Die Bürgschaft: Wann muss ich zahlen?

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Die Bank hatte ihrem Kunden schon fast die Zusage für den Kredit über 50.000,-- € erteilt, als sie im letzten Moment noch eine Bürgschaft von der Freundin wollte. Ihrem Freund zuliebe, hat sie das Formular über die Bürgschaftserklärung unterschrieben. Was sollte schon passieren, er hatte immerhin einen guten Job und würde später mal das Haus der Eltern bekommen. 


Nach der Trennung geriet die Bürgschaft in Vergessenheit. Das böse Erwachen kam, als die Bank Jahre später von der Bürgin die Zahlung eines hohen Betrages forderte.  


Leider ist noch immer die Auffassung weit verbreitet, eine Bürgschaft sei nur eine Formalie und ein Liebesbeweis, im Zweifel sei sie sowieso sittenwidrig. Für Bürgen stellt sich dann die dringende Frage: Kann ich mich gegen die Forderungen des Gläubigers wehren?



Was ist eine Bürgschaft?

Mit der Übernahme einer Bürgschaft verpflichtet sich der Bürge, für die Verbindlichkeiten eines anderen gegenüber dessen Gläubiger einzustehen. Wer für die Darlehensverbindlichkeiten seines Partners bürgt, haftet gegenüber der Bank für die Schulden aus dem Darlehensvertrag. Sollte der Darlehensnehmer seinen Kredit nicht mehr zahlen können oder wollen, kann die Bank vom Bürgen die Zahlung verlangen, auch wenn die Beziehung schon seit Langem beendet ist.



Wann hafte ich als Bürge?

Die Bank kann eine Zahlung natürlich nur fordern, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. So muss die Bürgschaftsübernahme wirksam sein. Außerdem muss die Forderung, für die gebürgt wird, bestehen. Zum Teil kommt es aber auch darauf an, wie die Bürgschaft konkret ausgestaltet ist.


1. Schriftform

In jedem Fall ist Voraussetzung, dass Sie die Bürgschaftserklärung schriftlich abgegeben haben. Das bedeutet, Sie müssen die Bürgschaftserklärung entweder eigenhändig unterschrieben haben oder Ihre Unterschrift notariell beglaubigt haben lassen. Eine elektronisch erteilte Bürgschaft ist dagegen nicht zulässig.


2. keine Sittenwidrigkeit

Die Bürgschaft kann im Ausnahmefall nichtig sein, etwa wegen Sittenwidrigkeit. Nach den über die Jahre von den Gerichten aufgestellten Kriterien ist eine Bürgschaft für einen Kredit zum Beispiel dann sittenwidrig, wenn

  • zwischen Sie zum Schuldner in emotionaler Verbundenheit standen, etwas durch ein enges verwandtschaftliches Verhältnis, die Ehe oder eine Lebenspartnerschaft,  
  • Sie durch die Bürgschaft finanziell krass überfordert sind und
  • Sie kein eigenes persönliches oder wirtschaftliches Interesse an der Kreditvergabe hatten.


Es kommen auch andere Konstellationen in Betracht, so dass jeweils anhand der konkreten Situation geprüft werden muss, ob Anhaltspunkte für eine Sittenwidrigkeit vorliegen.


3. keine Nichtigkeit aus sonstigen Gründen

Eine Bürgschaft kann auch aus anderen Gründen nichtig sein. Haben Sie sich bei der Abgabe der Bürgschaftserklärung geirrt oder wurden Sie getäuscht, können Sie Ihre Erklärung unter Umständen noch anfechten. Auch die Erklärung eines Widerrufs kann in einigen Fällen noch in Betracht kommen.


4. Bestehen der Forderungen gegen den Schuldner

Voraussetzung ist auch, dass die Kreditforderung, für die Sie als Bürge haften sollen, wirksam entstanden ist und nicht bereits erloschen ist.


5. Einrede der Vorausklage

Eigentlich muss der Gläubiger gegen den Schuldner zunächst einen Vollstreckungstitel erwirken und dann die Zwangsvollstreckung vergeblich versucht haben, bevor er vom Bürgen eine Zahlung verlangen kann. 


Wenn Sie aber eine Bürgschaft für einen Kredit gegenüber einer Bank übernommen haben, können Sie sich darauf in der Regel nicht stützen, da die Banken in der Regel die sogenannte Einrede der Vorausklage fast immer ausgeschlossen haben und regelmäßig eine selbstschuldnerische Bürgschaft auf erstes Anfordern vorliegt.


6. Höhe der Haftung

Wurde die Bürgschaft auf einen bestimmten Betrag begrenzt, dann haftet der Bürge auch nur in der Höhe (Höchstbetragsbürgschaft).


7. Umfang der Haftung

Zu klären ist auch, für welche Forderung Sie als Bürge überhaupt die Haftung übernommen haben. Denn die Forderung, die die Bank nun gegen den Schuldner hat, kann aus einem ganz anderen Grund resultieren, auf den sich die Bürgschaft vielleicht gar nicht erstreckt. Außerdem sind in den Forderungne neben der Darlehensschuld auch Zinsen und Kosten enthalten. Die Formulierungen in den meisten Bürgschaftsformularen umfassen zwar auch diese Forderungen. Allerdings darf die Bank die Haftung nicht unangemessen ausweiten, erst recht nicht über die vorformulierten Klauseln.


8. Verjährung

Schließlich ist zu prüfen, ob nicht bereits Verjährung eingetreten ist.


Die Forderung der Bank gegen den Bürgen verjährt regelmäßig nach drei Jahren. Die Frist beginnt mit dem Ende des Jahres zu laufen, in dem die Bürgschaft fällig wird. Bei einer selbstschuldnerischen Bürgschaft, wie sie von den Banken regelmäßig eingefordert wird, deckt sich das mit dem Zeitpunkt der Fälligkeit der Hauptforderung. Liegt dieser Zeitpunkt also schon sehr lange zurück und wurde der Lauf der Frist nicht gehemmt, können Sie mit der Verjährungseinrede die Forderung abwehren.


Auch die Hauptforderung kann bereits verjährt sein, worauf Sie sich als Bürge ebenfalls stützen können. 


Entscheidend sind aber jeweils die konkreten Umstände des Einzelfalls sowie die Formulierungen in den Verträgen und Bürgschaftserklärungen. 


9. Wegfall von Sicherheiten

Hatte die Bank für ihre Forderung noch weitere Sicherheiten und sind diese inzwischen weggefallen, kann das ebenfalls ein Grund sein, mit dem Sie sich erfolgreich gegen die Bank verteidigen können.



Was kann ich tun?

Die Auflistung zeigt, dass es zahlreiche Gründe geben kann, mit denen Sie sich erfolgreich gegen die Forderungen einer Bank aus einer Bürgschaft wehren können. Wichtig ist aber, dass Sie - bevor Sie eine Zahlung an die Bank erbringen - die Forderung genauer prüfen. Denn in vielen Fällen entfällt die Bürgschaftsverpflichtung nicht automatisch. Bei einer Einrede, wie der Verjährung, ist Voraussetzung, dass sie gegenüber dem Gläubiger erhoben wird. Haben Sie bereits an die Bank gezahlt, ist das nicht mehr möglich. Ihre Zahlung können Sie dann nicht mehr zurück fordern. 

Werden Sie aus einer Bürgschaft in Anspruch genommen, sollten Sie durch einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin prüfen lassen, ob Sie zu einer Zahlung verpflichtet sind. Rechtsanwältin Jana Narloch berät bundesweit in Darlehens- und Bürgschaftsangelegeheiten und prüft Ihre Unterlagen dazu.  


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