Die Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung

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Der Täter einer Steuerhinterziehung hat unter besonderen Voraussetzungen die Möglichkeit, eine Bestrafung zu verhindern, indem er den bis dahin unentdeckten Steuerbetrug selbst gegenüber den Steuerbehörden anzeigt, alle steuerpflichtigen Tatsachen nachmeldet und den Schaden begleicht. Diese Besonderheit gibt es nur im Steuerstrafrecht. Für wen bietet sich diese strafbefreiende Selbstanzeige an und mit welchen Risiken ist eine solche Selbstanzeige verbunden? 

Hintergrund zur Steuerhinterziehung

Die Begehungsformen einer Steuerhinterziehung und die Motive der Täter sind vielfältig. Da viele Steuererklärungen nicht nur einmalig abzugeben sind, sondern oftmals jährlich, besteht in vielen Fällen das Problem, dass eine einmal begangene Steuerhinterziehung auch Auswirkungen in den Folgezeiträumen hat. Beispielsweise ist es in der Praxis schwer, ein einmal verschwiegenes Depot im Folgejahr ordnungsgemäß anzugeben, ohne sich dabei eines erhöhten Risikos der Entdeckung der noch nicht verjährten Tat des Vorjahres ausgesetzt zu sehen. Ferner hat der Gesetzgeber erkannt, dass die Entdeckung einer Vielzahl von Taten nur durch die Mitwirkung des Steuerpflichtigen möglich erscheint und bietet diesem die sogenannte „goldene Brücke“ zurück in die Legalität an. 

Erhöhtes Entdeckungsrisiko

Andererseits haben sich die Nachforschungsmöglichkeiten der Finanzverwaltung in den vergangenen Jahren erheblich verbessert, sodass auch bei einem bisher als sicher geglaubten Schlupfloch das Entdeckungsrisiko zunehmend ansteigt. Beispielhaft sind folgende Maßnahmen zu nennen:

  1. Abschluss von internationalen Verträgen zum automatisierten Informationsaustausch auch mit Ländern, die bisher als sogenannte Steueroasen galten
  2. Ankauf von sogenannten Steuer-CDs durch die Finanzverwaltung von Mitarbeitern ausländischer Banken
  3. Leaks und internationale Recherchenetzwerke (z. B. Panama Papers), die unter anderem Modelle zur Steuervermeidung aufdecken
  4. Nutzung von Analyse- und Vergleichstools bei Steuerprüfungen sowie verstärkter Einsatz von Kontrollmitteilungen und ein damit einhergehendes engmaschigeres Fahndungsnetz
  5. Aufweichung des sogenannten Bankengeheimnisses und Pflicht zur Nutzung elektronischer Registrierkassen

Der damit verbundene erhöhte Druck hat zur Folge, dass ein Interesse an der Legalisierung verschwiegener Einkünfte besteht.

Inhaltliche Anforderungen an eine Selbstanzeige

Der Täter einer Steuerhinterziehung muss die Angaben in einer Art und Weise berichtigen, ergänzen oder nachholen, welche es den Finanzbehörden ohne größere Ermittlungen ermöglicht, die zutreffende Steuer zu ermitteln oder festzusetzen. Bei einfachen Sachverhalten erscheint dies noch als ohne weiteres möglich. 

Der Fall Hoeneß hat jedoch gezeigt, dass dies bei komplexen Einkünften mit enormen Schwierigkeiten verbunden sein kann. Hierzu zählt in der jüngeren Vergangenheit die richtige Ermittlung von Gewinnen aus Geschäften mit Bitcoin und anderen Kryptowährungen. Aufgrund der Eigenart der Selbstanzeige ist die Möglichkeit einer Verständigung mit den Finanzbehörden in diesem Bereich verschlossen.

Eine nicht diesen Anforderungen entsprechende Anzeige schlägt fehl und hat dann allenfalls noch strafmildernde Wirkung.

