Die Abfindung, ein echter Anspruch?

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Abfindungsanspruch nach Beschäftigungsdauer?

Nein! Im Grundsatz gibt es keinen direkten Anspruch auf Zahlung einer Abfindung. Dies gilt auch nach vielen Jahren der Beschäftigung. Vielmehr „kauft“ die Arbeitgeberseite nach ausgesprochener Kündigung oft den Rechtsanspruch der Arbeitnehmerseite auf Erhalt des Arbeitsplatzes wegen der Unwirksamkeit einer Kündigung ab.


Warum enden dann viele Verfahren vor den Arbeitsgerichten mit einer Abfindung?

Sofern der Arbeitgeberseite das Ergebnis droht, dass eine Kündigung rechtsunwirksam ist, besteht die Gefahr der Nachzahlung von Vergütung im Rahmen von Annahmeverzugslohn. Ferner würde das Arbeitsverhältnis neben der Nachzahlung von Vergütung fortgesetzt. Um dieses Ergebnis zu vermeiden, kommt es in der Praxis nicht selten zu Abfindungsvergleichen.

Wie wird so eine Abfindung berechnet?

Ausgehend von den vorstehenden Darlegungen gibt es eigentlich keine Berechnungsrundlage, sofern kein Rechtsanspruch auf eine Abfindung besteht. Zwar wird hier regelmäßig mit Beschäftigungsjahren und einem Teil des Monatslohns operiert (beispielsweise 50% des Monatsbruttolohnes mal Jahre der Beschäftigung). Faktisch ist die Abfindungshöhe aber reine Verhandlungssache. Diese hängt im Kern vom Risiko der Arbeitgeberseite ab den Prozess zu verlieren und dem Willen das Arbeitsverhältnis unbedingt beendet zu wissen.

Gibt es keinerlei Rechtsanspruch auf Abfindungen?

Das Gesetz kennt Ausnahmen, wie etwa eine Kündigung von Arbeitgeberseite aus dringenden betrieblichen Erfordernissen (betriebsbedingte Kündigung). Hier muss in der Kündigung darauf besonders Bezug genommen werden und die Arbeitnehmerseite hat dann nach Ablauf der Klagefrist und Nichterhebung einer Kündigungsschutzklage nach den Voraussetzungen des § 1a KSchG einen Abfindungsanspruch.

Auch besteht die Möglichkeit über einen Auflösungsantrag durch das Arbeitsgericht. Hierbei ist u.a. Voraussetzung, dass die Kündigung rechtswidrig erfolgt ist und die Fortführung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist. Die Voraussetzungen hierfür liegen in der Praxis eher selten vor.


Kommen weitere Möglichkeiten in Betracht?

Neben den Möglichkeiten von Regelungen in einem Tarifvertrag oder in einem Sozialplan (durch Betriebsrat ausgehandelt) gibt es die weitere Möglichkeit des Nachteilsausgleiches nach § 113 Betriebsverfassungsgesetz. Die letztgenannte Möglichkeit kommt in Betracht, wenn von Arbeitgeberseite von einem Interessenausgleich abgewichen wird. Auch hier bedarf es einer entsprechenden Regelung (Interessenausgleich) durch den Betriebsrat mit der Arbeitgeberseite.


Was ist sonst zu beachten bei Abfindungsbegehren?

Dies hängt immer vom Einzelfall ab und sollte vom jeweiligen Einzelinteresse unter Beachtung des gegenseitigen Risikos zum Prozessausgang betrachtet werden. So kann beispielsweise auch eine längere Phase der unwiderruflichen Freistellung unter Fortzahlung der vertraglichen Vergütung vereinbart werden oder eine sog. Turboklausel.


Was bedeutet Turboklausel?

Mit einer solchen Regelung kann es der Arbeitnehmerseite allein möglich sein, das Arbeitsverhältnis zu einem früheren Zeitpunkt zu beenden. Dadurch werden der Arbeitgeberseite weitere Vergütungszahlungen erspart. Diese Ersparung wird dann vollständig oder teilweise – je nach Vereinbarung – in eine zusätzliche Abfindung umgewandelt.


Welchen Vorteil hat dies im Besonderen??

Mit einer Turboklausel hat es die Arbeitnehmerseite allein in der Hand das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten wählbaren Zeitpunkt früher zu beenden und damit auch die Höhe der Abfindung mit zu beeinflussen. Diese Regelung bietet sich besonders an, wenn eine Folgebeschäftigung noch ungewiss ist und/oder man noch nicht genau weiß, zu welchem Zeitpunkt die nahtlose Folgebeschäftigung beginnen wird. Für die Arbeitgeberseite hat es den Vorteil durch Minderung von Arbeitgeberbeitragsanteilen (fallen bei der Abfindung nicht an) finanziell geringer belastet zu sein als bei Vergütungszahlungen bis Vertragsende.


Foto(s): RA Sven Rasehorn

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