Deutsch-spanisches Erbrecht in Frage & Antwort

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Gemeinsam mit Herrn Abogado Martinez Salinas berate ich in Fragen des deutsch-spanischen Erbrechts in München. Einige Fragen, welche wir immer wieder gestellt bekommen, werden nachfolgend beantwortet.

1. Welches Erbrecht ist im deutsch-spanischen Erbfall anwendbar?

Seit dem 17.08.2015 ist immer das anwendbare Erbrecht (wer erbt ohne Testament? Wie hoch ist der Pflichtteil?) nach der Europäischen Erbrechtsverordnung (EuErbVO) zu bestimmen. Danach ist das Erbrecht des letzten „gewöhnlichen Aufenthalts” des Erblassers anzuwenden, wenn der Erblasser nicht das Recht einer Staatsangehörigkeit gewählt hat oder ein Testament „nach dem Recht seines Heimatlandes“ errichtet hat (fingierte Rechtswahl).

Vorsicht: Die EuErbVO gilt nicht für das Steuerrecht!

Mehr Informationen finden Sie in unserem Beitrag „Erben und Vererben auf den Balearen – Welches Recht ist bei einem Erbfall anzuwenden?“ 

2. Was bedeutet der „gewöhnliche Aufenthalt“?

Hatte der Erblasser nur einen Wohnsitz, so ist dies regelmäßig auch sein „gewöhnlicher Aufenthalt“. Schwieriger ist es bei Personen, die mehr als einen Wohnsitz haben. Dann ist nicht etwa der „Hauptwohnsitz” oder (steuerlicher) „Residencia” maßgeblich, sondern es ist eine „Gesamtabwägung aller Lebensumstände” erforderlich. Dabei sind z.B. zu berücksichtigen

  • die Dauer des Aufenthalts,
  • der Grund für den Aufenthalt und
  • die familiären und sozialen Bindungen.

3. Wir ein „deutsches Testament“ in Spanien anerkannt?

Deutsche errichten ihr Testament in der Regel als „eigenhändiges Testament” oder „notarielles Testament”. Der Form nach werden solche Testamente auch in Spanien anerkannt. Allerdings kann es bei Anwendbarkeit spanischen Erbrechts sein, dass wegen des spanischen Pflichtteils (Noterbrecht) die Kinder (oder andere Noterben) mehr erhalten als gewünscht.

4. Werden gemeinschaftliche Testamente (Berliner Testament) in Spanien auch anerkannt?

Viele deutsche Ehepaare errichten gemeinschaftliche Testamente. Besonders beliebt ist dabei das „Berliner Testament“, bei dem sich die Ehegatten gegenseitig einsetzen und auf den Tod des Letztversterbenden die (gemeinsamen) Kinder (als Schlusserben) erben. Dass solche von Deutschen errichtete Testamente in Spanien anzuerkennen sind, wenn deutsches Recht anzuwenden ist, ist anerkannt. Was aber passiert, wenn die Eheleute nach Spanien ihren „gewöhnlichen Aufenthalt“ verlagern und vergessen, deutsches Recht zu wählen? Da in diesem Fall spanisches Erbrecht anzuwenden ist, welches gemeinschaftliche Testamente verbietet, befürchten viele Deutsche, dass ihr Berliner Testament unwirksam wird. Allerdings sieht die EuErbVO für diesen Fall vor, dass ein einmal wirksam errichtetes gemeinschaftliches Testament wirksam bleibt.

Tipp

Unabhängig von der Wirksamkeit Ihres Testaments sollten Sie prüfen, ob es im Hinblick auf die spanische Erbschaftsteuer auch sinnvoll ausgestaltet wurde. Gerade das in Deutschland beliebte „Berliner Testament” führt zu einer – vermeidbaren – hohen Besteuerung in Spanien.

