Die Arbeitnehmerhaftung

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Allgemeines

Grundsätzlich hat der Schuldner nach § 276 Abs. 1 S. 1 BGB Vorsatz und jede Form von Fahrlässigkeit zu vertreten. Ausgeschlossen ist dies nur, wenn keine mildere Haftung bestimmt oder aus sonstigem Inhalt des Schuldverhältnisses zu entnehmen ist.

Allgemein lässt sich sagen, dass der Arbeitnehmer haftet, wenn er dem Arbeitnehmer oder einem Dritten schuldhaft schädigt. Mögliche Haftungsgrundlagen sind dabei eine klassische Pflichtverletzung nach § 280 BGB oder gesetzliche Haftungen wegen Körper- oder Eigentumsverletzungen nach § 823 BGB.

Haftungsbeschränkung - Privilegierte Arbeitnehmerhaftung

Nach aktueller Rechtsprechung wird die Haftungsbeschränkung auf die betrieblich veranlasste Tätigkeit abgestellt. Dies umfasst jegliche Tätigkeiten, die der Arbeitnehmer im Interesse des Arbeitgebers für den Betrieb ausführt. Damit wird die Haftungsbeschränkung zugunsten des Arbeitnehmers ausgelegt.

Grundlegend orientiert man sich hierbei an dem von der Rechtsprechung entwickelten Verschuldensmaßstab. So lässt sich nach § 276 BGB gliedern in den Vorsatz, also das Wissen und Wollen zur Schadensverwirklichung sowie die leichte, mittlere und grobe Fahrlässigkeit, also die Außerachtlassung der im Verkehr gebotenen Sorgfalt in unterschiedlichem Ausmaß.

In der Regel lässt sich sagen, dass der Arbeitnehmer bei leichter Fahrlässigkeit nicht, bei mittlerer und grober Fahrlässigkeit zum Teil und bei Vorsatz immer voll haftet. Denn der Vorsatz rechtfertigt nach aktueller Rechtsprechung keine Haftungsbeschränkung. Bezüglich der Haftung aufgrund fahrlässigem Verhalten findet oftmals eine Quotelung des Schadens statt.

Zu beachten ist jedoch trotzdem, dass das Ausmaß der Arbeitnehmerhaftung immer vom Einzelfall abhängig ist.

Leichte Fahrlässigkeit

Die leichte Fahrlässigkeit ist die mildeste Stufe des Verschuldens des Arbeitnehmers. Sie erfasst ein unerhebliches und eher zu vernachlässigendes Verhalten.

Ein Beispiel hierfür ist, das versehentliche Verschütten von Kaffee auf der Tastatur im Büro.

Mittlere Fahrlässigkeit

Die mittlere Fahrlässigkeit ist die nächst stärkere Stufe des Verschuldens und umfasst ein nicht ganz unerhebliches Verhalten des Arbeitnehmers.

Allerdings ist sich die Rechtsprechung hier einig, dass eine vollständige Arbeitnehmerhaftung, aber auch eine vollständige Haftungsfreistellung des Arbeitnehmers unverhältnismäßig sei. Vielmehr sind die Billigkeits- und Zurechnungskriterien des Einzelfalls zu berücksichtigen.

Dazu zählt unter anderem die Gefahrgeneigtheit der Arbeitstätigkeiten, die Schadenshöhe oder die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb. Die Mitgliedschaft im Betriebsrat darf bei der Beurteilung allerdings nicht berücksichtigt werden. Dies wäre ein Verstoß gegen § 78 BetrVG.

Ein Arbeitnehmer setzt beispielsweise ein falsches Teil in eine Maschine ein, mit dem Gedanken, dass dies ebenso den Zweck erfüllen würde. Darauf folgend entstehen hohe Reparaturkosten.

Grobe Fahrlässigkeit

Die grobe Fahrlässigkeit ist die stärkste Stufe des fahrlässigen Verschuldens. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den Umständen des Einzelfalls in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet lässt.

Ein Beispiel hierfür könnte sein, dass ein Arbeitnehmer mit einem Firmendienstwagen während seiner Arbeitszeit einen Verkehrsunfall verursacht, da er eine rote Ampel oder einen Fußgängerüberweg übersieht. Grundsätzlich umfasst die grobe Fahrlässigkeit auch Fälle, in denen Menschenleben aufgrund grober Unachtsamkeit gefährdet werden.

Vorsatz

Die grundsätzlich stärkste Stufe des Verschuldens des Arbeitnehmers ist die vorsätzliche Schadensverwirklichung. Hierbei haftet der Arbeitnehmer in der Regel immer voll.

Beispielsweise, wenn ein Arbeitnehmer mutwillig Gegenstände am Arbeitsplatz beschädigt oder zerstört, ist eine Haftungsbeschränkung ausgeschlossen.

