Das Jugendamt: Aufgaben und Pflichten

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Vielfach werden wird gefragt, aus welchen Gründen das Jugendamt in familienrechtlichen Verfahren, beispielsweise Umgangsrecht oder elterliche Sorge, eingeschaltet wird.

Deshalb wollen wir heute an dieser Stelle die Aufgaben und Pflichten des Jugendamtes erstellen.

Die grundsätzlichen Aufgaben, die das Jugendamt hat, sind in § 2 SGB VIII zu finden.

Das sind insbesondere Leistungen und Aufgaben zugunsten junger Menschen und Familien.

Somit hat das Jugendamt die Verantwortung für Planung, Organisation, Umsetzung und Finanzierung dieser Aufgaben.

Es gibt diverse Aufgaben bzw. Angebote, beispielsweise:

 Leistungen der Jugendhilfe (§ 2 Abs. 2 SGB VIII)

  • Angebote der Jugendhilfe und der Jugendsozialarbeit
  • Hilfe zur Erziehung
  • Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und - Pflege
  • Hilfe für seelisch behinderte Kinder.

 Sowie bei

 Leistung der Jugendhilfe bzw. andere Aufgaben der Jugendhilfe (§ 2 Abs. 3 SGB VIII)

  • Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen
  • die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Pflegeerlaubnis
  • die Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz und vor den Familiengerichten
  • die Beratung zum Abstammungsrecht und Belehrung in Verfahren zur Adoption die Beratung und            Unterstützung von Müttern bei Vaterschaftsfeststellung und Geltendmachung von                                          Unterhaltsansprüchen.
  • Das bedeutet grundsätzlich für Sie: Eltern, Kinder und Jugendliche können sich immer dann an die            Behörde wenden, wenn sie Hilfe vom Jugendamt oder eine Beratung benötigen. Dafür gibt es dann            die entsprechende Beratungsstelle beim Jugendamt.
  • In der Regel denkt man aber nicht nur an Leistungen der Jugendhilfe, wenn man über das Jugendamt        spricht, sondern für viele Menschen steht das Jugendamt konkret mit der Wahrung des Kindeswohls          in Familiensachen in Zusammenhang.

Viele Eltern, bei denen das Jugendamt unverhofft vor der Tür steht, befürchten eine Inobhutnahme ihrer Kinder. Die Inobhutnahme ist jedoch das aller letzte Mittel, dass der staatlichen Jugendhilfe zur Verfügung steht. Besteht die Möglichkeit, werden die Mitarbeiter der Behörde im Vorfeld jede andere Möglichkeit zur Bereinigung der Situation versuchen.

Schließlich gehört es zu den Hauptaufgaben des Jugendamtes, die Familien zu beraten, etwa zum Umgangsrecht oder zur elterlichen Sorge. Das schließt dann selbstverständlich auch die Eltern als Erziehungsberechtigte mit ein. Denn wenn das Jugendamt Hilfe für Eltern leistet, die sich durch die Erziehung ihrer Kinder überfordert fühlen, kann eine Inobhutnahme meistens verhindert werden.

Daher sollten Eltern nicht zögern, sich bei Bestehen familiärer Probleme an die Familienberatungsstellen zu wenden.

In § 31 SGB VIII heißt es zu sozialpädagogischen Familienhilfe:

Durch intensive Betreuung und Begleitung Familien in ihren Erziehungsaufgaben, bei der Bewältigung von Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und Krisen sowie im Kontakt mit Ämtern und Institutionen unterstützen und Hilfe zur Selbsthilfe geben. Sie ist in der Regel auf längere Dauer angelegt und erfordert die Mitarbeit der Familie.

So wird der Familie ein Mitarbeiter des Jugendamtes zur Seite gestellt, der beratend und begleitend für die Familie verantwortlich ist. Dies gegebenenfalls auch über einen längeren Zeitraum, ganz so, wie die Familie das wünscht d. h., dass regelmäßige Besuche, die Beobachtung der Familiensituation und Gespräche mit allen Familienmitgliedern durch das Jugendamt durchgeführt werden.

Grundsätzlich ist dies als Zusammenarbeit zwischen Familie und Jugendamt zu verstehen.

Dies soll eine Hilfe sein!

Unter anderem hat das Jugendamt aber auch einen Schutzauftrag und zwar bei der Kindeswohlgefährdung.

Nach § 8a SGB VIII hat das Jugendamt einen Schutzauftrag zu erfüllen

Dazu heißt es im Gesetzestext wie folgt:

Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte einzuschätzen. 

 …hält das Jugendamt zur Anwendung der Gefährdung die Gewährung von Hilfen für geeignet und notwendig, so hat es diese den Erziehungsberechtigten anzubieten.

 D. h. also, bestehen wichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung, ist das Jugendamt verpflichtet, diesen nachzugehen. Dazu gehören beispielsweise

  • unerklärbare Verletzungen
  • mangelhafte Ernährung
  • fehlende ärztliche Versorgung
  • Gewalttätigkeiten in der Familie
  • psychische Erkrankungen der Eltern, die das Kindeswohl beeinträchtigen
  • desolate Wohnsituation.

