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EA HANDELS- UND BETEILIGUNGS-GMBH in Leipzig: Illegale Einlagengeschäfte in Form von Nachrangdarlehen ?

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Aktuelles

Es mehren sich Beschwerden gegen die Betreiber vorbenannter Gesellschaft in Leipzig, weil die Darlehen - häufig aus 2014 - nicht zurückgezahlt werden. Investoren haben uns gefragt wie damit umzugehen ist.  Wir haben die Nachrangklausel geprüft und halten diese für unwirksam. Deswegen dürften es sich um illegale Einlagengeschäfte handeln, weil eine Banklizenz hierfür fehlt.

Der Gesetzeswortlaut im KWG lautet:

(...)

§1 KWG

(1) Kreditinstitute sind Unternehmen, die Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreiben, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Bankgeschäfte sind 

1.die Annahme fremder Gelder als Einlagen oder anderer unbedingt rückzahlbarer Gelder des Publikums, sofern der Rückzahlungsanspruch nicht in Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen verbrieft wird, ohne Rücksicht darauf, ob Zinsen vergütet werden (Einlagengeschäft),....

(...)

Die von der GmbH angenommenen Gelder zur Unternehmensfinanzierung könnten unbedingt rückzahlbar und daher illegale gewerbsmäßige Einlagengeschäfte nach §§1Abs.1 Nr.1, 32 Abs.1 KWG sein. Die GmbH dürfte dabei auch als erlaubnisbedürftiges Kreditinstitut anzusehen sein. Nach BGH VI ZR 339/04 gilt Folgendes:

(...)

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die ........ GmbH schon aufgrund ihrer durch die Rechtsform begründeten Kaufmannseigenschaft gemäß § 6 HGB einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb unterhalten musste (vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fülbier, aaO, § 1 Rn. 19; Reichauer, KWG, Erg.-Lfg. 2/04, § 1 Rn. 26) und zudem bereits kraft Gesetzes zur ordnungsgemäßen Buchführung und zur Erstellung eines Jahresabschlusses verpflichtet war (vgl. §§ 238 ff. und §§ 242 ff. HGB). 

(...)

Intransparente Nachrangklausel

Die Klausel in §6 der Darlehensbedingungen ist intransparent und hält deshalb der Inhaltskontrolle nicht stand (§ 307 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 BGB). Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragsgegners auch daraus ergeben, dass eine Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Der Verwender muss folglich einerseits die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für ihn keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner soll andererseits ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach seine Rechte feststellen können, damit er nicht von deren Durchsetzung abgehalten wird. Dies gilt auch für die Bestimmungen zu den Hauptleistungspflichten (§ 307 Abs. 3 Satz 2 BGB).

Die verwendeten Vertragsformulare zielen auf den Abschluss qualifizierter Nachrangdarlehen ab. In dem Nachrangdarlehensvertrag werden zunächst die typischen Vertragspflichten eines Darlehens aufgeführt. Die Vermögensanlage wird dahingehend beschrieben, dass der Kunde der Gesellschaft einen bestimmten Anlagebetrag für eine feste Laufzeit gegen Zahlung von Zinsen überlässt, wobei die Zinszahlung monatlich nachträglich erfolgen soll. Der Anlagebetrag soll durch eine monatlich mit den Zinszahlungen und einer einmaligen Schlusszahlung am Ende der Laufzeit zurückgeführt werden (§1 Ziffern 3 bis 5).

Fehlende Bestimmtheit der Insolvenzgründe                   Soweit im ersten Satz „Zur Vermeidung der Überschuldung oder eines sonstigen Insolvenzgrundes der Darlehensnehmerin…“  ist damit einem durchschnittlichen, juristisch nicht vorgebildeten Verbraucher nicht hinreichend klar und deutlich, welche Sachverhalte diese Klausel erfassen soll. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein durchschnittlicher Vertragspartner des Klauselverwenders ohne den Hinweis auf die Vorschriften der InsO, die jeweils eine Legaldefinition der genannten Insolvenzgründe enthalten, die Klausel aus sich heraus versteht. Deswegen ist wegen der beiden nicht näher benannten Insolvenzgründe drohende- und Zahlungsunfähigkeit sowie der fehlenden Nennung der Vorschriften §§17 und 19 InsO unklar, was mit der Formulierung gemeint ist.


