Erbrecht Deutsch - Schweiz

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Die Klärung, welches Recht in deutsch-schweizerischen Erbfällen Anwendung findet, ist zumeist recht kompliziert. Es gibt Fälle, in denen deutsche Gerichte hierüber anders entscheiden, als schweizerische Gerichte. Ein „internationales Gericht“, welches diesen Konflikt auflösen könnte, gibt es nicht. Das letztendlich anzuwendende Recht bestimmt sich deshalb in vielen Fällen danach, in welchem Land sich das Vermögen befindet.

1. Erbrecht aus Sicht der Schweiz

Aus Sicht der Schweiz untersteht der Nachlass einer Person mit letztem Wohnsitz in der Schweiz ausschließlich Schweizer Recht, Art. 90 IPRG.  Wenn ein deutscher in der Schweiz lebt und dies nicht möchte, kann durch Testament oder Erbvertrag eine Rechtswahl getroffen werden und das Erbrecht dem deutschen Recht unterstellen. Es ist ebenfalls möglich eine konkludente (schlüssiges Handeln) Rechtswahl zu treffen, beispielsweise durch Benutzung von juristischen Fachbegriffen aus Deutschland im Testament.

2. Erbrecht aus der Sicht Deutschlands

Das deutsche Erbrecht nach dem 17.08.2015 bestimmt sich nach Art. 21 der EU-Erbrechtsverordnung. Ist danach ein deutscher Staatsbürger nach dem 17.08.2015 mit letztem ständigen Aufenthalt in der Schweiz verstorben, kommt aus deutscher Sicht ausschließlich das Erbrecht der Schweiz zur Anwendung (Art. 21 Allgemeine Kollisionsnorm (1) Sofern in dieser Verordnung nichts anderes vorgesehen ist, unterliegt die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht des Staates, in dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.).

Zwischen schweizerischem und deutschem Erbrecht gibt es insbesondere im Pflichtteilsrecht erhebliche Unterschiede. Um zu gewährleisten, dass die „richtige“ Rechtsordnung zur Anwendung kommt, sollte ein entsprechendes Testament errichtet werden und eine Rechtswahl getroffen werden. Hierzu berate ich Sie gerne.

3. Eheliches Güterrecht und Erbrecht

Das Güterrecht aus einer Ehe kann großen Einfluss auf das Ergebnis einer Erbauseinandersetzung haben.

Nach schweizerischem Recht gilt - soweit die Ehegatten nichts anderes vereinbart haben - der gesetzliche Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung (Art. 196 – 220 ZGB). Dieser Güterstand ähnelt dem deutschen Güterstand der Zugewinngemeinschaft in Deutschland. Es kommt häufig vor, dass in der Schweiz Gütergemeinschaft vereinbart wird (Art. 221-246 ZGB) oder aufgrund Ehevertrages oder von Gesetzes wegen Gütertrennung (Art. 247-251 ZGB) gilt.

Bei der Errungenschaftsbeteiligung wird das voreheliche Vermögen und das während der Dauer des Güterstands erworbene Vermögen dem jeweiligen Ehegatten als Eigengut oder als Errungenschaft zugeordnet.

Wenn die Ehe durch den Tod aufgelöst wird, bestimmt sich der Umfang des Nachlasses wesentlich vom Ergebnis der güterrechtlichen Auseinandersetzung. Anders als im deutschen Recht (§ 1371 Abs. 1 BGB) existiert in der Schweiz kein pauschaler Zugewinnausgleich für den Todesfall. Die güterrechtliche Auseinandersetzung ist so vorzunehmen, als wäre die Ehe geschieden worden bevor der Nachlass auseinandergesetzt wird. Im Einzelnen ist dies recht komplex.

Nach Art. 219 ZGB gibt es grundsätzlich für den überlebenden Ehegatten die Zuweisung von Eigentum bzw. ein Wohnrecht.

