Der Gesellschaftsvertrag der GmbH

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I. Bedeutung des Gesellschaftsvertrags

Der Gesellschaftsvertrag ist das wichtigste Regelwerk der GmbH. In ihm legen die Gesellschafter die Regeln für die Beziehungen zwischen ihnen und der Gesellschaft bzw. der Geschäftsführung sowie für die Gesellschafter untereinander fest.

Da jeder Gesellschafterkreis unterschiedlich und jedes Unternehmen einmalig ist, sollte der Gesellschaftsvertrag zur Streitvermeidung genau auf die Bedürfnisse der Beteiligten abgestimmt sein, insbesondere bei 

  • Einperson-GmbH's, 
  • Mehrpersonen-GmbH's, 
  • Start-ups, 
  • Familiengesellschaften, 
  • Konzerngesellschaften, 
  • Joint Venture-GmbH's, 
  • vermögensverwaltenden GmbH's, 
  • Komplementär-GmbH's einer GmbH & Co. KG etc.

II. Abschluss und Änderung des Gesellschaftsvertrags

Der Gesellschaftsvertrag wird erstmalig bei Gründung der GmbH durch die Gründungsgesellschafter im Rahmen der notariellen Gründungsurkunde abgeschlossen und mit Eintragung der GmbH im Handelsregister veröffentlicht.

Spätere Änderungen des Gesellschaftsvertrags bedürfen eines mit Dreiviertelmehrheit zu fassenden Gesellschafterbeschlusses, der notariell zu beurkunden ist.

Es ist möglich, dass die Gesellschafter neben dem Gesellschaftsvertrag weitere  Abreden treffen, die nicht zwingend in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden müssen und daher nicht im Handelsregister offenzulegen sind (sog. Gesellschaftervereinbarung). Eine Gesellschaftervereinbarung kann grundsätzlich formfrei abgeschlossen werden, soweit diese nicht ein formbedürftiges Rechtsgeschäft regelt, insbesondere Übertragung von Geschäftsanteilen, und daher notariell beurkundet werden muss.

III. Inhalt des Gesellschaftsvertrags

Die folgende Zusammenfassung soll einen kurzen Überblick über einige der wichtigsten Regelungsmaterien in einem Gesellschaftsvertrag geben, die unbedingt passgenau geregelt werden sollten:

1. Firma der GmbH

Die Firma ist der Name der GmbH ergänzt um den Rechtsformzusatz (meistens: "GmbH"). Die Firma muss zur Kennzeichnung der GmbH geeignet sein, Unterscheidungskraft besitzen und darf nicht irreführend sein. In bestimmten Fällen kann es sich anbieten, vorab eine markenrechtliche Prüfung durchzuführen.

2. Gegenstand des Unternehmens

Der Gegenstand des Unternehmens, also das Tätigkeitsfeld der GmbH, sollte so genau wie möglich beschrieben werden. Der Unternehmensgegenstand steck damit zum einen den Rahmen für die Geschäftsführung ab, innerhalb dessen sie unternehmerisch tätig werden darf. Zudem kann sich aus dem Unternehmensgegenstand ergeben, dass die Tätigkeit der GmbH einer besonderen Erlaubnis, z.B. nach GastG, GewO, KWG etc., bedarf.

3. Kapital und Einlagen der Gesellschafter

Die Höhe des Stammkapitals der GmbH ist festzulegen. Das Stammkapital muss dabei mindestens EUR 25.000 betragen. Soll die Gesellschaft mit einem geringeren Stammkapital gegründet werden, so muss diese als UG (haftungsbeschränkt) firmieren und unterliegt nach § 5a GmbHG besonderen Regeln.

Die Einlagen der Gesellschafter auf das Stammkapital können als Bareinlage oder Sacheinlage ausgestaltet sein. Soll ein Stammkapital von EUR 25.000 bar aufgebracht werden, so genügt es für Zwecke der Gründung, wenn zunächst EUR 12.500 eingezahlt werden; die Einforderung des Restbetrags kann die Gesellschafterversammlung zu einem späteren Zeitpunkt beschließen. 