Fehlender Transparenz in Bezug auf gesteigertes Risiko


§6 enthält einen Rangrücktritt verbunden mit einer vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre in der Form, dass Zahlungen auf Forderungen des Kunden lediglich aus künftigen Gewinnen, Liquidationsüberschüssen oder aus einem die sonstigen Verbindlichkeiten übersteigenden Vermögen der Gesellschaft zu leisten sind.  Die Verwendung einer derart qualifizierten Nachrangabrede in einem Darlehensvertrag verleiht dem darlehenshalber überlassenen Betrag den Charakter von Risikokapital. Sie kann dazu führen, dass sämtliche Ansprüche des Darlehensgebers aus dem Darlehen dauerhaft nicht durchsetzbar sind. Zugleich bewirkt sie eine Wesensänderung der Geldhingabe vom bankgeschäftstypischen Darlehen mit unbedingter Rückzahlungsverpflichtung hin zur unternehmerischen Beteiligung mit einer eigenkapitalähnlichen Haftungsfunktion. Das Darlehenshalber überlassene Geld wird zu wirtschaftlichem Eigenkapital und dient den nicht im Rang zurückgetretenen Gläubigern als Haftungsgegenstand. Dem Darlehensgeber wird ein unternehmerisches Verlustrisiko auferlegt, das an sich nur das Eigenkapital trifft, ohne dass ihm zugleich die korrespondieren den Informations- und Mitwirkungsrechten eingeräumt würden, die es ihm ermöglichten, Einfluss auf die Realisierung dieses Risikos zu nehmen, insbesondere verlustbringende Geschäftstätigkeiten zu beenden, bevor das eingebrachte Kapital verbraucht ist Mit einer solchen vertraglichen Gestaltung werden aus Sicht des Darlehensnehmers die Vorteile des Fremdkapitals (insbesondere keine Gewinn- und Vermögensbeteiligung, kein Einfluss auf die Unternehmensführung und keine sonstigen Mitwirkungs- und Informationsrechte) mit den Vorteilen des Eigenkapitals (Beteiligung am unternehmerischen Risiko, keine Insolvenzantragspflicht bei fehlender Möglichkeit der ohnehin verbotenen Rückzahlung) verknüpft. Für den Darlehensgeber bedeutet dies, dass das von ihm übernommene Risiko in gewisser Hinsicht sogar über das unternehmerische Risiko eines Gesellschafters hinausgehen kann. Während die Organe der GmbH oder der Aktiengesellschaft die Gesellschafter- bzw. Hauptversammlung einberufen müssen, wenn es zu einem Verlust des hälftigen Stamm- bzw. Grundkapitals gekommen ist (§ 49 Abs. 3 GmbHG, § 92 Abs. 1 AktG), und es sodann den Kapitalgebern überlassen ist zu entscheiden, ob sie die Geschäftstätigkeit gleichwohl fortsetzen und damit riskieren wollen, auch noch die zweite Hälfte des eingebrachten Kapitals aufzubrauchen, hat der Nachrangdarlehensgeber keine derartigen Informations- und Entscheidungsbefugnisse.

Diese mit der Verwendung der streitgegenständlichen Rangrücktritts-klausel verbundenen besonderen Risiken erschließen sich einem durchschnittlichen Privatanleger ohne juristische und kaufmännische Vorbildung nicht. Insbesondere die weitreichenden Auswirkungen der vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre werden nicht hinreichend deutlich erläutert. Die Bestimmung macht nicht ausreichend klar und verständlich erkennbar, dass der Darlehensgeber mit der Vermögens-anlage ein über das allgemeine Insolvenzausfallrisiko hinausgehendes unternehmerisches Risiko übernimmt, dessen Realisierung er mangels Mitwirkungs- und Kontrollrechten in keiner Weise beeinflussen kann. Aufgrund der vor der Rangrücktrittsklausel befindlichen Bestimmungen zur festen Laufzeit und zu den monatlichen Zins- und Tilgungsleistungen tritt für die angesprochenen Verkehrskreise auch nicht hinreichend deutlich zutage, dass es zu einer dauerhaften Aussetzung jeglicher Zahlung bzw. Totalverlust kommen kann.