4. Erbrecht in der Schweiz

Das schweizerische Erbrecht ist in den Art. 457 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) geregelt.

a. Gesetzliche Erbfolge
Wie im deutschen Erbrecht bestimmt sich auch in der Schweiz die gesetzliche Erfolge nach Ordnungen und Stämmen.

Unterschiede bestehen beim Erbrecht des Ehegatten nach Art. 462 ZGB. Hiernach erhält der überlebende Ehegatte neben den Abkömmlingen des Erblassers die Hälfte des Nachlasses, neben den Eltern 3/4 des Nachlasses.

b. Testament und Erbvertrag

Auch nach schweizerischem Recht gibt es Testamente und Erbverträge. Es sind jedoch lediglich einseitige Testamente zulässig. Gemeinschaftliche Testamente sind in der Schweiz unzulässig.

c. Pflichtteil

In der Schweiz heißt das Pflichtteilsrecht Noterbrecht. Danach wird der Pflichtteilsberechtigte unmittelbar als Miterbe am Nachlass beteiligt und erhält nicht lediglich wie in Deutschland einen Anspruch gegen die Erben. Hier findet die Testierfreiheit also seine Grenzen.

Ein Erblasser darf nur insoweit frei über sein Vermögen verfügen, als dadurch nicht der Pflichtteil geschmälert wird (verfügbare Quote). Wenn er entgegen diesen Vorgaben verfügt, kann der Pflichtteilsberechtigte die Verletzung seines Pflichtteilsrechts im Wege der Herabsetzungsklage geltend machen, um in Höhe seiner Pflichtteilsquote am Nachlass beteiligt zu werden. Hierfür laufen Fristen (Art. 533 Abs. 1 Herabsetzungsklage IV. Verjährung: Die Herabsetzungsklage verjährt mit Ablauf eines Jahres von dem Zeitpunkt an gerechnet, da die Erben von der Verletzung ihrer Rechte Kenntnis erhalten haben, und in jedem Fall mit Ablauf von zehn Jahren, die bei den letztwilligen Verfügungen von dem Zeitpunkte der Eröffnung, bei den andern Zuwendungen aber vom Tode des Erblassers an gerechnet werden.).

Pflichtteilsberechtigte sind die Abkömmlinge des Erblassers, der Ehegatte und - falls keine Abkömmlinge vorhanden sind) dessen Eltern.

Nach Art. 471 A. Verfügbarer Teil / II. Pflichtteil beträgt der Pflichtteil:

  1. für einen Nachkommen drei Viertel des gesetzlichen Erbanspruches;
  2. für jedes der Eltern die Hälfte;
  3. für den überlebenden Ehegatten, die eingetragene Partnerin oder den eingetragenen Partner die Hälfte.Die Pflichtteilsquoten für Kinder sind damit höher als nach deutschem Recht.

d. Erbschaftssteuer

Deutschland und die Schweiz haben ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet des Erbschafts- und Schenkungssteuerrechts (DBA) geschlossen. Dessen Anwendung ist eröffnet, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz in einem der beiden Staaten hatte.  Der Wohnsitz der Vermögensempfänger ist hingegen unbeachtlich.

Grundsätzlich gilt nach dem DBA das Folgende:

  1. Besteuerung beweglichen Vermögens am letzten Wohnsitz des Erblassers im Wohnsitzstaat (Art. 8 Abs. 1 DBA)

Als Ausnahme bestimmt Art. 8 Abs. 2 DBA das Besteuerungsrecht für die BRD uneingeschränkt, wenn der Erwerber des Vermögens unbeschränkt in Deutschland steuerpflichtig ist(außer, wenn Erblasser und Erwerber Schweizer sind).

  1. Besteuerung des unbeweglichen Vermögens am Belegenheitsort im Belegenheitsstaat (Art. 5 Abs. 2 DBA)

Eine Doppelbesteuerung wird in diesen Fällen durch Anwendung der in Artikel 10 Absatz 1 enthaltenen Bestimmungen vermieden.

Ich berate Sie gerne zu den weiteren Einzelheiten.


Ihr Rechtsanwalt
Christian Keßler


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