Als Sacheinlage kommt eine Vielzahl von Sachen und Rechten in Betracht (nicht jedoch Dienstleistungen der Gesellschafter), z.B. Einbringung eines Unternehmens, von Grundstücken, Anlagevermögen etc., wobei die besonderen Sachgründungsvorschriften zu beachten sind (Festsetzung im Gesellschaftsvertrag, Sachgründungsbericht, Werthaltigkeitskontrolle durch das Registergericht). In der Praxis wird bei Einbringung komplexer Sacheinlagen in der Regel ein separater Einbringungsvertrag abgeschlossen, der die Modalitäten der Einbringung (Stichtag, Zustimmungen Dritter, Gewährleistung etc.) regelt.

Bei Bedarf können weitere Finanzierungsbeiträge der Gesellschafter festgeschrieben werden, z.B. freiwillige Zuzahlungen, Gesellschafterdarlehen etc., wobei dies zweckmäßiger in einer Gesellschaftervereinbarung geregelt wird (siehe oben unter II.).

4. Geschäftsführung

Die Größe und ggf. Zusammensetzung der Geschäftsführung sollten bestimmt werden. Daneben sind die allgemeinen Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse der Geschäftsführer zu regeln, d.h. Gesamtvertretung vs. Einzelvertretung und ggf. Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB (sog. Insichgeschäfte).

Die Details hinsichtlich Anstellung, Vergütung, Wettbewerbsverbote etc. eines Geschäftsführers sollten in einem separaten Geschäftsführervertrag geregelt werden (siehe hierzu diesen Rechtstipp).

Soweit im Einzelfall sinnvoll, kann einzelnen Personen ein Sondergeschäftsführungsrecht erteilt werden, das dem betreffenden Geschäftsführer grundsätzlich nicht ohne seine Zustimmung entzogen werden kann.

Die Gesellschafter können einen Katalog von besonders wichtigen Geschäften aufnehmen, bei denen die Geschäftsführung zunächst die Zustimmung der Gesellschafterversammlung einholen muss (sog. zustimmungsbedürftige Geschäfte). Dieser Katalog kann ebenso in eine Geschäftsordnung für die Geschäftsführung (siehe hierzu diesen Rechtstipp) aufgenommen werden. Da eine Geschäftsordnung durch einfachen Gesellschafterbeschluss erlassen, geändert und aufgehoben werden kann, ist diese Vorgehensweise flexibler.

5.  Gesellschafterversammlungen und Gesellschafterbeschlüsse

Die Modalitäten der Einberufung und Abhaltung von Gesellschafterversammlungen sind festzulegen, insbesondere: wer darf einberufen, mit welcher Frist und in welcher Form? Daneben können weitere Punkte geregelt werden: wann ist eine Gesellschafterversammlung beschlussfähig, können sich Gesellschafter vertreten lassen, soll es einen Versammlungsleiter geben, wird die Versammlung protokolliert? Es kann auch geregelt werden, dass Versammlungen als Telefon- oder Videokonferenz abgehalten werden können.

Die Verteilung von Stimmrechten sollte festgelegt werden, wobei diese auch disparitätisch ausgestaltet werden können, z.B. durch Mehrstimmrechte, Stimmrechtsausschlüsse etc. Grundsätzlich werden Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit gefasst. Besonders wichtige Beschlüsse (z.B. Satzungsänderungen, Kapitalerhöhungen, Auflösung, Umwandlung) können jedoch nur mit Dreiviertelmehrheit getroffen werden. Der Gesellschaftsvertrag kann - in gewissen Grenzen - hiervon abweichende Mehrheiten bestimmen. Es kann ebenfalls vorgesehen werden, dass Beschlüsse formfrei am Telefon, durch Email etc. gefasst werden können, soweit keine notarielle Beurkundung erforderlich ist (z.B. bei Satzungsänderungen).

6. Gewinnverwendung

Der Gesellschaftsvertrag kann die grundsätzliche Ausschüttungspolitik der GmbH festlegen. Dabei kann z.B. eine Vollausschüttung angestrebt werden, oder es können in festzulegendem Umfang Gewinnrücklagen zur Selbstfinanzierung der GmbH gebildet werden. Zum Schutz von Minderheitsgesellschaftern kann auch eine Mindestdividende eingeführt werden. Daneben können Vorabausschüttungen auf den zu erwartenden Gewinn vorgesehen werden.

