Das Erbrecht in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft

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Das Erbrecht ist weder digital noch sonderlich modern. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft war dem historischen Gesetzgeber vermutlich nicht unbekannt, aber nicht schutzwürdig.  


Das hat sich zwar geändert, jedoch ist es bisher bei den sehr alten gesetzlichen Regelungen geblieben. 


Wenn daher auch vielen Menschen das Erbrecht für Ehegatten in den Grundzügen bekannt ist und viele Ehepartner gemeinsam ein einziges Testament errichten, herrscht bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften viel Unsicherheit und Unkenntnis; auch bei den rechtlichen Akteuren.


Das Problem entsteht dadurch, dass die gesetzlichen Regeln des Erbrechts nahezu alle nur für Ehegatten gelten und für nichteheliche Partner nicht. Die Folgen der gesetzlich ungeregelten Erbrechtsverhältnisse sind dann häufig ungewollt und verursachen viel Kummer bei den Hinterbliebenen.


Die wichtigsten Unterschiede des Erbrechts für die nichteheliche Lebensgemeinschaft sind:


  • es gibt kein gesetzliches Erbrecht oder Pflichtteilsrecht für den hinterbliebenen Partner;
  • es ist nicht möglich, ein gemeinsames privatschriftliches Testament zu errichten.


Die Rechtspraxis hat jedoch auch Lösungen:

  • entweder errichten Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft jeweils ein Einzeltestament oder
  • sie errichten gemeinsam einen notariellen Erbvertrag.


Im Detail:

  • Wenn Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ein gemeinsames Testament verfassen, ist es eigentlich unwirksam und kann nur unter sehr engen Voraussetzungen noch als zwei gültige Einzeltestamente betrachtet werden. Eine spätere Heirat der Partner macht aber ein zunächst unwirksames gemeinschaftliches Testament nicht automatisch zu einem wirksamen Ehegattentestament.


  • Im Falle des Todes eines Partners kann auch ein gesetzliches Vermächtnis namens "Der Dreißigste" greifen, das auf der Nähe des Berechtigten zum Verstorbenen basiert. Das Näheverhältnis ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) dann ein Rechtsgrund,  auch dem Hinterbliebenen eines nichtehelichen Lebensgefährten zusteht (BGH NTW 2008,443; OLG Düsseldorf NTW 1983, 1566).


  • Darüber hinaus kann jeder Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft in einem Einzeltestament frei verfügen, ohne automatischen Widerruf bei Beendigung der Lebensgemeinschaft. Wenn die Erbeinsetzung nur im Falle des Bestandes der Partnerschaft gewünscht ist, muss das Bestehen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft am Todestag als Bedingung im Testament festgehalten werden.


  • Für nichteheliche Lebenspartner steht auch der Erbvertrag als gemeinsames Gestaltungsmittel zur Verfügung. Darin können ähnliche Verfügungen wie in einem gemeinschaftlichen Testament getroffen werden, einschließlich Widerrufs- oder Rücktrittsmöglichkeiten. Der Erbvertrag muss notariell beurkundet werden. Es können auch einseitige Verfügungen wie Teilungsanordnungen oder Testamentsvollstreckungen festgelegt werden.


Aufpassen muss man, wenn der Partner der nichtehelichen Lebensgemeinschaft noch verheiratet ist oder Kinder aus früheren Beziehungen hat, weil dann die Testierfreiheit eingeschränkt sein kann. In solchen Fällen gelten die gesetzlichen Erbrechte der Kinder und/oder des Ehegatten dann trotzdem. Auch Pflichtteilsansprüche der Kinder und/oder des getrenntlebenden Ehegatten müssen berücksichtigt werden. Es besteht aber die Möglichkeit, mit einem Pflichtteils- oder Erbverzichtsvertrag die Geltendmachung solcher Ansprüche zu verhindern.


Wenn einer der Ehepartner bereits verstorben ist und eine erbrechtliche Bindung durch ein bestehendes gemeinschaftliches Testament mit dem getrenntlebenden Ehepartner bestand, kann der nichteheliche Partner keine neue letztwillige Verfügung erstellen. Durch einen notariellen Zuwendungsverzichtsvertrag mit dem dort genannten Schlusserben kann die Verfügungsfreiheit jedoch teilweise oder vollständig wiederhergestellt werden.


Darüber hinaus ist daran zu denken, dass das Totenfürsorgerecht auf den überlebenden Partner der nichtehelichen Lebensgemeinschaft übertragen werden kann, indem eine postmortale Vorsorgevollmacht errichtet wird.


Planung des Erbfalls zum Schutz des Partners:

  • Für den Falle einer Trennung oder des Todes eines Partners einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft sollten Schutzmaßnahmen ergriffen werden, um die Interessen des überlebenden Partners zu wahren. Bei einer Trennung kann ein Partner beispielsweise die Rückforderung von Schenkungen oder Zuwendungen verlangen, die er während der Lebensgemeinschaft gemacht hat. Es empfiehlt sich daher, entsprechende Vereinbarungen über Schenkungen oder sonstige Zuwendungen schriftlich festzuhalten.
  • Für den Todesfall eines Partners kann es ratsam sein, vorher eine postmortale Vorsorgevollmacht zu erstellen, um dem überlebenden Partner das Totenfürsorgerecht zu übertragen. Dadurch kann der überlebende Partner beispielsweise Entscheidungen bezüglich der Bestattung treffen und über den Umgang mit dem Nachlass entscheiden.


Das Erbrecht für nichteheliche Lebensgemeinschaften stellt eine besondere rechtliche Situation und Herausforderung an die Partner, aber auch an den beratenden Notar oder Anwalt dar, bei dem genau auf die Interessenlage geachtet werden sollte.

Die nichteheliche Lebensgemeinschaft ist in Deutschland eine weit verbreitete Form des Zusammenlebens. Wenn einer der Partner stirbt, ergeben sich im Bereich des Erbrechts viele Fragen, die oft unbekannt sind. Dieser Beitrag bietet einen Überblick über die grundlegenden Aspekte der erbrechtlichen Situation. Eine genaue Analyse der Lebenssituation ist dabei notwendig, damit der letzte Wille auch Realität wird.

Foto(s): ASRA

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