Eigenbedarfskündigung – was Sie als Vermieter beachten sollten

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Der Vermieter kann dem Mieter einer Wohnung ordentlich kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietvertrages hat (§ 573 Abs. 1 BGB).

Ein berechtigtes Interesse besteht nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB immer dann, wenn der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt (Eigenbedarf).

Wer kann kündigen?

Kündigen kann nur der Vermieter. Ist der Vermieter keine natürliche Person, sondern z. B. eine GmbH, AG oder ein Verein, ist eine Kündigung ebenfalls ausgeschlossen. Nur in Ausnahmefällen kann eine Kündigung auch für den Geschäftsführer erfolgen, wenn die Nutzung der Wohnung aus betrieblichen Gründen dringend erforderlich ist.

Auch für die GbR soll nach der Rechtsprechung des BGH etwas anderes gelten. Ist eine GbR Vermieterin, kann die Kündigung auch auf einen Eigenbedarf eines Gesellschafters gestützt werden, nach dem Urteil des BGH vom 14.12.2016 (Az.: VIII ZR 232/15) sogar auf den Bedarf eines Familienangehörigen des Gesellschafters.

Achtung bei Kauf einer Wohnung zur Eigennutzung: 

Im Kaufvertrag findet sich regelmäßig die Klausel, dass Lasten und Nutzen der Wohnung zu einem bestimmten Zeitpunkt, z. B. mit der Zahlung des Kaufpreises auf den Käufer übergehen. 

Das berechtigt den Käufer aber noch nicht, den Mietvertrag wegen Eigenbedarfs zu kündigen. Eigentümer der Wohnung wird der Käufer erst mit der Eintragung im Grundbuch. Erst damit wird er auch kraft Gesetzes Vermieter und kann eine Eigenbedarfskündigung aussprechen. 

Anders als z. B. bei einer Kündigung wegen Mietrückständen besteht keine Möglichkeit, durch eine Vollmacht oder Ermächtigung des Verkäufers bereits vor der Eintragung im Grundbuch dem Mieter zu kündigen. Da der Verkäufer selbst nicht kündigen kann, da bei ihm kein Eigenbedarf vorliegt, kann er dieses Recht auch nicht auf den Käufer übertragen. 

Für wen kann gekündigt werden?

Die Kündigung kann zur Nutzung durch den Vermieter, dessen Ehegatten oder einen Familienangehörigen erfolgen. Familienangehörige sind die Angehörigen in gerader Linie, d. h. Eltern, Großeltern, Kinder, Enkel, Urenkel; auch Stiefkinder zählen dazu. 

In der Seitenlinie sind Verwandte bis zum 3. Grad erfasst, also Geschwister, Nichten und Neffen sowie Verschwägerte bis zum 2. Grad, also Schwiegereltern, Schwager/Schwägerin etc. Bei weiter entfernten Familienangehörigen kommt es darauf an, ob über die Verwandtschaft hinaus ein besonderes familiäres Verhältnis besteht.

Eine Kündigung ist auch für sonstige „Haushaltsangehörige“ möglich. Hierunter fällt z. B. eine Pflegekraft für den Vermieter.

Lässt sich der Vermieter von seinem Ehegatten scheiden, kann er die Kündigung damit begründen, dass er die Wohnung für den geschiedenen Ehepartner benötigt, wenn hierdurch die räumliche Trennung der geschiedenen Eheleute herbeigeführt werden soll. 

Lebt der geschiedene Ehegatte jedoch bereits in einer anderen Wohnung, dann ist eine Kündigung zu seinen Gunsten nicht möglich, es sei denn, er erzieht gemeinsame Kinder.

Wann kann gekündigt werden?

Kündigungsvoraussetzung ist, dass der Vermieter die Wohnung benötigt. In zeitlicher Hinsicht bedeutet das, dass eine konkrete Nutzungsabsicht in einem engen zeitlichen Zusammenhang zur Kündigung bestehen muss. Eine sog. „Vorratskündigung“, weil man die Wohnung vielleicht irgendwann einmal brauchen könnte, ist unzulässig.

Was ist zum Kündigungsgrund zu beachten?

Das „Benötigen“ der Wohnung erfordert vernünftige nachvollziehbare Gründe für die Nutzungsabsicht. Diese müssen in der Kündigung angegeben werden. Ob die Gründe vernünftig sind, muss im Einzelfall geprüft werden. Das ist z. B. nicht der Fall, wenn der Vermieter die Wohnung nur in größeren Abständen kurzzeitig nutzen möchte.

