ursprünglichen Kreditsumme.

c) Ablösung der Finanzierung

Auch die Möglichkeit, den Kredit durch einen neuen Kredit bei einer anderen Bank abzulösen, ändert nichts Grundlegendes an der Situation. Denn die neue Bank wird einen Kredit ebenfalls nur zu ihren aktuellen Konditionen und nach vollständiger Prüfung der Kreditwürdigkeit sowie der Werthaltigkeit der Sicherheiten anbieten. Die Rate wird auch dort deutlich höher sein, als nach den bisherigen Konditionen.

Haben sich Ihre wirtschaftlichen Verhältnisse aufgrund steigender Preise und Kosten massiv verschlechtert, wird es zudem schwierig sein, eine neue Bank für die Ablösung des Kredites zu finden. Auch besteht das Risiko, dass die bisherige Bank nicht mehr bereit ist, den Kredit fortzuführen. Wenn sich Ihre wirtschaftliche Situation massiv verschlechtert hat, hat die Bank sogar das Recht den Kredit zu kündigen.

3. Zinserhöhungen bei variabler Verzinsung

Wird der Kredit nicht abgelöst und trifft der Kreditnehmer auch keine neue Zinsbindungsregelung mit seiner Bank, wird der Kredit in der Regel zu variablen Konditionen fortgeführt. Das erfolgt dann ohne weitere Vereinbarung, wenn der Kreditvertrag für diesen Fall bereits eine entsprechende Regelung enthält. Die Bank kann dann den Zins in regelmäßigen Abständen anpassen, je nachdem, was vereinbart wurde. Üblich sind hier monatliche oder vierteljährliche Anpassungen, je nach Entwicklung eines vereinbarten Referenzzinssatzes. Dort, wo die Kreditverträge diesen Fall nicht geregelt haben, muss ebenfalls eine neue Vereinbarung getroffen werden über die Modalitäten der variablen Verzinsung.

Für Darlehensnehmer, die von Anfang an keinen festen Sollzins, sondern einen veränderlichen Zinssatz vereinbart haben, hat sich der Zins schon bisher in regelmäßigen Abständen geändert. Während die Zinsen bei einer variablen Verzinsung lange Zeit noch günstiger als bei einer Zinsbindung waren, sind diese Darlehensnehmer nun ebenfalls von laufenden und steten Zinserhöhungen betroffen.

4. Was Darlehensnehmer tun können

Darlehensnehmer, bei denen in nächster Zeit die Zinsbindung ausläuft, müssen sich auf eine massive Verteuerung ihres Kredites einstellen. Hat sich die persönliche Situation verändert, kann eine weitere Vereinbarung über die Finanzierung sogar schwierig werden. Generell gilt, dass die Bank nur dann höhere Zinsen verlangen darf, wenn der Darlehensvertrag das auch zutreffend regelt.

Wird der Kredit variabel verzinst, müssen die konkreten Voraussetzungen im Kreditvertrag angegeben sein, nach denen sich die Zinsen erhöhen. Fehlen diese Angaben oder sind sie nicht ausreichend, muss die Bank die Finanzierung zu den ursprünglichen Konditionen fortsetzen.

Hat die Bank in der Vergangenheit trotzdem die Zinsen erhöht, ohne die Voraussetzungen ausreichend im Kreditvertrag zu nennen oder entspricht die Zinserhöhung nicht den Angaben, hat der Darlehensnehmer einen Anspruch auf eine Neuberechnung und eine Erstattung von zu viel berechneten Zinsen.

Fazit: Darlehensnehmer, bei denen die Zinsbindung demnächst endet, sollten rechtzeitig prüfen, welche Möglichkeiten für die Fortsetzung ihrer Finanzierung in Betracht kommen und sich auf Verhandlungen mit den Banken vorbereiten. Für Darlehensnehmer, die bereits von Zinserhöhungen betroffen sind, kann sich die Überprüfung der Darlehensverträge lohnen.

Rechtsanwältin Jana Narloch vertritt Darlehensnehmer bundesweit gegenüber Banken und Sparkassen bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche und prüft Kreditverträge.  



Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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