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Differenzbesteuerung: Für wen gilt diese Sonderform der Umsatzbesteuerung?

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Differenzbesteuerung: Für wen gilt diese Sonderform der Umsatzbesteuerung?

Experten-Autor dieses Themas

Wer in Deutschland Einnahmen – auch ohne Gewinnabsicht – durch eine gewerbliche oder selbstständige Tätigkeit erzielen möchte, ist dem Umsatzsteuergesetz (UStG) unterlegen. In § 25a UStG ist ein besonderer Fall der Besteuerung geregelt: die Differenzbesteuerung. Durch diese Regelung soll einer Mehrfachbesteuerung entgegengewirkt werden. Doch wie genau funktioniert die Differenzbesteuerung? 

Diese Form der Besteuerung hat sich in Bezug auf die Umsatzsteuer vor allem bei Gebrauchtwaren bewährt, da hier ja schon einmal die Umsatzsteuer in voller Höhe zum Tragen kam. Dabei wird beim Rechtsgeschäft des Unternehmers nicht der tatsächliche Umsatz, sondern nur die Differenz aus Ein- und Verkaufspreis umsatzrechtlich besteuert.  

Hat ein Unternehmer also beispielsweise einen Gegenstand für 1000 Euro von einer Person gekauft und veräußert diesen später für 1500 Euro, fällt nur für die Differenz – hier in Höhe von 500 Euro – die Umsatzsteuer an. Umgangssprachlich wird dies auch Margenbesteuerung genannt, weil hier nur die Marge, also die Gewinnspanne, besteuert wird. 

Voraussetzungen für die Differenzbesteuerung

Die erste und wichtigste Voraussetzung zur Geltendmachung der Differenzbesteuerung ist, dass der Wiederverkäufer ein gewerblicher und damit umsatzsteuerpflichtiger Unternehmer ist. Privatpersonen, Freiberufler oder Kleinunternehmer können von dieser Regelung keinen Gebrauch machen. Das Umsatzsteuergesetz definiert den Begriff Wiederverkäufer als eine Person, die „gewerbsmäßig mit beweglichen körperlichen Gegenständen handelt oder solche Gegenstände im eigenen Namen öffentlich versteigert“. Dabei werden also grundsätzlich Gebrauchtgegenstände erworben und später im eigenen Namen wieder veräußert – oftmals nach einer Reparatur oder Instandsetzung des gebrauchten Artikels, um später einen höheren Verkaufspreis zu erzielen. Aber auch völlig neue Gegenstände können differenziert besteuert werden, wenn der Wiederverkäufer diese von Privatpersonen oder Kleinunternehmern – also von Personen, die nicht vorsteuerabzugsberechtigt sind – erworben hat und im eigenen Namen gewerblich weiterveräußert. 

Eine weitere Voraussetzung ist, dass der Kauf bewegliche Sachen betrifft. Dazu gehört im Grunde alles, was Sie einfach und problemlos bewegen können. Im Gegensatz dazu sind unbewegliche Sachen zum Beispiel Immobilien oder Gebäude mit fest verankerten wesentlichen Bestandteilen. Außerdem muss der unternehmerische Käufer die Sachen von einem Verkäufer erwerben, der im Inland beziehungsweise innerhalb der EU im übrigen Gemeinschaftsgebiet wohnhaft ist. 

Zusammengefasst sind die Voraussetzungen: 

  • der Wiederverkäufer handelt gewerblich 

  • der Ankauf erfolgt ohne Vorsteuerabzug 

  • die gekaufte Sache muss beweglich sein 

  • der Verkäufer muss im Inland oder innerhalb der EU wohnen 

Hinweis auf Differenzbesteuerung 

Wichtig: Wird beim Wiederverkauf die Differenzbesteuerung vorgenommen, muss in der Rechnung explizit darauf hingewiesen werden, dass keine abzugsfähige Umsatzsteuer ausgewiesen wird. Dazu reicht eine gut sichtbare Erwähnung wie zum Beispiel „Die Umsatzsteuer wird nicht separat/extra/getrennt ausgewiesen“, oder: „Für die Rechnungsposition XY gilt die Sonderregelung der Differenzbesteuerung gemäß § 25a Umsatzsteuergesetz.“ 

Was gilt bei der Differenzbesteuerung im Handel mit Gebrauchtwagen?

Der Ankauf von Neuwagen kommt im Autohandel eher selten vor. Deshalb bietet sich hier die Differenzbesteuerung besonders an, weil viele Autohändler Kraftfahrzeuge von Privatpersonen oder nicht vorsteuerabzugsberechtigten Personen ankaufen oder auch in Zahlung nehmen und dann – nach Instandsetzung oder Überarbeitung – weiterverkaufen.  

Zu beachten ist dabei jedoch: Wenn nach einem Ankauf eines Gebrauchtwagens dieser später in Einzelteilen weiterverkauft wird – das ist beispielsweise beim sogenannten Ausschlachten oft der Fall –, kommt die Differenzbesteuerung nicht zur Anwendung. Ebenso zählen Kosten, die nach dem Erwerb des Fahrzeuges, wie beispielsweise durch eine Reparatur oder eine Aufbereitung anfallen, nicht mit zur Differenzbesteuerung. Und auch für Fahrzeuge, die der Unternehmer privat und nicht gewerblich erworben hat, darf beim Weiterverkauf die Differenzbesteuerung nicht angewendet werden. 