Die Einschätzung der Gefährdung ist eine große Herausforderung für die Mitarbeiter eines Jugendamtes, denn der Eingriff in eine Familie ist mit hoher Verantwortung verbunden. Daher ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass die Gefährdungseinschätzung immer durch mehrerer Fachkräfte erfolgen muss.

D. h. aber, dass das Jugendamt sich auch die individuelle Familiensituation vor Ort ansehen muss, um dann erst entscheiden zu können, welche Maßnahmen notwendig sind, um das Kindeswohl zu sichern. Außerdem ist es ausschlaggebend, ob die Eltern bereit und in der Lage sind, Maßnahmen des Jugendamtes umzusetzen.

Erfolgt eine Umsetzung, dann ist eine wenn auch nur temporäre Herausnahme der Kinder aus der Familie nicht notwendig.

Ansonsten erfolgt eine derartige Inobhutnahme meistens unter Miteinbeziehung des Familiengerichts.

Denn: Eine der wichtigsten Aufgaben vom Jugendamt ist die Inobhutnahme von Schutzbefohlenen nach § 42 SGB VIII:

Darin heißt es:

 Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Inobhutnahme zu nehmen, wenn

  1.  das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder
  2. eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert...

Die Inobhutnahme ist dabei eine schnelle und unbürokratische Maßnahme, die zugunsten des Kindeswohles ergeht.

Meistens erfolgt eine Inobhutnahme durch Veranlassung aufgrund Meldungen Dritter. D. h., dass sich Nachbarn, Verwandte oder Polizei an das Jugendamt wenden, wenn er folgendes festgestellt wird:

  • das Kind stark vernachlässigt wurde
  • das Kind psychisch oder körperlich misshandelt wurde
  • das Kind sexuell missbraucht wurde.

 Dann erfolgt eine Inobhutnahme, die den Sorgeberechtigten unverzüglich mitgeteilt wird. Dabei hat das Jugendamt aber keine Rechte zur Anwendung unmittelbaren Zwangs, wenn die Zusammenarbeit mit den Eltern nicht möglich ist.

Sofern aber eine dortige Kindeswohlgefährdung, also eine Gefahr vorliegt, kann das Jugendamt Kinder auch ohne richterlichen Beschluss in Obhut nehmen und erst im Nachhinein eine Entscheidung des Gerichts beantragen.

Neben der Wahrung des Kindeswohls hat das Jugendamt weitere Aufgaben bzw. Befugnisse. So soll das Jugendamt Unterstützung bei Gerichtsprozessen bieten oder eine Negativbescheinigung ausstellen.

Es kommt immer wieder vor, dass sich Elternteile nach einer Scheidung oder Trennung mit Fragen der Vaterschaft, des Unterhaltes und des Sorgerechtes auseinandersetzen müssen.

Kommt es dann zum Rechtsstreit, wird das Jugendamt über das Gericht darüber informiert und ist somit am gerichtlichen Verfahren beteiligt.

Das Jugendamt hilft auch Jugendlichen, die straffällig geworden sind und sich für Taten vor Gericht verantworten muss. Dann wird die Jugendgerichtshilfe in Anspruch genommen, die dem Jugendlichen zur Seite steht. D. h., dass das Jugendamt als Mittler zwischen Jugendlichen und Jugendgericht dann fungiert.

Wenn die Eltern eines Kindes nicht miteinander verheiratet sind, können Sie beim Jugendamt eine sogenannte Sorgerechtserklärung abgeben, wonach beide das gemeinsame Sorgerecht für das Kind dann innehaben.

Geschieht das nämlich nicht, liegt die alleinige elterliche Sorge bei der Kindesmutter. Diese kann dann vom Jugendamt eine Negativbescheinigung erhalten, um das alleinige Sorgerecht nachzuweisen.

Auf Antrag gewährt das Jugendamt auch Zuschüsse zum Kindergarten. Das wichtigste also in Kürze: Das sind die Aufgaben des Jugendamtes:

  • Das Jugendamt ist eine Organisationseinheit der Kommunalverwaltung und für Leistungen der                    Jugendhilfe zuständig.
  • Leistungen der Jugendhilfe sind beispielsweise Hilfen für Erziehung, Angebote der Jugend,                            Sozialarbeit, Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Familienhilfe, beispielsweise durch            Beratung von Eltern.
  • Außerdem hat das Jugendamt einen Schutzauftrag, wobei es bei konkreten Hinweisen die Gefährdung      des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen einschätzt muss.
  • Ist das Kindeswohl gefährdet, ist das Jugendamt angehalten, zusammen mit den                                            Erziehungsberechtigten Lösungen für die Situation so erarbeiten.
  • Können oder wollen die Eltern das Kindeswohl nicht sicherstellen, ist das Jugendamt auch befugt,              Kinder und Jugendliche in Obhut zu nehmen.
  • Daneben kann das Jugendamt auch als Beistand oder Jugendgerichtshilfe auftreten.

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