Die Verjährung im Steuerrecht und bei Steuerhinterziehung

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Im Steuerstrafrecht überschneiden sich ganz unterschiedliche Rechtsgebiete. Da der Steuerpflichtige in vielen Fällen zunächst nur mit der Finanzverwaltung spricht, wird diese Unterscheidung häufig übersehen.

Einerseits gilt das materielle Steuerrecht, andererseits gelten die Regeln des allgemeinen Strafrechts. Die Anwendung dieser Rechtsgebiete steht an einigen Stellen im Widerspruch zueinander. Beispielsweise ist der Steuerpflichtige im Steuerrecht zur Mitwirkung und Aufklärung verpflichtet, während er sich nach den Grundsätzen des Strafrechts nicht selbst belasten muss. Im Steuerrecht sind Schätzungen erlaubt und weit verbreitet, während im Strafrecht der Steuerschaden genau nachzuweisen ist.

Solche Unterscheidungen gelten auch bei der Verjährung, sodass in der Praxis immer genau zu unterscheiden ist, für welchen Zweck die Verjährung zu berechnen ist.

Verschiedene Verjährung im Steuerrecht und Steuerstrafrecht

Die Verjährung dient der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden. Mit Ablauf einer Verjährungsfrist können bestimmte Rechte nicht mehr durchgesetzt werden oder Ansprüche erlöschen.

Dabei gilt, Verjährung ist nicht gleich Verjährung. Im Steuerrecht sind dabei drei verschiedene Verjährungen zu berücksichtigen:

  1. Festsetzungsverjährung
  2. Zahlungsverjährung
  3. Strafverfolgungsverjährung

Alle drei Verjährungen haben einen vollkommen unterschiedlichen Hintergrund und einen unterschiedlichen Sinn und Zweck. Eine pauschale Antwort auf die Frage der Verjährung im Steuerrecht lässt sich aus diesem Grund nicht geben. Die Berechnung der verschiedenen Verjährungen ist sehr kompliziert und stets vom Einzelfall abhängig.

Die steuerliche Festsetzungsverjährung

Folge des Eintrittes der Festsetzungsverjährung ist, dass das Finanzamt einen Steuerbescheid nicht mehr erlassen, nicht mehr ändern und nicht mehr aufheben kann.

Die Festsetzungsfrist beträgt bei Verbrauchsteuern ein Jahr, vier Jahre bei allen anderen Steuern mit Ausnahme von Einfuhr- und Ausfuhrabgaben (§ 169 Abgabenordnung). In Fällen von Steuerhinterziehung verlängert sich die Festsetzungsfrist auf 10 Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung auf 5 Jahre.

Sie beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem die Steuer entstanden ist: Wenn eine Steuererklärung oder -anmeldung abzugeben ist, beginnt die Frist mit Ablauf des Jahres, in dem die Erklärung/Anmeldung abgegeben wurde. Die Anlaufhemmung beträgt maximal drei Jahre (§ 170 Abgabenordnung).

Für die wichtigsten Steuerarten (Einkommen-, Körperschaft-, Gewerbe- und Umsatzsteuer) sind Steuererklärungen einzureichen. Wird eine Steuererklärung eingereicht, beginnt die Verjährung grundsätzlich mit Ablauf des Jahres, in welchem die Erklärung abgegeben worden ist.

Bestimmte Ereignisse haben Auswirkungen auf das Ende der Festsetzungsverjährung. Hierzu gehören unter anderem vor allem die Anfechtung von Bescheiden durch Einlegung von Einsprüchen oder Erhebung von Klagen, ein Antrag auf Abänderung eines Bescheides, Ermittlungen von Fahndungsbehörden oder der Beginn einer Außenprüfung.

Die steuerliche Zahlungsverjährung

Folge des Eintritts der Zahlungsverjährung ist, dass ein bereits festgesetzter Steueranspruch erlischt. Durch elektronische Überwachung tritt eine Zahlungsverjährung in der Praxis kaum noch ein.

Auch die Zahlungsverjährung kann durch bestimmte Ereignisse unterbrochen werden, mit der Folge, dass die Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres, in dem das unterbrechende Ereignis eingetreten ist, erneut beginnt. Eine bestimmte Maximaldauer ist für die Zahlungsverjährung nicht vorgesehen.

Die Strafverfolgungsverjährung

Folge der Strafverfolgungsverjährung ist, dass die Tathandlung strafrechtlich nicht mehr verfolgt werden kann.

Die wichtigste und bekannteste Steuerstraftat ist die Steuerhinterziehung. Die Strafverfolgungsverjährung bei der einfachen Steuerhinterziehung beträgt nach § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB fünf Jahre. Der Tatbestand der Steuerhinterziehung wird durch falsche Angaben in der Steuererklärung oder durch Unterlassen der Abgabe einer Steuererklärung erfüllt, soweit diese vorsätzlich erfolgt und daraus eine Steuerkürzung oder ein Steuervorteil eintritt. Eine Steuerverkürzung tritt gemäß § 370 Abs. 4 Satz 1 AO schon dann ein, wenn eine Steuerfestsetzung nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig erfolgt. Daher ist auch eine nicht rechtzeitig abgegebene Steuererklärung ein Fall der Steuerhinterziehung.

In den Fällen der besonders schweren Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 3 Nr. 1-5 AO beträgt die Strafverfolgungsverjährung zehn Jahre; § 376 Abs. 1 AO. Der besonders schwere Fall der Steuerhinterziehung ist unter anderem gegeben, wenn der Täter in großem Ausmaß Steuern verkürzt (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO). Dies ist der Fall, wenn der Hinterziehungsbetrag die für die Annahme einer Verkürzung in großem Ausmaß maßgebliche Wertgrenze von 50.000 Euro übersteigt.

Die Frist beginnt bei der Veranlagungssteuer (z. B. der Einkommensteuer) zu laufen, sobald der entsprechende Bescheid (Einkommensteuerbescheid) vorliegt. Mit der Abgabe einer falschen Steuererklärung beginnt das Versuchsstadium.

Schwierig ist die Fristenberechnung, in denen weder eine Steuererklärung eingereicht worden ist, noch ein Steuerbescheid vorliegt. In diesen Fällen wird auf einen fiktiven Verlauf abgestellt. Hierbei orientiert man sich daran, wann ein Bescheid wahrscheinlich erlassen worden wäre, wenn der Steuerpflichtige die Steuererklärung fristgerecht eingereicht hätte.

Auch die strafrechtliche Verjährung kann durch bestimmte Ereignisse unterbrochen werden. Dies hat zur Folge, dass die Strafverfolgungsverjährung von neuem beginnt. Die praktisch bedeutsamsten Unterbrechungshandlungen sind:

  • die Bekanntgabe, dass ein Steuerstrafverfahren eingeleitet worden ist (bzw. die Anordnung der Bekanntgabe),
  • die Unterzeichnung von richterlichen Beschlüssen (insbesondere Durchsuchungsanordnungen oder Haftbefehl) sowie
  • die Erhebung der Anklage oder Beantragung eines Strafbefehls im Zeitpunkt des Eingangs bei Gericht.

Die Verlängerung der strafrechtlichen Verfolgbarkeit findet ihre Grenze in der absoluten Verjährung. Die absolute Verjährungsfrist beträgt das Doppelte der regulären Verjährungsfrist, bei der Steuerhinterziehung also bislang zehn Jahre.


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