7. Übertragung von Geschäftsanteilen

Es sollte bestimmt werden, ob Geschäftsanteile frei oder nur mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung oder sonstiger Dritter übertragen werden dürfen (sog. Vinkulierung). Sind die Geschäftsanteile vinkuliert, können Ausnahmen vom Zustimmungserfordernis erwogen werden, z.B. für Übertragungen an andere Gesellschafter oder Familienmitglieder etc.

Es kann vorgesehen werden, dass den übrigen Gesellschaftern im Falle einer Übertragung ein Vorkaufsrecht zusteht.

Daneben gibt es Regelungsmöglichkeiten, die zu einer einseitig erzwingbaren Anteilsübertragung in bestimmten Situationen berechtigen: Call- und Put-Optionen sowie Mitveräußerungspflichten und -rechte (sog. Drag- und Tag-Rechte).

8. Ausscheiden und Abfindung 

Der Gesellschaftsvertrag sollte detailliert bestimmen, unter welchen Umständen und zu welchen Bedingungen Gesellschafter aus der GmbH ausscheiden.

Hierbei kann ein einseitiges Kündigungsrecht der Gesellschafter vorgesehen werden, die Gesellschaft unter Wahrung einer festzulegenden Frist zu verlassen. Das Kündigungsrecht kann von einem Recht zur sog. Anschlusskündigung der weiteren Gesellschafter flankiert werden.

Es sollte bestimmt werden, unter welchen Voraussetzungen ein Geschäftsanteil eingezogen werden kann mit der Folge, dass der betroffene Gesellschafter aus der GmbH ausscheidet. Gängige Einziehungsgründe sind z.B. Insolvenz eines Gesellschafters, Pfändung seines Geschäftsanteils, Tod eines Gesellschafters, schwere Pflichtverletzung, Auflösung oder Change of Control im Falle einer Gesellschaft als Gesellschafter etc.

Der ausscheidende Gesellschafter erhält grundsätzlich eine Abfindung von der GmbH. Ist nichts geregelt, erhält der Ausscheidende grundsätzlich den vollen Verkehrswert seiner Beteiligung. Dieser richtet sich nach derzeitigem Erkenntnisstand nach der Ertragswertmethode. Um die Liquidität der GmbH zu schonen, können jedoch - in gewissen Grenzen - Beschränkungen der Abfindung und alternative Bewertungsmethoden vereinbart werden, z.B. Bewertung nach Erbschaftsteuerwert, Buchwert, Substanzwert etc. Um Streit über das Abfindungsguthaben zu vermeiden, kann es sich anbieten, die Letztentscheidung einem Schiedsgutachter zu übertragen (z.B. Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater).

Es ist - in gewissen Grenzen - auch möglich, die Höhe der Abfindung vom Grund des Ausscheidens abhängig zu machen (sog. Good Leaver / Bad Leaver-Regelung). Hierdurch können bestimmte Ausscheidensgründe finanziell bestraft werden, indem eine niedrigere Abfindung gezahlt wird (z.B. schwere Pflichtverletzung durch einen Gesellschafter).

9. Konfliktlösung

Schließlich sollten Regelungen für Konflikte im Gesellschafterkreis aufgenommen werden. Im Streitfall kann ein außergerichtliches Mediationsverfahren vorgesehen werden, in dem eine gütliche Einigung erzielt werden soll. Bei Unternehmensgruppen kann angeordnet werden, dass ein Streit unter den Gesellschaftern in der Hierarchie  eskaliert wird.

Kann ein Streit nicht gütlich beigelegt werden, so sollte darüber nachgedacht werden, ob eine Entscheidung durch die ordentlichen Gerichte oder durch ein nicht öffentliches Schiedsgericht gewünscht ist. 

Daneben gibt es verschiedene Varianten von sog. Shoot out-Klauseln, die bewirken, dass ein nicht zu lösender Konflikt, dadurch beigelegt wird, dass in einem festgelegten Verfahren der Verkauf der streitbefangenen Geschäftsanteile erzwungen wird.

IV. Fazit

Der Gesellschaftsvertrag ist das wichtigste Regelwerk der GmbH und sollte daher genau auf die Bedürfnisse von Gesellschaftern und Unternehmen zugeschnitten werden.


Gerne berate ich Sie bei der Erstellung eines für Ihr Unternehmen passenden Gesellschaftsvertrags.

Mit besten Grüßen, RA Dr. Rainer Freudenberg, LL.M.

Foto(s): Freudenberg Law


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