Der Vergewaltigung beschuldigt - Anzeige durch die Ehefrau

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Der klassische Fall:

Die Ehepartner haben sich auseinander gelebt bzw. streiten häufig. Einer der Ehepartner geht fremd. Das Fremdgehen wird vom anderen Ehepartner teilweise sogar noch geduldet. Dann trennt sich der Ehemann wegen seiner neuen Freundin. Wenige Wochen später erhält er von der Polizei einen Anruf, dass er von seiner Frau wegen Vergewaltigung angezeigt wurde und dass er zur Aussage vorbei kommen soll.
 
Jetzt ist höchste Vorsicht geboten!
 
Bei einer Vergewaltigung droht eine Freiheitsstrafe von mindestens 2 Jahren. Eine Bewährungsstrafe ist nur möglich, wenn keine Freiheitsstrafe von mehr als 2 Jahren verhängt wird. D.h. sobald der Tatvorwurf „Vergewaltigung in 2 Fällen“ lautet, ist keine Bewährungsstrafe mehr möglich. Das gleiche gilt bei einer Vergewaltigung und einer Körperverletzung oder einer Vergewaltigung und einer Nötigung.
 
Eine Vergewaltigung liegt nicht nur vor, wenn der Geschlechtsverkehr gegen den Willen der Frau vollzogen wird. Bereits das Eindringen mit dem Finger in die Scheide gegen den Willen der Frau erfüllt den Tatbestand der Vergewaltigung. Behauptet die Ehefrau, ihr Mann habe seine Finger gegen ihren Willen in die Scheide zu 4 unterschiedlichen Zeitpunkten eingeführt, stehen 4 Vergewaltigungen im Raum. Für jede Vergewaltigung droht eine Freiheitsstrafe von mindestens 2 Jahren.
 
Bei Sexualstraftaten liegt in der Regel eine klassische Aussage-gegen-Aussage-Situation vor, da beim Sexualakt gewöhnlich niemand anderes dabei ist, als Mann und Frau. Auf die Aussage der Ehefrau kommt es maßgeblich an. Die Gerichte zeigen in den letzten Jahren vermehrt die Tendenz, den Geschädigten und vermeintlichen Opfern zu glauben. Gerade in diesen Bereichen geraten viele Unschuldige in die Mühlen der Justiz.
 
Wenn sich die Frau in psychologischer Betreuung befindet, wird häufig die Therapeutin von der Schweigepflicht entbunden. Dann wird diese vor Gericht aussagen. Das problematische an dieser Aussage ist, dass die Therapeuten ihren Patienten grundsätzlich uneingeschränkt glauben und deren Aussagen nicht anzweifeln. Dies gehört zum Wesen der Therapie. Mit der Aussage des Therapeuten vor Gericht kommt eine weitere belastende Aussage hinzu, auch wenn diese nur auf der Aussage der Ehefrau beruht. Häufig werden auch Geschwister, Eltern und Freunde der Ehefrau als Zeugen vernommen, denen sich die Frau nach der Vergewaltigung offenbart hat. Auch wenn es auf der Hand liegt, dass diese Personen nur die Aussagen der Frau wiedergeben können, ist der psychologische Effekt auf das Gericht und die Schöffen nicht zu unterschätzen. Neben der Ehefrau sagen damit zahlreiche weitere Personen zum Nachteil des Angeklagten aus und belasten diesen schwer. Der Angeklagte hat in der Regel keinen Zeugen, der zu seinen Gunsten aussagen kann. Er steht alleine seiner Frau und zahlreichen weiteren Zeugen gegenüber. Hier wird das Ungleichgewicht vor Gericht und die besonders missliche Lage eines Angeklagten deutlich.
 
Es ist daher von besonderer Bedeutung, dass der Mann zu Beginn des Strafverfahrens gegenüber der Polizei keine Angaben macht. Sämtliche Angaben, die er tätigt, erschweren für gewöhnlich die Verteidigung. Bei einem Delikt wie der Vergewaltigung, benötigt der Betroffene zwingend einen im Sexualstrafrecht erfahrenen Verteidiger. Dies sollte kein Anwalt sein, der neben Scheidungen, Erbrecht, Steuerrecht, Familienrecht, Markenrecht, Medizinrecht, Baurecht, Gewerblichem Rechtschutz und Arbeitsrecht auch noch Strafrecht macht, weil er der Meinung ist, Strafrecht sei einfach und das könne ja jeder.
 
