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Die Tücken einer Vollstreckungsklausel

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Zur Einleitung einer Vollstreckung ist es erforderlich, bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen. Gemäß § 750 ZPO muss

  1. ein Titel,
  2. eine Vollstreckungsklausel und
  3. ein Zustellungsnachweis für die Vollstreckungsklausel

vorliegen. Öfter als man denkt, mangelt es an einer korrekten Vollstreckungsklausel. Ein häufiges Problem ist der Nachweis der Rechtsnachfolge, z.B. bei Abtretung einer Forderung an eine Inkassounternehmen. § 750 Abs. 2 ZPO führt hierzu aus:

 

(2) Handelt es sich um die Vollstreckung eines Urteils, dessen vollstreckbare Ausfertigung nach § 726 Abs. 1 erteilt worden ist, oder soll ein Urteil, das nach den §§ 727 bis 729738742744, dem § 745 Abs. 2 und dem § 749 für oder gegen eine der dort bezeichneten Personen wirksam ist, für oder gegen eine dieser Personen vollstreckt werden, so muss außer dem zu vollstreckenden Urteil auch die ihm beigefügte Vollstreckungsklausel und, sofern die Vollstreckungsklausel auf Grund öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden erteilt ist, auch eine Abschrift dieser Urkunden vor Beginn der Zwangsvollstreckung zugestellt sein oder gleichzeitig mit ihrem Beginn zugestellt werden.

 

Der Bundesgerichtshof hatte zum wiederholtem Male zu entscheiden, wie eine korrekte Vollstreckungsklausel auszusehen hat und was bei einer Rechtsnachfolge vom Gläubiger nachzuweisen ist.  Der Sachverhalt in diesem Urteil  ist komplex und, da in diesem Fall der Gläubiger eine mangelnde bzw. mangelhafte Tätigkeit des Gerichts bei der Erteilung der Vollstreckungsklausel moniert hat, für den Laien recht unverständlich.  Daher weisen wir nur auf den wesentlichen Inhalt hin.

Der Bundesgerichtshof befasst sich in seinem Beschluss mit der Rechtsfrage, wie und in welcher Form die Vollstreckungsklausel zu erteilen ist.

 

Die entscheidende Formulierung in dem Urteil lautet wie folgt:

„Gemäß § 727 Abs. 1 ZPO kann eine vollstreckbare Ausfertigung für den Rechtsnachfolger des in dem Urteil bezeichneten Gläubigers erteilt werden, sofern die Rechtsnachfolge bei dem Gericht offenkundig ist; für Vollstreckungsbescheide gilt Entsprechendes (§ 794 Abs.1 Nr.4, § 795 Satz1, § 796 Abs.1ZPO). Der Begriff der Offenkundigkeit nach § 727 Abs. 1 und 2 ZPO entspricht demjenigen des § 291 ZPO (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2016 -V ZB 174/15 Rn. 9, NJW 2017, 411) und ist zu bejahen, wenn die die Rechtsnachfolge begründenden Tatsachen bei Gericht allgemein-oder gerichtskundig sind (vgl. BGH, Beschluss vom 22.Mai2019 –VII ZB 87/17 Rn. 26, MDR 2019, 959).“

[Rn. 21]

Der die Vollstreckungsklausel beantragende Gläubiger war ein Inkassounternehmen. Dieses hatte von einem dritten Unternehmen Forderungen erworben und sich die titulierten Forderungen (insbesondere Vollstreckungsbescheide) abtreten lassen. Die Abtretungserklärung war bei dem zuständigen Gericht in einer Generalakte hinterlegt. Unter Bezugnahme auf diese Hinterlegung sollte die Vollstreckungsklausel für den neuen Gläubiger, das Inkassounternehmen, erteilt werden, mit dem Hinweis, dass die Rechtsnachfolge offenkundig sei. Dieses Ansinnen lehnte das Gericht ab. Die hiergegen gerichteten Rechtsmittel sind durch diesen Beschluss des BGH verworfen worden.

Worum geht es:

Voraussetzung für den Beginn der Zwangsvollstreckung ist, wie bereits ausgeführt, die Zustellung der Vollstreckungsklausel. Hierzu führt § 750 Abs. 1 ZPO folgendes aus:

„(1) 1Die Zwangsvollstreckung darf nur beginnen, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sind und das Urteil bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird. …..“