Personenschäden

Eine häufig vorkommende Schadensgruppe sind Personenschäden des Arbeitnehmers von Arbeitskollegen oder sogar dem Arbeitgeber.

Schäden dieser Art fallen nicht unter die Arbeitnehmerhaftung, sondern werden  nach § 105 Abs. 1 SGB  VII über die Versicherung der Berufsgenossenschaft abgedeckt.

Ähnlich verhält es sich bei Arbeitsunfällen, also außergewöhnliche Ereignisse mit Körperschäden während einer versicherten Tätigkeit nach § 8 Abs. 1 SGB VII. Der Arbeitnehmer hat bei einem Arbeitsunfall einen Anspruch gegen seine Unfallversicherung der  Berufsgenossenschaft. Ein Arbeitnehmer ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII kraft Gesetz grundsätzlich unfallversichert.

Sachschäden

Sachschäden hingegen unterliegen der Arbeitnehmerhaftung. Diese werden nicht von der Versicherung über die Berufsgenossenschaft abgedeckt.

Sachschäden können typischerweise am Eigentum des Arbeitgebers oder an Eigentum von Kunden oder Lieferanten entstehen.

Darunter fallen unter anderem auch Pflichtverletzungen nach § 280 Abs. 1 BGB inklusive unentschuldigte Nicht- oder Schlechtleistungen des Arbeitnehmers.

Jed0och,  ist auch hier zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer einen solchen Sachschaden nach § 280 Abs. 2  BGB  zu vertreten haben muss.

Darüber hinaus, haftet der Arbeitnehmer immer bei unerlaubten Handlungen seinerseits. Dazu zählen deliktrechtliche Ansprüche, wie Sachbeschädigung oder Eigentumsverletzungen nach § 823 Abs. 1 BGB, aber auch strafbare Handlungen, wie der Diebstahl nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 242 StGB.

Beweislastumkehr

Nach § 280 Abs. 2 BGB  könnte man darauf schließen, dass der Arbeitnehmer in der Pflicht stünde zu beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft.

Allerdings, gilt im Schadensrecht im Arbeitsbereich die Beweislastumkehrregelung des § 619a BGB zur Entlastung des Arbeitnehmers. Hiernach hat der Arbeitgeber das Vertretenmüssen des Arbeitnehmers zu beweisen. Soweit die Beweisführung des Arbeitgebers erfolglos bleibt, ist die Arbeitnehmerhaftung ausgeschlossen.

Schaden gegenüber einem betriebsfremden Dritten

Sobald der Arbeitnehmer während seiner Arbeitstätigkeit einem betriebsfremden Dritten schadet, hat dieser einen Anspruch gegen den Arbeitnehmer aus § 823 BGB. Unter § 823 BGB fallen unerlaubte Handlungen, wie Eigentumsverletzungen oder Körperschädigungen.

Grundsätzlich hat der schadensersatzpflichtige Arbeitnehmer in diesem Fall einen Freistellungsanspruch gegen den Arbeitgeber, also einen Anspruch gegen den Arbeitgeber, dass dieser dem Dritten den Schaden ersetzt, sofern nach den Grundsätzen der privilegierten Arbeitnehmerhaftung eine eigene Haftung ausscheidet.

Soweit der Arbeitnehmer selbst leistet, kann er statt der Freistellung vom Arbeitgeber Ersatz verlangen. Dies gilt wiederum, soweit der Mitarbeiter nach den Grundsätzen der privilegierten Arbeitnehmerhaftung  nicht zum Schadensersatz herangezogen werden könnte. 

Mankohaftung

Die Mankohaftung, also die Haftung des Arbeitnehmers bei Kassenfehlbeträgen, ist ein besonderer Fall der Arbeitnehmerhaftung.

Hierbei ist zu unterscheiden  zwischen der Arbeitnehmerhaftung mit und ohne Mankovereinbarung.

Eine solche Mankovereinbarung kann vertraglich zwischen Arbeitnehmer und -geber vereinbart sein. Demnach hätte der Arbeitnehmer Fehlbeträge in der Kasse auszugleichen, ohne dass das Verschulden berücksichtigt wird. Dazu müsste der Arbeitnehmer jedoch alleinigen Zugang zur Kasse haben und einen monatlichen wirtschaftlichen Ausgleich in Form von Mankogeld zwecks dessen erhalten. Dieses Zusatzzahlungen  müssen dann angemessen hoch sein, sodass davon der Fehlbetrag der Kasse ausgeglichen werden kann.

Haben der Arbeitnehmer und -geber keine Mankovereinbarung getroffen, so hat der Arbeitnehmer zu beweisen, dass der Fehlbetrag in der Kasse nicht auf einem Verschulden seinerseits beruht. Der Arbeitnehmer ist in diesem Fall verpflichtet, die Umstände vorzutragen, welche zum Eintritt des Schadens geführt haben.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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