Das Verbot der Doppelbestrafung in der Verfassungsbeschwerde

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Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden. (Art. 103 Abs. 3 GG)

Dieses Justizgrundrecht stellt ein Fundament des Rechtsstaats dar. Wird jemand wegen einer Tat verurteilt, so ist die Sache damit endgültig abgeschlossen. Wegen derselben Handlung darf er daher nicht ein zweites Mal verfolgt werden (lateinisch "ne bis in idem").

Nicht ausgeschlossen ist freilich, dass über eine Sache mehrere Gerichte im Rechtsweg mehrere Urteile sprechen. Die Möglichkeit, Berufung oder Revision einzulegen, stellt keine doppelte Verurteilung dar, da die Entscheidung über das Rechtsmittel gerade an die Stelle des ersten Urteils tritt. Es handelt sich also um keine zweite, sondern um eine neue Verurteilung.

Ebenso können bspw. sowohl eine strafrechtliche Verurteilung als auch eine Verpflichtung zu zivilrechtlichem Schadenersatz erfolgen. Ersteres dient der Sanktionierung unerwünschten Verhaltens durch den Staat, Letzteres soll den Schaden des Geschädigten ausgleichen.


Anwendungsbereich geht über Wortlaut hinaus

Dabei ist aber über den Wortlaut des Grundgesetzes hinaus nicht nur eine Doppelbestrafung umfasst. Auch eine bloße Verfahrenseinleitung, also der Beginn von Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft, ist dann bereits unzulässig.

Dies gilt auch dann, wenn das Verfahren mit einem Freispruch geendet hat, also gar keine erste Bestrafung erfolgte. Ein erneutes Verfahren könnte demnach zwar nicht in einer doppelten Bestrafung enden, würde aber zu einer erneuten Gefahr für das Vermögen oder die Freiheit des Bürgers führen. Dies widerspricht dem allgemeineren aus Art. 103 Abs. 3 GG abgeleiteten Grundsatz, dass eine Straftat nur einmal Gegenstand eines Strafverfahrens sein soll.

Auch eine Verfahrenseinstellung – wenn also die Staatsanwaltschaft die Sache gar nicht erst zum Gericht gebracht, sondern von sich aus die Ermittlungen beendet hat - wirkt in bestimmten Fällen so, dass eine erneute Einleitung eines Strafverfahrens nicht möglich ist. Allerdings gilt dies nach ganz herrschender Meinung nur bei einer Einstellung nach § 153a StPO, wenn also die Verfahrenseinstellung gegen eine Auflage (meistens eine Geldzahlung) erfolgt ist. Nur dann wären neue Ermittlungen untersagt, da ja bereits eine Entscheidung in der Sache getroffen wurde. Wurde das Verfahren dagegen ohne eine solche Auflage eingestellt, sind neue Ermittlungen in der Regel zulässig, sofern es neue Erkenntnisse gibt.


Ausnahmen vom Doppelbestrafungsverbot

Vom Doppelbestrafungsverbot gibt es aber allgemein anerkannte Ausnahmen. So darf eine vorherige Verurteilung im Rahmen eines neuen Strafverfahrens wegen einer neuen Straftat straferhöhend berücksichtigt werden ("Rückfall"). Wer zum ersten Mal einen Diebstahl begangen hat, wird – wenn überhaupt – deutlich milder bestraft als jemand, der regelmäßig deswegen vor dem Richter steht. Dies stellt jedoch keine erneute Bestrafung des früheren Fehlverhaltens dar, sondern soll berücksichtigen, dass der Täter offensichtlich mildere Sanktionen nicht zum Anlass genommen hat, seinen Lebenswandel zu überdenken.

Außerdem ist eine disziplinarische Ahndung einer Verfehlung bspw. im Beamtenverhältnis oder im Schulrecht trotz schon erfolgter strafrechtlicher Verurteilung weiterhin möglich. Dies wird damit begründet, dass die strafrechtliche Ahndung eine andere Zielrichtung – nämlich die Verhinderung von Straftaten insgesamt – verfolgt. Die beamtenrechtliche Sanktion soll dagegen ausdrücken, dass der Beamte mit seinem Verhalten gegen die besonderen Anforderungen an sein Amt verstoßen hat.


Praxisrelevant: Disziplinarverfahren nach Beamtenrecht

Diese letzte Ausnahme ist in der Praxis auch die relevante Frage. Denn es kommt so gut wie nie vor, dass die Staatsanwaltschaft zweimal wegen der gleichen Sache gegen eine Person ermittelt oder gar ein Gericht zweimal verurteilt.

Eine "doppelte" Sanktionierung nach Beamtenrecht ist zwar – wie dargestellt – in der Regel zulässig. Dies kann jedoch anders sein, wenn diese nur an die strafrechtliche Verurteilung anknüpft und kein spezifisch dienstrechtlicher Unrechtsgehalt erkennbar ist. Daneben muss auch diese Strafe den ganzen Sachverhalt umfassend berücksichtigen.

Sollten Sie hiervon (oder von einer anderen Ausprägung des Doppelbestrafungsverbots) betroffen sein, kann Ihnen Rechtsanwalt Thomas Hummel bei Erhebung einer Verfassungsbeschwerde behilflich sein.


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