Für den Schuldner muss erkennbar sein, welcher Gläubiger aus welchem Rechtsgrund gegen ihn vollstreckt. Diese Information erfolgt durch  die Zustellung der Vollstreckungsklausel. Sobald ein Gläubiger wechselt, wie im vorliegenden Fall durch die Abtretung der Forderung an ein Inkassounternehmen, muss dieses dem Schuldner durch die Zustellung der Vollstreckungsklausel bekannt gemacht werden. Da im Falle der Abtretung einer Forderung der Schuldner häufig von dem Gläubigerwechsel keine Kenntnis erhält und/oder die Rechtswirksamkeit dieses Wechsels nicht ohne weiteres überprüfen kann, muss er hierüber vor Beginn der Vollstreckung aufgeklärt werden. Es reicht nicht aus, wenn er eine Information von dem neuen Gläubiger erhält. Erforderlich ist es, dass der Schuldner die Rechtslage überprüfen kann. Im vorliegenden Fall muss er also die Gelegenheit erhalten, die Urkunde einzusehen. Dieses geschieht in der Regel dadurch, dass die Vollstreckungsklausel und eine amtlich beglaubigte Abschrift der Urkunde, aus der sich der Gläubigerwechsel ergibt,  dem Schuldner zugestellt wird. Der Schuldner hat nunmehr die Möglichkeit, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung der Klausel die Rechtsnachfolge zu prüfen und gegebenenfalls rechtlich dagegen vorzugehen.

Das Inkassounternehmen hatte nunmehr die Abtretungsurkunde bei Gericht hinterlegt und wollte das Gericht veranlassen, darauf zu verweisen, dass die Rechtsnachfolge offenkundig ist. Damit wäre die Beifügung der Urkunde in amtlich beglaubigter Ablichtung nicht mehr erforderlich gewesen (§ 727 Abs.1 ZPO).

Die Frage, was offenkundig ist, ist schwierig zu klären. Ofenkundig ist laut BGH allgemeinkundig oder gerichtskundig.

Interessant ist eine Entscheidung des Landgerichts Konstanz zum Az. 62 T 91/11 A vom 25.11.2011 zur Allgemeinkundigkeit. In dieser lesenswerten Entscheidung heißt es:

 

„Offenkundig [gemeint ist hier allgemeinkundig/der Autor] im Sinne von § 291 ZPO sind nur solche Tatsachen, die einer beliebig großen Zahl von Menschen bekannt oder für diese ohne weiteres zuverlässig wahrnehmbar sind …

Ein Zeitungsartikel, und sei es aus einer angesehenen Zeitung, ermöglicht dem Gericht nicht die Prüfung, ob die Fusion ordnungsgemäß erfolgt ist. …

Offenkundige Umstände können sich insbesondere aus dem Bundesgesetzblatt oder aus dem Grundbuch ersichtlichen Umstände ergeben ….“

Damit umschreibt das Landgericht Konstanz sehr plastisch den Begriff Allgemeinkundig.

Auch der Bundesgerichtshof hat in der vorliegenden Entscheidung festgestellt, dass öffentlich zugängliche Quellen, wie Grundbuchämter und Registergerichte Tatsachen allgemeinkundig machen.

Ausreichend ist allerdings auch die Gerichtskundigkeit. Der Unterschied zur Allgemeinkundigkeit ist, dass dem Schuldner keine eigene Überprüfungsmöglichkeit eröffnet wird. Diese nimmt das Gericht vor. Der Bundesgerichtshof stellt  fest, dass, wenn das Gericht in diesem Fall die Rechtsnachfolge selbst bzw. die Richtigkeit der Aussage geprüft hat, es hierauf verweisen darf. Der BGH führt hierzu unter Rz. 25 folgendes aus:

„(1) Eine Tatsache ist gerichtskundig, wenn sie bei dem für die Erteilung der Rechtsnachfolgeklausel zuständigen Gericht aufgrund seiner jetzigen oder früheren amtlichen Tätigkeit, jedoch nicht erst aus Anlass des aktuellen Antrags, bekannt geworden ist, wenn also der jeweilige Entscheidungsträger aus amtlicher Veranlassung ein zuverlässiges Bild von den tatsächlichen Verhältnissen, Ereignissen oder Zuständen gewonnen hat, die es ihm erlauben, dieses Wissen in späteren Verfahren ohne Beweisführung zu verwerten …“

Allein die Hinterlegung der Kunde zur Gerichtsakte reicht folglich nicht aus.

Aus den vorstehenden Ausführungen wird deutlich, welche Fallstricke bei der Erteilung einer Vollstreckungsklausel sich für den vollstreckenden Gläubiger ergeben können. Dieses wird auch dokumentiert durch eine unglaubliche Vielzahl an Entscheidungen hierzu.

 

Für den Gläubiger gilt es, die notwendige Sorgfalt bei der Erteilung einer Vollstreckungsklausel zu wahren. Für den Schuldner gilt, dass nicht jede Vollstreckungsklausel korrekt erteilt ist. Die Fehlerquote bei Gerichten und Notaren ist nicht zu unterschätzen. Ohne  wirksam erteilte und zugestellte Vollstreckungsklausel ist die Vollstreckung unzulässig, mit allen sich hieraus ergebenden Rechtsfolgen.

 

Gerne prüfen wir für Sie.



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