Ehegattentestament und Berliner Testament - Was Sie wissen müssen

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Neben dem „normalen“ Testament, durch das eine Person ihre Erbfolge selbst regeln kann, gibt es auch die Möglichkeit, als Ehegatten gemeinschaftlich den gemeinsamen Nachlass zu regeln. Meistens mit dem Ziel, durch ein Ehegattentestament den eigenen Partner erblich so zu begünstigen, dass dessen Auskommen für den Fall des eigenen Todes sichergestellt ist. Aber auch darüber hinaus lässt sich durch ein gemeinschaftliches Ehegattentestament die Erbfolge und die erbliche Begünstigung der gemeinsamen Kinder regeln. Eine Sonderform des Gemeinschaftlichen Ehegattentestamentes ist das sogenannte Berliner Testament.

Im folgenden Rechtstipp erfahren Sie:


  • Wie ein gemeinschaftliches Ehegattentestament funktioniert

  • Welche Arten von Ehegattentestamenten es gibt

  • Was bei der Errichtung zu beachten ist

  • Was die Besonderheit beim Berliner Testament ist

  • Wie man ein Ehegattentestament oder ein Berliner Testament ändern oder widerrufen kann

  • Wie man ein Ehegattentestament oder ein Berliner Testament anfechten kann

  • Was im Scheidungsfall passiert


Wie funktioniert ein gemeinschaftliches Ehegattentestament?


Eheleute können gemäß § 2265 BGB eine gemeinsame letztwillige Verfügung errichten, in der sie abweichend von der gesetzlichen Erbfolge einander besonders begünstigen. Auf diese Weise die Bildung einer Erbengemeinschaft verhindert werden, und beide Eheleute können den Partner für den Fall ihres eigenen Todes finanziell absichern. Ein Ehegattentestament kann einseitig (also nur durch einen Partner) oder wechselseitig errichtet werden. Gerade, wenn ein Ehepartner nach dem Tode des Anderen wirtschaftlich bedroht würde, da etwa das eigene Haus unweigerlich verkauft werden müsste, ist eine solche Lösung sinnvoll. Ein Nachteil des Ehegattentestamentes ist, dass nach Eintreten des Erbfalles der überlebende Partner an die testamentarischen Bestimmungen gebunden bleibt, auch wenn er beispielsweise neu heiraten möchte.


Welche Arten von Ehegattentestamenten gibt es?


Es gibt drei Möglichkeiten, wie eng die Willenserklärung der Eheleute mit einander verflochten und wie leicht bzw. schwierig eine Änderung derselben damit wird:


A. Gleichzeitig gemeinschaftliches Testament: Die Ehepartner errichten gleichzeitig ihre Testamente, die somit als gemeinsame Willenserklärung funktionieren. Diese können dann auch unabhängig voneinander geändert werden.


B. Gegenseitiges Testament: Die Ehepartner sprechen sich bei Errichtung ihrer Testamente dahingehend ab, einander erblich zu begünstigen. Die Testamente sind dadurch inhaltlich einander verbunden, aber nicht voneinander abhängig.


C. Wechselbezügliches Testament: Die Ehepartner errichten gemeinsam ein Testament, in dem alle Bestimmungen als gemeinsame Willenserklärung formuliert werden, und für beide Ehepartner bindend sind. Setzen die Ehepartner einander hierbei gegenseitig als Alleinerben ein, spricht man von einem Berliner Testament.


Was ist bei der Errichtung eines Ehegattentestamentes zu beachten?


Für ein Ehegattentestament gelten dieselben Formvorschriften wie für ein normales Testament:

Es muss die vollen Namen von Verfasser und Begünstigten enthalten, leserlich und präzise formuliert, und mit datierter Unterschrift des Verfassers versehen sein. Sowohl privatschriftliche als auch notariell beglaubigte Testamente sind rechtswirksam. Ein privatschriftliches Testament muss allerdings komplett von eigener Hand geschrieben sein.

Bei Ehegattentestamenten gilt es jedoch vor allem, inhaltlich Acht zu geben: Wie hoch ist das Maß der gegenseitigen Abhängigkeit? Was ist, wenn etwas unvorhergesehenes passiert, und die Bestimmungen des Testamentes vielleicht geändert werden müssen? Was, wenn die Kinder im Erbfall ihre Pflichtteile verlangen, und doch noch alles verkauft werden muss?

Um derartige Eventualitäten abzudecken, empfiehlt es sich, sich bei der Testamentserrichtung durch einen Anwalt beraten zu lassen.


Was ist die Besonderheit bei einem Berliner Testament?