Beispiel für die Differenzbesteuerung

In Berlin kauft der Autohändler A aufgrund einer Kleinanzeige vom Verkäufer V einen Gebrauchtwagen in gutem Zustand. Der Verkäufer V ist Privatperson und ist deshalb nicht vorsteuerabzugsberechtigt.  

Die Parteien einigen sich und schließen einen Kaufvertrag über einen Verkaufspreis in Höhe von 10.000 Euro. Der Autohändler A erneuert das Lenkrad und die Bezüge, bessert Lackschäden aus und bereitet den Gebrauchtwagen auf. Dadurch verkauft er das Kraftfahrzeug kurz darauf an Kunde K für 15.000 Euro weiter. Die Gewinnspanne beziehungsweise Differenz liegt also bei 5000 Euro. Weil der Verkäufer V eine Privatperson war, kommt beim Weiterverkauf an Kunde K die Differenzbesteuerung zum Tragen. Es muss also nur auf die Differenz in Höhe von 5000 Euro Umsatzsteuer abgeführt werden (5000 Euro x 19 % ÷ 119). 

Die Berechnung der Differenzbesteuerung aus unserem Beispiel Auto-Wiederverkauf 

Rechnung mit Differenzbesteuerung: 

Einkaufspreis:

10.000 Euro

Verkaufspreis:

15.000 Euro

Differenzbetrag (Gewinnspanne)

5000 Euro

Umsatzsteuer i. H. v. 19 % (auf den Differenzbetrag)

798 Euro

Dieselbe Rechnung ohne Differenzbesteuerung: 

Einkaufspreis:

10.000 Euro

Verkaufspreis:

15.000 Euro

Umsatzsteuer i. H. v. 19 % (auf den gesamten Verkaufsbetrag)

2395 Euro

In unserem vorgenannten Beispiel hat der Autohändler A durch die Möglichkeit der Differenzbesteuerung so 1597 (2395 – 798) Euro weniger Umsatzsteuer als bei der Regelbesteuerung zu zahlen. Die Nutzung dieser Sonderregelung klingt erst einmal relativ unkompliziert. Jedoch muss der Autohändler A beim Ankauf von Fahrzeugen nicht nur die Voraussetzungen für eine Differenzbesteuerung erfüllen.

Er hat zudem auch durch Einsichtnahme in Papiere, Vollmachten und Identitätsnachweise zu prüfen, ob der Verkäufer des Kraftfahrzeuges auch der letzte Halter desselben war. So kann er feststellen oder zumindest vermuten, ob der Verkäufer als Privatperson oder als gewerblicher Verkäufer handelt. 

Rechtsfall zur Differenzbesteuerung

Im vorliegenden Fall (Aktenzeichen: 5 K 1414/18 U) klagte ein Autohändler gegen das Finanzamt. Im Jahr 2016 musste er sich einer Steuerprüfung seiner letzten beiden Geschäftsjahre durch den Beklagten (Finanzamt) unterziehen.  

Im Abschlussbericht der Prüferin vor Ort wies diese darauf hin, dass viele der vom Kläger sehr günstig angekauften Gebrauchtwagen von Privatpersonen auf einer bekannten Autobörse erworben wurden. Bei den Ankäufen der Kraftfahrzeuge machte der Kläger Gebrauch von vorgefertigten Musterkaufverträgen. Jedoch bezweifelte die Steuerprüferin, dass tatsächlich auch alle Verkäufer auf der bekannten Autobörse als Privatpersonen agierten. Vielmehr vermutete sie, dass eine große Anzahl der scheinbaren Privatverkäufer nicht registrierte gewerbliche Händler waren.  

Aus diesem Grund sprach die Steuerprüferin dem Autohändler für einen Teil der betroffenen Umsätze die Anwendung der Differenzbesteuerung ab. Sie begründete die Entscheidung damit, dass in den dem Autohändler zur Last gelegten Fällen die Verkäuferdaten nicht mit den letzten Halterdaten übereingestimmt hätten. Auch eine Vollmacht, wie sie bei einem Verkauf durch Nachbarn, Familie oder Freunde üblich ist, lag in keinem der Fälle vor. Selbst auf die Vorlage eines Passes oder eines anderen Ausweisdokumentes verzichtete der Autohändler. Die Prüferin warf dem Autohändler vor, dass er aufgrund fehlender Vollmachten, sehr günstiger Verkaufspreise und nicht geprüfter Halterdaten in Betracht hätte ziehen müssen, dass die Verkäufer in diesen Fällen nicht mehr als Privatpersonen, sondern als gewerbliche Verkäufer in Erscheinung traten.  

Ferner stellte sich bei der Steuerprüfung heraus, dass zu 22 Fahrzeugen keine im Inland zugelassen Fahrgestellnummern ermittelt werden konnten. Aus diesen und weiteren Gründen, die hier zu weit führen würden, wurde die Klage des Autohändlers abgewiesen. Er hatte die Kosten des Verfahrens zu tragen. Als Rechtsmittel wurde die Revision zugelassen. 

Foto(s): ©Adobe Stock/Nebojsa

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