Die Energiepauschale in der Unternehmensinsolvenz

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Im Zuge der steigenden Energiepreise hat der Gesetzgeber zur Entlastung der Verbraucher die einmalige Zahlung einer „Energiepauschale“ beschlossen.

Nun stellt sich für Arbeitnehmer eines insolventen Unternehmens die Frage, ob sie eigentlich auch in den Genuss der Energiepauschale kommen.

Vor dem Hintergrund der Einmaligkeit dieses Vorgangs und keinerlei praktischer Erfahrungen im Umgang sowie der Vielzahl der möglichen Fallkonstellationen ist die Frage ist mit einem juristisch eindeutig uneindeutigen „es kommt darauf an“ zu beantworten:


Zunächst erstmal ist festzuhalten, dass jeder Arbeitnehmer, auch Arbeitnehmer eines insolventen Unternehmens, grundsätzlich einen Anspruch auf die Energiepauschale haben. 

Ob sie diese schon mit der Abrechnung des Monats September 2022 erhalten oder erst per Einkommensteuerabzug im nächsten Jahr, hängt davon ab, in welchem Stadium sich das Insolvenzverfahren befindet.


Ein Insolvenzverfahren gliedert sich grob in die beiden großen Blöcke „Insolvenzeröffnungsverfahren“ und „eröffnetes Insolvenzverfahren“.


Wird die Energiepauschale während des Insolvenzgeldbezuges bezahlt?

Im vorläufigen Insolvenzverfahren, also der Zeit zwischen dem Insolvenzantrag und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, erhalten die Mitarbeiter eines insolventen Unternehmens in aller Regel keine Entgeltzahlung durch ihren Arbeitgeber, sondern beziehen über eine hinzugezogene Bank eine Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes.

Insolvenzgeld ist die Entgeltersatzleistung, welche Arbeitnehmer eines insolventen Unternehmens von der Agentur für Arbeit erhalten, wenn sie in den drei Monaten, die der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorangehen (Insolvenzgeldzeitraum), Entgeltausfälle erlitten.


Was ist, wenn der September 2022 in den Insolvenzgeldzeitraum fällt? 

In dem Fall erhalten die Arbeitnehmer keine Auszahlung der Energiepauschale.

Der Gesetzgeber hat es nämlich so vorgesehen, dass die Arbeitgeber die Energiepauschale an die Mitarbeiter auszahlen sollen. Hierzu sollen die Arbeitgeber von der für jeden einzelnen Arbeitnehmer für den Monat August 2022 an das Finanzamt abzuführenden Einkommensteuer 300 € (abzüglich der hierauf entfallenden Steuern) einbehalten. Dieses einbehaltene Geld sollen die Arbeitgeber dann im Folgemonat, dem September 2022, an die Mitarbeiter als Energiepauschale auszahlen.

Befindet sich das Unternehmen aber im Stadium der vorläufigen Insolvenz und zahlt für den Monat August keine Arbeitsentgelte, dann kann es auch keine Einkommensteuer einbehalten. Daher kann es im September auch nichts (Einbehaltenes) auszahlen.

Die Energiepauschale wird auch nicht über das vorfinanzierte Insolvenzgeld ausgezahlt, weil dieses ja letztlich als Netto-Entgeltersatzleistung von der Arbeitsagentur kommt, die vorher auch keine Steuern zur Finanzierung der Pauschale einbehalten kann.


Bekommen Arbeitnehmer eines insolventen Unternehmens dann keine Energiepauschale?

Doch, diese Arbeitnehmer erhalten die Energiepauschale trotzdem, aber leider erst im nächsten Jahr. Voraussetzung ist, dass sie eine Steuererklärung abgeben. Da die betroffenen Arbeitnehmer aufgrund des Insolvenzgeldbezuges (aufgrund des Progressionsvorbehalts) sowieso eine Steuererklärung abgeben müssen, ergibt sich durch die Energiepauschale also auch keine Mehrarbeit. Das Finanzamt wird dann anhand ihrer Angaben feststellen, dass von Ihrer Einkommensteuer nichts einbehalten worden ist, Sie also noch keine Energiepauschale bekamen. Es wird sodann bei dem Einkommensteuerbescheid Ihre Steuerlast um den Betrag der Energiepauschale kürzen, so dass Sie entsprechend weniger Steuern bezahlen werden.


Was ist, wenn der Insolvenzgeldzeitraum mit dem 31.08.2022 endet?

Auch in diesem Fall erhalten die Arbeitnehmer voraussichtlich keine Energiepauschale im September, weil sich das Finanzamt dem Unternehmen ab dem Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung eine neue Lohnsteuernummer vergibt, unter der das Unternehmen dann aber keine rückwirkende Lohnsteueranmeldung für August vornehmen kann. Daher ist auch hier keine Refinanzierung möglich. Diese Mitarbeiter müssen gleichsam auf den Einkommensteuerbescheid im nächsten Jahr warten.


Was ist, wenn das Insolvenzverfahren bereits am 01.08.2022 eröffnet wurde?

In dem Fall werden die Mitarbeiter, immer vorausgesetzt, das Unternehmen wird fortgeführt, die Energiepauschale erhalten.

Wird der Betrieb aber ab Eröffnung stillgelegt oder vorübergehend sehr eingeschränkt fortgeführt, etwaig weil der Insolvenzverwalter drohende Masseunzulänglichkeit angezeigt hat und das Unternehmen sukzessive ausproduzieren lässt, muss zwischen den Arbeitnehmern unterschieden werden, die sofort freigestellt wurden und denen, die zum Abwicklungsteam gehören:

Die Mitarbeiter, die zum Abwicklungsteam gehören, werden die Energiepauschale vom Insolvenzverwalter erhalten. Diejenigen, die aber umgehend freigestellt und unter dem Hinweis auf die Gleichwohlgewährung beim Arbeitslosengeldbezug auf die Agentur für Arbeit verwiesen wurden, werden die Energiepauschale erst im Rahmen des Einkommensteuerabzugs im nächsten Jahr erhalten.

Diese Mitarbeiter beziehen Arbeitslosengeld. Da der Insolvenzverwalter diesen Arbeitnehmern keinerlei Entgelte zahlt, führt er auch keine zur Refinanzierung nutzbaren Lohnsteuern ab.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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