Unrenovierte Mieträume – Schönheitsreparaturenklausel unwirksam?

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In den meisten Mietverträgen wird vereinbart, dass die Schönheitsreparaturen Sache des Mieters sind. Doch kann der Vermieter die Schönheitsreparaturen auf den Mieter übertragen, wenn er die Mieträume dem Mieter unrenoviert übergeben hat? Klauseln in Mietverträgen sind in der Regel allgemeine Geschäftsbedingungen, die der gesetzlichen Angemessenheitskontrolle unterliegen.

1. Vermietung von Wohnungen

Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 18.03.2015, Az.: VIII ZR 185/14) ist eine Klausel im Mietvertrag unwirksam, die dem Mieter einer unrenoviert oder renovierungsbedürftig übergebenen Wohnung die Schönheitsreparaturen ohne "angemessenen Ausgleich" auferlegt. 

Was ein "angemessener Ausgleich" ist, hat der BGH allerdings offen gelassen. Es komm wohl im Einzelfall darauf an, in welchem Umfang bei Einzug Renovierungsarbeiten notwendig waren.

Tipp für Vermieter: Wenn Sie die laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter übertragen wollen, dann sollten Sie renovierte Mieträume übergeben, die Vereinbarung eines "angemessenen Ausgleichs" stellt ein schwer zu kalkulierendes Risiko dar.

2. Vermietung von Gewerberäumen

Da die Mieter von Gewerberäumen keine Verbraucher sind, gelten andere Maßstäbe für die Überprüfung der Klauseln im Mietvertrag. Der BGH hat noch nicht entschieden, ob eine wirksame Übertragung der Schönheitsreparaturen bei unrenoviert übergebenen Gewerberäumen ohne "angemessenen Ausgleich" möglich ist. 

Nach einer Entscheidung des OLG Dresden (Beschluss vom 06.03.2019, Az.: 5 U 1613/18) soll auch bei Vermietung von Gewerberäumen die Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter nur dann wirksam sein, wenn diesem dafür ein angemessener Ausgleich gewährt wird. Andernfalls würde eine solche Klausel eine unangemessene Benachteiligung des Mieters darstellen. 

3. Wann gelten Mieträume als unrenoviert?

Unrenoviert oder renovierungsbedürftig sind die Mieträume nicht erst dann, wenn sie übermäßig stark abgenutzt oder völlig abgewohnt sind. Maßgeblich ist, ob die dem Mieter überlassene Mietsache bei Übergabe Gebrauchsspuren aufweist, wobei Gebrauchsspuren außer Acht bleiben, die so unerheblich sind, dass sie nicht ins Gewicht fallen. Es kommt letztlich darauf an, ob die überlassenen Mieträume den Gesamteindruck einer renovierten Mietsache vermitteln.

4. Was gilt bei Vereinbarungen zwischen dem Mieter und dem Vormieter?

Mit Urteil vom 22.08.2018, Az.: VIII ZR 277/16, hat der BGH klargestellt, dass die Schönheitsreparaturenklausel auch dann unwirksam ist, wenn der Mieter mit dem Vormieter eine Vereinbarung getroffen hat, mit der er sich diesem gegenüber verpflichtet, Renovierungsarbeiten in der Wohnung zu übernehmen, die der Vormieter bei Auszug vornehmen müsste.

Im entschiedenen Fall hatte der Mieter mit dem Vormieter vereinbart, dass er die bei Auszug des Vormieters fälligen Schönheitsreparaturen übernimmt, als Gegenleistung für das Überlassen diverser Einrichtungsgegenstände.

Nach Auffassung des BGH entfaltet diese Vereinbarung nur Wirkung zwischen Mieter und Vormieter. Der Vermieter wird dadurch nicht so gestellt, als hätte er eine renovierte Wohnung übergeben.

5. Gilt das alles auch bei Individualvereinbarungen?

Durch eine Individualvereinbarung kann geregelt werden, dass dem Mieter auch bei unrenoviert übergebenen Mieträumen die laufenden Schönheitsreparaturen auferlegt werden. Doch ist hierbei Vorsicht geboten: 

Allein durch die Bezeichnung als "Individualvereinbarung" oder durch eine handschriftliche Einfügung wird eine allgemeine Geschäftsbedingung nicht zur Individualvereinbarung. Vielmehr muss nachgewiesen werden, dass tatsächlich verhandelt wurde und der Mieter auch tatsächlich die Möglichkeit gehabt hätte, die Klausel abzulehnen. Ein solcher Nachweis wird in der Praxis regelmäßig nicht zu führen sein.

Tipp: Gerade bei vorgefertigten Mietvertragsformularen werden oftmals die wirksamen Klauseln über Schönheitsreparaturen durch zusätzliche, vermeintliche "Individualvereinbarungen" unwirksam. Hierauf sollten Vermieter verzichten.

6. Klausel unwirksam - wer muss renovieren?

Der Vermieter muss die Schönheitsreparaturen durchführen. Ist die Schönheitsreparaturenklausel unwirksam greift die gesetzliche Erhaltungspflicht des Vermieters. 

Die Verpflichtung des Vermieters entfällt nicht deshalb, weil der Mieter die unrenovierte Wohnung übernommen und somit als vertragsgemäß akzeptiert hätte (BGH, Urteil vom 08.07.2020, Az.: VIII ZR 163/18).

Allerdings führt die Durchführung der Schönheitsreparaturen zu einer Verbesserung gegenüber dem vertragsgemäßen Zustand, weshalb der Mieter sich an den Kosten beteiligen muss (BGH, Urteil vom 08.07.2020, Az.: VIII ZR 270/18). In der Regel wird der Mieter 50 % zu tragen haben.

Begehrt der Mieter vom Vermieter die Durchführung der Schönheitsreparaturen, kann der Vermieter die Kostenbeteiliegung nach Art eines Zurückebahltungsrechts einwenden. Ist der Vermieter mit den Schönheitsreparaturen in Verzug, kann der Mieter einen Kostenvorschuss verlangen, muss aber dabei seine Kostenbeteiligung in Abzug bringen.

Heinrich von Knorre

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht


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