Unklare Bedingung              Soweit im vorletzten Satz eine Zahlung unter dem Vorbehalt steht, dass diese "einen Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Darlehensnehmerin herbeiführen würde", ist damit einem durchschnittlichen, juristisch nicht vorgebildeten Verbraucher nicht hinreichend klar und deutlich, welche Sachverhalte diese Klausel erfassen soll. Insbesondere vermag ein durchschnittlich gebildeter Verbraucher dies auch mit Blick auf die Bestimmungen der §§ 17 bis 19 InsO nicht hinreichend klar und unzweifelhaft klären. Diese Vorschriften enthalten verschiedene sich im Einzelnen unterscheidende Insolvenzeröffnungsgründe. Allein der Eröffnungsgrund der Über-schuldung (§19Abs. 1InsO) regelt in §19Abs.2,Satz 2 InsO Nachrang-verbindlichkeiten. Die drohende Zahlungsunfähigkeit ist nur dann ein Eröffnungsgrund, wenn der Schuldner die Eröffnung des Insolvenz-verfahrens beantragt (§ 18 Abs. 1 InsO). Hinsichtlich der Zahlungs-unfähigkeit als allgemeinem Eröffnungsgrund (§ 17 Abs. 1 InsO) kommt es nach der gesetzlichen Formulierung auf einen Rangrücktritt nicht an. Auf dieser Grundlage ist mit dem nicht näher erläuterten Hinweis auf einen "Grund" unklar, ob sämtliche Eröffnungsgründe gemeint sind. 


Folgen

Eine unwirksame Nachrangkleusel bedeutet, dass ein Einlagengeschäft vorliegt.  Da hier davon auszugehen ist, dass dieses Bankgeschäft gewerbsmäßig durchgeführt wurde und auch eine Banklizenz fehlt, dürfte ein verbotenen Einlagengeschäft nach §32 KWG vorliegen. Verstöße gegen diese Verbotsnorm haben drittschützenden Charakter was bedeutet, dass Investoren hieraus zivilrechtliche Schadensersatzansprüche in Höhe ihrer Einzahlungen herleiten könnten. 

Wer haftet?

Es haften immer die Organe einer handelnden juristischen Person in Höhe der angenommenen Darlehen. Hätten diese vor Annahme dieser unbedingt rückzahlbaren Gelder die BaFin gefragt, dann wären sie entsprechend informiert worden über deren Illegalität. Zusätzlich haften auch noch die Bürgen für diese Darlehen gegenüber den Investoren. 

Achtung

Verjährung tritt erst 10 Jahre nach Darlehensvertragsabschluss ein, da keiner der Investoren von der Illegalität bzw. der fehlendenden Banklizenz bei Vertragsschluss gewusst haben dürfte.

Weiteres

Gleichzeitig sind in den Depots unserer Mandanten Darlehensverträge an die insolvente Energie Autark GmbH, Verträge für nachrangige Genussrechte an der insolventen Primus Werte Energie AG und Verträge für Investments in ein Klärschlammverarbeitungsbetrieb vorzufinden.

REIME Rechtsanwalt – die Kanzlei

Wir vertreten und beraten Investoren und haben uns zu den Hintergründen und potentiellen Haftungsgegnern eine umfassende Expertise erarbeitet.  Investoren sollten die taggenaue 10-jährige Verjährungsfrist nicht aus den Augen verlieren.

Gerade jetzt ist eine realistische Einschätzung der rechtlichen und wirtschaftlichen Ausgangslage für jeden Investor wichtig. Das können Sie durch Kontaktaufnahme mit uns in einem freundlichen Telefonat erreichen. Aber auch kurzfristige Besprechungstermine bei uns oder an jedem anderem Ort sind möglich. Wenden Sie sich einfach jederzeit per Telefon, Email, Fax oder Brief  an uns oder kommen Sie einfach unverhofft vorbei.

Ihr Erstkontakt mit uns ist generell kostenfrei.
Setzen Sie sich gern mit uns in Verbindung:

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