Die wichtigsten Voraussetzungen und Anforderungen an eine Selbstanzeige sind:

  • Vollständigkeit: Die Selbstanzeige muss alle unverjährten Steuerstraftaten, mindestens die Steuerstraftaten innerhalb der letzten zehn Jahre, umfassen.
  • Kein Sperrgrund: Es darf noch kein Sperrgrund bei Abgabe der Selbstanzeige vorliegen. Das sind insbesondere die Tatentdeckung, die Bekanntgabe der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens und die Bekanntgabe einer Betriebsprüfungsanordnung.
  • Schadensbeseitigung: Die hinterzogenen Steuern und Nebenleistungen (wie Zinsen) müssen nachbezahlt werden.

Bereits die Bestimmung des zu korrigierenden Tatzeitraums kann je nach Ausgangslage mit Schwierigkeiten verbunden sein. Die Einhaltung der Voraussetzung der Vollständigkeit der Selbstanzeige kann dann in manchen Fällen nur durch eine Hinzuschätzung erreicht werden.

Für welche Steuern kann eine Selbstanzeige eingereicht werden?

Die Selbstanzeige kommt für alle Steuerarten und für alle Formen der Begehung der Steuerhinterziehung infrage. Stellt man fest, dass mögliche Falschangaben oder ein Unterlassen der Abgabe einer Steuererklärung aus Versehen und ohne jeglichen Vorsatz erfolgt ist, dann sollten die Formalien einer Selbstanzeige eingehalten werden, da die Finanzverwaltung vergleichsweise schnell dazu neigt, einen entsprechenden Vorsatz zu unterstellen. Die Selbstanzeige dient in diesen Fällen der Sicherheit.

Keine strafbefreiende Selbstanzeige bei Sperrgrund!

Die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige entfällt, wenn ein sogenannter Sperrgrund gemäß § 371 Abs. 2 AO vorliegt. Wichtigste Sperrgründe sind der Beginn einer Steuerprüfung oder das bereist ein Strafverfahren eingeleitet ist. Das Entdeckungsrisiko hinsichtlich der Steuerhinterziehung hat sich in diesem Zeitpunkt bereits erheblich konkretisiert. Wenn dem Täter einer Steuerhinterziehung oder seinem Vertreter eine Prüfungsanordnung oder die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens bekannt gegeben worden ist, dann ist insoweit die strafbefreiende Selbstanzeige ausgeschlossen. 

Steuerarten oder Zeiträume, die nicht von der Prüfungsanordnung umfasst oder dem Ermittlungsverfahren betroffen sind, werden nicht gesperrt, sodass eine Selbstanzeige für die Bereiche möglich bleibt. Erfolgt vor Versendung der Prüfungsanordnung zunächst eine telefonische Ankündigung und Terminabstimmung kann in der Regel noch eine vollständig strafbefreiende Selbstanzeige erfolgen. Es ist dann äußerste Eile geboten!

Werden die Steuerprüfung oder das Ermittlungsverfahren ohne Ergebnis und ohne Entdeckung der Tat abgeschlossen, lebt die Möglichkeit der Selbstanzeige wieder auf.

Die Nachzahlungspflicht im Falle einer Selbstanzeige

Da die Möglichkeit der Selbstanzeige auf einem fiskalischen Interesse des Staates beruht, ist weitere Voraussetzung für das nachträgliche Entfallen der Strafbarkeit die Nachzahlung der hinterzogenen Steuern, einschließlich festgesetzter Zinsen innerhalb einer von den Behörden hierfür gesetzten Frist. Die Nachzahlungsfrist wird von den Steuerbehörden bestimmt und liegt regelmäßig zwischen 1 Monat und 6 Monaten.

Umfang der nachträglichen Strafbeseitigung

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass sich die strafbefreiende Wirkung lediglich auf Steuerstraftaten erstreckt. Hat der Täter daneben weitere Straftaten begangen (beispielsweise eine Urkundenfälschung durch Fälschung von Belegen) oder drohen disziplinarrechtliche Konsequenzen, bleibt die Möglichkeit einer Bestrafung in dieser Hinsicht weiter bestehen.


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