Letztes Jahr kam ein Mandant mit einer Anklageschrift wegen Vergewaltigung in 4 Fällen zu mir in die Kanzlei. Er hatte etwas Sorge, ob sein bisheriger Anwalt schon der richtige für diese Sache ist, denn dieser meinte nach Erhalt der Anklageschrift immer nur: „Das kriegen wir schon. Das kriegen wir schon.“ Ich hatte mir die Anklageschrift genauer angesehen. Die Anklage war zum Landgericht erfolgt. Dies bedeutet, dass die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von über 4 Jahren erwartete. Nachdem ich ihm dies gesagt hatte, war er den Tränen nahe.
 
Fälle im Bereich des Sexualstrafrechts sind nicht mit Fällen wie Fahren ohne Fahrerlaubnis, Fahren unter Drogeneinfluss oder Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz vergleichbar. Die Besonderheit der Aussage-gegen-Aussage-Situation macht die Verteidigung so besonders schwierig, erfordert Spezialwissen und langjährige Erfahrung, um in diesem Bereich erfolgreich verteidigen zu können. Selbst die erfahrensten Strafverteidiger im Bereich der Sexualdelikte werden bestätigen, dass sie in diesen Bereichen schwere Niederlagen erlebt haben, weil die Gerichte den vermeintlichen Opfern oftmals mehr Glauben schenkten als den Männern.
 
Die besondere Problematik für die Gerichte besteht darin, zu erkennen, welche Frauen tatsächliche Vergewaltigungsopfer sind und welche eine solche nur vortäuschen. Da das Gericht die Frau zum ersten Mal sieht, ist die richtige Einschätzung, ob die Aussage wahr oder erlogen ist, sehr schwierig.  
 
Gerade bei der Vergewaltigung in der Ehe zeigt sich immer wieder, dass die angebliche Vergewaltigung keine Bedeutung für die Ehefrau hatte, solange die Ehe Bestand hatte. Es kommt auch nach der angeblichen Tat regelmäßig zu einvernehmlichen sexuellen Handlungen. Erst nach der Trennung, die vom Mann ausging, erfolgt die Anzeige.
 
Es gibt Statistiken darüber, mit welcher Häufigkeit falsche Bezichtigungen erfolgen. Man hat den Eindruck, dass die Anzeige aus Rache zur Mode geworden ist. Erstaunlich ist meiner Erfahrung nach aber auch, wie viele tatsächlich vergewaltigte Frauen von einer Anzeige absehen, so dass die Taten nie ans Licht kommen.
 
Da sich der Beschuldigte eines Sexualdelikts in einer sehr schwierigen Situation befindet, sollte er diese nicht durch eine übereilte Aussage weiter verschlimmern, sondern schweigen und Beweise sammeln, wie z.B. Chatverläufe, die das Verhalten der Ehefrau vor und nach der Tat belegen. Evtl. ergeben sich hieraus Nachweise für seine Unschuld. Sehr nachteilig kann es sich auf das Verfahren auswirken, wenn der Mann mit seiner Frau verhandelt und ihr Geld bietet, wenn sie von der Anzeige absieht. Ich hatte vor einigen Jahren einen Fall in der Kanzlei, bei dem der Mann seiner Frau einen fünfstelligen Betrag geboten hat, wenn sie von der Anzeige wegen Vergewaltigung und Schwarzarbeit absieht. Unglücklicherweise hatte er ihr das Angebot auch noch schriftlich gemacht. Das Angebot trug seine Handschrift und war auch von ihm unterschrieben. In einem solchen Fall ist es äußerst schwierig, dem Gericht glaubhaft versichern zu können, dass die behauptete Vergewaltigung erfunden ist. In solchen Situationen hilft zur Haftvermeidung meist nur noch ein Täter-Opfer-Ausgleich.


Sämtliche Informationen in meinen Rechtstipps dienen ausschließlich allgemeinen Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine Beratung durch einen Anwalt nicht ersetzen. Es kommt stets auf die Umstände des Einzelfalls an. Bereits durch kleine Änderungen beim Sachverhalt kann sich die rechtliche Einschätzung vollständig ändern. Außerdem ändert sich u.U. die Rechtslage, so dass die Inhalte u.U. veraltet sein können.


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Der Vorwurf eines Sexualdelikts braucht Ihnen bei uns in der Kanzlei nicht peinlich zu sein. Wir haben regelmäßig mit solchen Fällen zu tun.



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