Beim Berliner Testament setzen sich, wie gesagt, die Eheleute gegenseitig als Alleinerben ein. Das bedeutet, dass eventuelle gesetzliche Erben nichts vom Nachlass erhalten. Ihre Pflichtteilsansprüche bleiben jedoch bestehen. Gerade, wenn aus der Ehe Kinder hervorgegangen sind, wird die Errichtung eines Berliner Testamentes komplizierter: Eine reine Alleinerben-Regelung gleicht einer Enterbung der Kinder. Verlangen diese ihren Pflichtteil, können sie damit unter Umständen die Intention hinter dem Testament wieder zunichte machen. Man kann aber im Rahmen eines Berliner Testamentes auch die Kinder durch eine Zusatzklausel als Schlusserben einsetzen. Das bedeutet, man regelt nicht bloß, was im Todesfall des ersten Ehepartners passiert (der überlebende Ehepartner ist Alleinerbe), sondern auch was im Todesfall des zweiten Ehepartners passiert (die Kinder erben als Schlusserben das Gesamtvermögen, zu gleichen Teilen oder in einem bestimmten Verhältnis).

Um dies alles formgerecht zu bewerkstelligen, sollte man unbedingt vor der Errichtung eines Berliner Testamentes eine anwaltliche Beratung in Anspruch nehmen.

Das Berliner Testament kann inform von zwei gleichlautenden Testamenten, oder als ein wechselbezügliches Testament in der „Wir“-Form errichtet werden.

Mehr zum Thema Berliner Testament erfahren Sie hier.


Wie kann man ein Ehegattentestament oder Berliner Testament ändern oder widerrufen?


Hier wird es kompliziert, denn die Änderbarkeit eines Ehegattentestamentes hängt stark davon ab, wie dieses gestaltet ist. Einseitige Verfügungen (gleichzeitige oder gegenseitige Testamente) können jederzeit vom Verfasser geändert oder widerrufen werden. Wechselseitige, und damit bindende Verfügungen (wie z.B. ein Berliner Testament) können jedoch nur von beiden Verfassern zugleich – oder jedenfalls nur einvernehmlich, also mit der Zustimmung beider Verfasser – geändert oder widerrufen werden. Hierzu werden Streichungen, Änderungen oder Ergänzungen eingefügt, datiert und mit beiden Unterschriften bestätigt. Für grundsätzliche Änderungen vernichtet man einfach das Testament und errichtet ein Neues. Befindet sich das Testament in amtlicher Verwahrung, genügt die Rückforderung, um es ungültig zu machen. All dies ist jedoch nur einvernehmlich möglich.


Eine wechselseitige Verfügung einseitig aufzukündigen, ist nur über einen Notar möglich, und auch dies nur vor Eintreten des Erbfalles, also solange beide Eheleute noch leben. Danach ist die Verfügung bindend, sofern keine spezielle Änderungsklausel eingefügt ist, die etwas anderes besagt.

Dann kann man nur noch das testamentarisch vereinbarte Erbe ausschlagen, oder versuchen, das Testament anzufechten.


Wie kann man ein Ehegattentestament oder Berliner Testament anfechten?


Erbberechtigte oder Pflichtteilsberechtigte können binnen eines Jahres nach Erbfall ein Testament anfechten, in dem sie beim zuständigen Nachlassgericht Klage einreichen. Diese muss jedoch stichhaltig begründet werden. Mögliche Anfechtungsgründe sind etwa, dass ein Verfasser über den Inhalt des Testamentes getäuscht oder zur Zustimmung gezwungen wurde, oder ihm ein Erb- oder Pflichtteilsberechtiger zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung unbekannt oder noch nicht geboren war. Falls das Gericht die Anfechtungsklage akzeptiert, wird das Testament ungültig, und es tritt stattdessen die gesetzliche Erbfolge in Kraft. Wird die Klage abgewiesen, bleibt dem Erbberechtigten nur noch, das Erbe auszuschlagen, bzw. den Pflichtteil zu verlangen.


Was passiert im Scheidungsfall?


Ehegattentestamente basieren auf der Voraussetzung der gemeinsamen Ehe. Wenn diese geschieden wird, werden wechselseitige Ehegattentestamente damit automatisch unwirksam. Vorsicht ist geboten bei einfachen Testamenten, in denen der Ehepartner begünstigt wird. Diese werden nur dann ungültig, wenn aus der Formulierung hervorgeht, dass der Verfasser seinen Ehepartner basierend auf der Tatsache der gemeinsamen Ehe begünstigt.

Konkreter: Wenn im Testament steht: „Meine geliebte Ehefrau Annette Schmidt erhält die Hälfte meines Vermögens“ wird dieser Passus bei Scheidung ungültig. Steht dort hingegen: „Frau Annette Schmidt, geborene Meyer, erhält die Hälfte meines Vermögens“ bezieht sich die Formulierung auf die Person Annette Schmidt, unabhängig von der Tatsache der gemeinsamen Ehe. Ein solcher Passus gilt auch bei Scheidung fort, und muss selbständig geändert werden.


Weitere Informationen zum Thema Ehegattentestament erhalten Sie auch hier.


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