5. Müssen die Erben in Spanien die Erbschaftsannahme erklären?

Ist deutsches Erbrecht anzuwenden (siehe Frage 1), geht der Nachlass auf die Erben über, ohne dass es einer Annahme bedarf. Befinden sich im Nachlass Immobilien in Spanien, muss aber dennoch die notarielle Erbschaftsannahme (und Zuweisung des Eigentums) vor einem spanischen Notar oder Konsul erklärt werden, da das spanische Grundbuchamt die Erben nur nach Vorlage einer Urkunde hierüber als neue Eigentümer in das Grundbuch einträgt.

Tipp

Besteht die Erbmasse in Spanien nur aus dem Guthaben eines Kontos, kann die Erklärung (mit Inventar) und Zahlung der Steuer ausreichen.

6. Ich habe gehört, dass man spanische Erbschaftsteuer nur zahlen muss, wenn der Verstorbene mehr als 183 Tage im Jahr in Spanien wohnte – stimmt das?

Nein, auf den Verstorbenen kommt es nicht an, sondern auf den Erwerber, also Erben oder Vermächtnisnehmer. Wenn der Erwerber sich mehr als 183 Tage in Jahr vor dem Tod des Erblassers in Spanien aufhielt, ist sein gesamter Erwerb in Spanien zu versteuern („unbeschränkte Steuerpflicht”), d.h. auch das Vermögen in Deutschland wird versteuert. Hat sich der Erwerber hingegen wenige als 183 Tage aufgehalten, ist nur das Spanien-Vermögen in Spanien zu versteuern.

7. Stimmt es, dass die Erbschaftssteuer in Spanien sehr hoch ist?

Die Steuersätze der spanischen Erbschaftsteuer bewegen sich zwischen 7,65 % und 81,6 %, wobei der Steuersatz vom Verwandtschaftsgrad, dem Wert des Erbes und der Höhe des Vermögens des Erbenden abhängig ist. Richtig teuer wird es vor allem für Nicht-Verwandte (Ehe ohne Trauschein!) und Verwandte der Seitenlinie (Geschwister, Nichten/Neffen). Aber auch die Freibeträge für Kinder und den Ehegatten sind mit etwa Euro 16.000 im Vergleich zu Deutschland gering, so dass oft spanische Erbschaftsteuer auch bei relativ kleinen Vermögen anfällt. Mehr Informationen zur Berechnung finden Sie in unserem Beitrag „Spanische Erbschaftsteuer – Grundlagen“.  

8. Wurde die Erbschaftsteuer in Spanien nicht abgeschafft?

Nein, aber viele autonome Gemeinschaften hatten für Abkömmlinge und den Ehegatten hohe Rabatte von bis zu 99 % eingeführt; diese wurden allerdings in den letzten Jahren wieder zurückgeführt, siehe z.B. unsere Darstellung zur Erbschaftsteuer der Balearen.

9. Ist das Familienheim wie in Deutschland steuerfrei?

Ja, aber nur bis zu bestimmten Höchstbeträgen und auch nur dann, wenn man sie noch 5 bzw. 10 Jahre hält. Da viele Deutsche ihre Immobilien nach dem Erbfall verkaufen müssen (Steuern!) oder wollen, kann die Freistellung oft nicht genutzt werden.

10. Muss ich zweimal Erbschaftsteuer zahlen? In Deutschland und in Spanien?

Das kann sein, da zwischen Deutschland und Spanien auf dem Gebiet der Erbschafts- und Schenkungssteuer kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht und Deutschland immer dann Erbschaftsteuer erhebt, wenn entweder der Erblasser oder der Erwerber (z.B. Erbe) einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat oder (wenn er Deutscher war) den letzten 5 Jahren hatte. in der Regel – es gibt Ausnahmen! – kann aber immerhin die spanische Erbschaftssteuer auf die deutsche Erbschaftssteuer angerechnet werden, so dass man im Ergebnis „nur“ die höhere Steuer zahlt. Manchmal kann auch umgekehrt die deutsche auf die spanische Steuer angerechnet werden.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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