Ist eine Kündigung auch zur gewerblichen Nutzung der Wohnung möglich?

Der Vermieter kann auch dann kündigen, wenn er die Wohnung zukünftig gewerblich nutzen möchte. Dabei handelt es sich jedoch nicht um Eigenbedarf im engeren Sinne. Bei einer beabsichtigten gewerblichen Nutzung ist daher das berechtigte Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietvertrages von diesem besonders darzulegen. 

Es hat eine Abwägung der Interessen des Mieters und des Vermieters zu erfolgen. Die Interessen des Vermieters überwiegen nur dann, wenn der Fortbestand des Mietvertrages für ihn einen ganz erheblichen Nachteil darstellt, z. B. er andernfalls seine geschäftliche Tätigkeit nicht rentabel durchführen kann.

Kann der Mieter der Kündigung widersprechen?

Die Kündigung ist eine einseitige Erklärung des Vermieters. Für die Wirksamkeit kommt es daher zunächst nicht auf das Verhalten des Mieters an.

Allerdings gibt § 574 BGB dem Mieter die Möglichkeit, einer an sich wirksamen Kündigung zu widersprechen und die Fortsetzung des Mietvertrages zu verlangen, wenn die Beendigung für ihn oder einen Angehörigen eine besondere Härte darstellen würde. 

Eine besondere Härte liegt nach der Rechtsprechung insbesondere dann vor, wenn dem Mieter aufgrund von Alter und Krankheit ein Umzug nicht zugemutet werden kann. Eine besondere Härte kann auch dann gegeben sein, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann. 

Mit zwei Urteilen vom 22.05.2019 (Az.: VIII ZR 180/18 und VIII ZR 167/18) hat der BGH klargestellt, dass es für das Vorliegen einer besonderen Härte keine „Fallgruppen“ gibt und es immer einer sorgsamen Abwägung im Einzelfall bedarf. So kann nicht allein aus einem Hohen Lebensalter und langen Mietdauer auf eine besondere Härte geschlossen werden. 

Insbesondere, wenn Mieter geltend machen, dass ein Umzug zu gesundheitlichen Schäden führen wird, muss das Gericht von Amts wegen ein Sachverständigengutachten einholen. 

Muss der Vermieter Alternativwohnungen anbieten?

Hat der Vermieter eine andere leer stehende Wohnung, muss er diese dem Mieter anbieten. Macht er das nicht, wird die Kündigung zwar nicht unwirksam, jedoch hat der Mieter Anspruch auf Schadensersatz, er kann dann z. B. die Umzugskosten ersetzt verlangen.

Die Anbietpflicht bezieht sich jedoch nur auf Wohnungen im gleichen Haus oder in der gleichen Wohnlage, auch die Wohnungen selbst müssen vergleichbar sein. Die Alternativwohnung muss bis zum Ablauf der Kündigungsfrist leer werden. Wohnungen, die später leer werden, müssen nicht angeboten werden, auch wenn der Mieter die gekündigte Wohnung noch nicht geräumt hat.

Wie lang ist die Kündigungsfrist?

Die ordentliche Kündigung ist spätestens zum 3. Werktag zum Ablauf des übernächsten Monats möglich; in anderen Worten: die Frist beträgt knapp 3 Monate zum Monatsende. Für den Vermieter verlängert sich die Kündigungsfrist nach 5 und 8 Jahren seit Überlassung der Wohnung um jeweils 3 Monate.

In welcher Form muss die Kündigung erfolgen?

Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und die Gründe enthalten, auf die der Eigenbedarf gestützt wird. Andere Gründe können nur berücksichtigt werden, wenn diese nachträglich entstanden sind.

Der Vermieter soll den Mieter darauf hinweisen, dass er bei Vorliegen einer besonderen Härte ein Widerspruchsrecht nach § 574 BGB hat und der Widerspruch schriftlich spätestens 2 Monate vor Ende des Mietverhältnisses erklärt werden muss. Unterlässt der Vermieter die Belehrung, wird die Kündigung zwar nicht unwirksam, der Mieter kann sich jedoch auch noch zu einem späteren Zeitpunkt auf das Vorliegen einer besonderen Härte berufen und der Kündigung widersprechen.

Rechtsanwalt Heinrich von Knorre

Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht


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