Das digitale Erbe

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Verstirbt ein Mensch, ist unter Umständen und faktisch naheliegend auch davon auszugehen, dass er meistens eine Vielzahl bestehender Verträge hinter sich lässt. Dies können etwa sein: Abos, Telefonverträge, Versicherungen, auch in digitaler Form - und nicht all diese Verträge enden mit dem Tod.

Was eigentlich mit den Social Media Accounts, Zugängen, digital gespeicherten Medien eines Verstorbenen passiert, ist nicht jedem so ganz geläufig. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes (BGH) treten Erben die Gesamtrechtsnachfolge des Verstorbenen an. Damit haben sie also einen Anspruch auf den digitalen Nachlass des Verstorbenen.

Dies wurde beispielsweise in folgenden Urteilen einiger - unter anderem höchstrichterlicher - Instanzen wie folgt entschieden:

-In einer Entscheidung des BGH vom 12.07.2018 - Az III  ZR 183/17 - ging es um eine 15-Jährige, deren Eltern nach ihrem Unfall wissen wollten, ob es Hinweise in ihrer Facebook-Kommunikation auf die Todesursache gibt. 

-Auch in einer neueren Entscheidung (Beschl. v. 27.08.2020, Az. III ZB30/20) betont der BGH das Recht der Erben darauf, den Zugang direkt zu erhalten – die Erben müssen in gleichem Umfang Einsicht haben wie der Verstorbene. Nur auf die aktive Nutzung des Kontos gibt es keinen Anspruch. Facebook hatte den Erben nur die Inhalte zur Verfügung gestellt. Das war für den BGH nicht ausreichend.

Um zu verhindern, dass der Erbe die Daten erhält, sollte man hierfür eine entsprechende Vorsorgevollmacht oder ein Testament verfassen, das entsprechende Klauseln enthält. 

-Apple hatte Angehörigen den Zugang zur icloud verweigert. Auch hierzu gab es eine Gerichtsentscheidung, den Erben den Zugang zu verschaffen: Landgericht Münster, LG AZ 014 O 565/18. Im hier vorliegenden Fall war ein Mann während einer Reise im Ausland verstorben und die Angehörigen wollten anhand der gespeicherten Daten, Videos und E-Mails herausfinden, was mit ihm passiert war. 

Apple bietet seinen Nutzern inzwischen an, Nachlasskontakte einzurichten.

WICHTIG:Bei den meisten E-Mail-Providern muss neben der Sterbeurkunde ein Erbschein vorgelegt werden. Dies kann einige Wochen in Anspruch nehmen. In dieser Zeit kann es sein, dass Rechnungen des Erblassers nicht bezahlt werden, Mahnungen ungelesen bleiben, Inkasso-Fristen verstreichen. 

Deshalb ist es so wichtig, im Testament und der Vorsorgevollmacht auch den digitalen Nachlass zu regeln.

Damit die Erben die digitalen Zugänge nicht aufwändig anfordern und im Ernstfall sogar einklagen müssen, könnte man praktischerweise etwa daran denken, alle Zugangscodes zugriffssicher zu hinterlegen (wie etwa verbunden mit dem Testament oder in Verbindung mit der Vorsorgevollmacht abzuheften). 

Eine weitere praktische Lösung kann aber auch die Bestellung eines Bevollmächtigten für das digitale Erbe sein.

Praxistipp: Facebook, Apple und Google bieten die Möglichkeit, in den Einstellungen selbst zu bestimmen, was mit dem Account nach dem Ableben geschehen soll. Es gibt beispielsweise die Möglichkeit der Löschung oder einen Gedenkstatus.



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