Die geerbte Kapitalanlage – Fluch oder Segen?

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Die geerbte Kapitalanlage kann sowohl Fluch als auch Segen sein, je nachdem, um welche Art von Anlage es sich handelt und wie sie sich entwickelt hat. Finden Erben im Nachlass des Verstorbenen Unterlagen zu einem „Fonds“ oder einer „Beteiligung“ des sogenannten „grauen Kapitalmarktes“ müssen sie zunächst einmal ermitteln, welche Rechte und Pflichten damit überhaupt verbunden sind. Auch wenn im Zeichnungsschein oder in einem Zertifikat zu der Anlage ein fünfstelliger Euro-Betrag ausgewiesen ist, sagt das nichts über den tatsächlichen Wert der Anlage aus. Dieser kann deutlich darunter oder sogar bei null liegen. Im schlechtesten Fall ist der Erbe noch zu Zahlungen verpflichtet.



1. Anlagen des grauen Kapitalmarktes


Denn anders als bei offenen Immobilienfonds, börsennotierten Aktien oder Aktienfonds, unterliegen die Anbieter und ihre Produkte beim sogenannten „grauen Kapitalmarkt“ nicht der Aufsicht der Bafin. Sie benötigen zumeist auch keine Erlaubnis für ihre Geschäfte. Außerdem müssen sie nur wenige gesetzliche Anforderungen erfüllen. Entsprechend hoch sind auch die Risiken. In den letzten Jahren wurden einige Regelungen für besonders risikobehaftete Produkte zwar verschärft. Das betrifft aber nicht Anlagen, die der Erblasser bereits vor Jahren getätigt hat.


Zertifikate von Fonds

Verbreitet und beliebt waren etwa 

  • Immobilienfonds
  • Waldfonds
  • Schiffsfonds
  • Private-Equity-Fonds
  • Windkraftbeteiligungen
  • Beteiligungen an Solar- oder Biogasanlagen
  • Dachfonds
  • Container-Beteiligungen
  • Filmfonds
  • Goldanlagen und ähnliches mehr.

Die rechtlichen Gestaltungen sind fast so vielfältig wie die Branchen, so gibt es z. B.


  • Unternehmensbeteiligungen als Kommanditist direkt oder über eine Treuhandgesellschaft;
  • (atypisch) stille Beteiligungen
  • Genussrechte
  • Orderschuldverschreibungen
  • Darlehen mit Nachrangabrede
  • Direktinvestments an Containern, Holz, Edelmetallen u.a.
  • Kaufverträge in Verbindung mit Miet- oder Leasing-Verträgen


2. Risiken für den Erben


Die Anbieter und ihre Produkte sind nicht zwangsläufig unseriös, die Anlagen müssen auch nicht in jedem Fall wertlos sein. Aber der Erbe sollte die Risiken kennen, die mit diesen Anlagen verbunden sind, wie etwa:



eingeschränkte bis keine Verwertungsmöglichkeiten

Es gibt regelmäßig keinen Markt über den die Anlageprodukte jederzeit verkauft werden können. Sie haben oftmals eine lange Laufzeit von 10 und mehr Jahren. Auch wenn es Kündigungsmöglichkeiten gibt, enthalten die Verträge oft Regelungen, wonach die Auszahlung der festgestellten Werte bei mangelnder Liquidität hinausgeschoben werden kann, manchmal über Jahre hinweg.


fehlende Informationen

Kontroll- und Mitwirkungsrechte für die Anleger sind rechtlich ebenfalls meist ausgeschlossen oder beschränkt. Ob der Anleger dann Auskünfte und Informationen erhält und wie zuverlässig sie sind, hängt wesentlich von der Seriosität der Anbieter und der Geschäftsführung ab. Da diese keiner Kontrolle unterliegt, hat der einzelne Anleger kaum Handlungsmöglichkeiten.


Ratenzahlungen

Viele Anlagen sind als Ratensparpläne ausgestaltet. Selbst wenn bereits offensichtlich ist, dass sich die Anlage schlecht entwickelt und die eingezahlten Gelder nicht zurückgezahlt werden können, sind die Anleger in vielen Fällen trotzdem zu weiteren Zahlungen verpflichtet.


Nachschusspflichten

Es gibt rechtliche Konstellationen, bei denen Anleger verpflichtet werden können, Verluste der Anlagegesellschaft durch Nachschusszahlungen auszugleichen. Den Erben einer Kommanditbeteiligung kann auch dann eine Zahlungspflicht treffen, wenn der Erblasser in der Vergangenheit Ausschüttungen erhalten hat, die nicht durch entsprechende Gewinne gedeckt waren. Dann sind nämlich die Ausschüttungen Kapitalentnahmen.


Insolvenzverfahren

Die meisten Produkte des grauen Kapitalmarktes beinhalten ein „Totalverlustrisiko“. Wenn es sich verwirklicht, bekommt der Anleger das Investierte Kapital nicht mehr zurück. In vielen Fällen ist das Scheitern der Anlagen mit Insolvenzverfahren verbunden. Das kann die Gesellschaft betreffen, an der sich der Anleger selbst beteiligt hat, das kann aber auch geschäftsführende Gesellschaften, Initiatoren oder Treuhandgesellschaften betreffen. Der Anleger muss dann prüfen, ob er Forderungen anmelden muss. Zum Teil werden aber auch Anleger von den Insolvenzverwaltern in Anspruch genommen. Der Erbe muss dann prüfen und entscheiden, ob er die Zahlung erbringt oder sich dagegen wehrt.



3. Handlungsmöglichkeiten für den Erben


Wer eine Kapitalanlage des sogenannten grauen Kapitalmarktes erbt, sollte dringend prüfen, welche Art von Anlage sich dahinter verbirgt und welche Ausstiegsmöglichkeiten es gibt. Sind eine Kündigung oder eine anderweitige Verwertung möglich, muss der Erbe prüfen, ob er die Anlage fortsetzen will. Dazu ist es natürlich wichtig, zunächst abzuklären, wie sich die Anlage entwickelt hat, insbesondere ob sich mit der Anlage verbundenen Risiken bereits verwirklicht haben.


Sollte bereits ein Insolvenzverfahren eröffnet sein, muss geklärt werden, ob noch Forderungen anzumelden sind. Wurde der Erblasser bereits auf Zahlung in Anspruch genommen, ist zu klären, ob sich der Erbe dagegen noch wehren kann.


In einigen Fällen kommen auch noch Schadensersatzansprüche gegen den Vertrieb, den Anbieter oder Verantwortliche in Betracht, die jedoch innerhalb kurzer Fristen geltend gemacht werden müssen.  



In jedem Fall sollten sich Erben von Kapitalanlagen gründlich informieren und gegebenenfalls rechtlichen Rat einholen, um die potenziellen Risiken und Chancen richtig einschätzen zu können.


Rechtsanwältin Jana Narloch prüft Ihre Kapitalanlage und berät Sie zur Sach- und Rechtslage.

Foto(s): RAin J. Narloch

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