Eine Vaterschaftsanerkennung statt einer Adoption. Wie vermeidet man Fehler in der Ukraine?

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Ein deutscher Staatsbürger wandte sich an unser Büro und beantragte, sich scheiden zu lassen. Die Ehe wurde in der Ukraine mit einer Ukrainerin geschlossen. Danach beantragte er, die Adoption des Kindes seiner Frau zu kündigen. Dieses Kind wurde 10 Jahre früher geboren, als die Frau nicht verheiratet war.

Die Adoption des Kindes erfolgte auch in der Ukraine nach dem Antrag des Mannes.

Nach dem Durchsehen der Unterlagen, die vom Kunden zur Verfügung gestellt wurden, wurde festgestellt, dass die Entscheidung eines ukrainischen Gerichtes fehlte, die eine Rechtsgrundlage für die Adoption nach Art. 207 des Familiengesetzbuches der Ukraine war.

Die Geburtsurkunde seines „adoptierten“ Sohnes, auf der der Vor- und Nachname des Kindes eines neuen Vaters standen, nannte der Kunde bewusst bis zum letzten Moment die „Adoptionsurkunde“.

Nach Erhalt eines vollständigen Auszuges aus dem Personenstandsregister wurde festgestellt, dass die Rechtsgrundlage für die Eintragung des Kunden als Vater des Kindes nicht die Adoptionstatsache, sondern seine Erklärung über eine Vaterschaftsanerkennung war, die gemäß Art. 126 des Familiengesetzbuches der Ukraine die Grundlage für seine Eintragung als Rechtsvater ist.

Und tatsächlich erlaubt die bestimmte ukrainische Rechtsnorm, auf Antrag einer Frau und eines Mannes, die nicht verheiratet sind, die Herkunft eines Kindes schon nach seiner Geburt festzustellen.

Auf Anordnung des Justizministeriums der Ukraine wurde diese Weise der Vaterschaftsanerkennung auf Fälle angewendet, wenn ein Mann, der mit der Mutter eines Kindes verheiratet ist, seine Vaterschaft freiwillig für ein Kind anerkennt, das vor diesem Datum ohne Fristbegrenzung geboren wurde.

Notwendig dafür sind nur zwei Voraussetzungen: Das Kind wurde nicht in der Ehe geboren und die Eintragung über den Vater des Kindes fehlt im Register.

Was geschah wirklich in diesem Fall?

Mit der Absicht, ihren Wohnort für sich und ihren Sohn aus der Ukraine nach Deutschland zu verlegen, heiratete die Frau einen deutschen Staatsbürger. Nach der Eheschließung bekam sie den Nachnamen ihres Mannes und bat ihn, auch ihrem Kind seinen Nachnamen zuzuweisen.

Es ist aber nicht möglich, nach deutschem Recht einen Nachnamen zu zuweisen.

Es blieb nur die Adoption. Und die Ehefrau bat darum.

Der ehrenhafte und vertrauensvolle Ehemann unterschrieb einen notariellen Antrag auf Vaterschaftsanerkennung, um sie zufrieden zu stellen. Er meinte dabei, dass er auf solche Weise eine Kinderadoption erfüllte.

Das Kind war zum Zeitpunkt seiner Adoption bereits 10 Jahre alt und sein erstes Treffen mit der Mutter des Kindes fand erst ein Jahr vor der Heirat statt.

Bei der Unterzeichnung des Antrages für die Vaterschaftsanerkennung forderte der Notar keine schriftliche Übersetzung des Antrages für den Kunden und stellte die wahren Absichten bezüglich der Tatsache im Antrag des Kunden nicht fest: Vaterschaftsanerkennung oder Adoption eines fremden Kindes.

Der dabei anwesende Dolmetscher übersetzte den Inhalt des Antrags und der Vollmacht auf den Namen seiner Ehefrau nur mündlich.

Alles geschah sehr schnell und mit formeller Beachtung der gültigen Gesetzgebung sowie die nachfolgende Einreichung dieses Antrags von der Ehefrau aufgrund einer solchen Vollmacht vor einem Standesamt.

Es ist auch nicht auszuschließen, dass die mündliche Übersetzung absichtlich so erledigt wurde, um den Rechtsinhalt des Antrags vom Ehemann, der ihn bezüglich des Sohnes der Ehefrau unterzeichnete, zu verheimlichen. Mit der mündlichen Übersetzung ist es aber jetzt fast unmöglich zu bestreiten.

Nachdem eine neue Geburtsurkunde mit der Eintragung eines neuen Vaters und seines Nachnamens erstellt wurde, erhielt der Sohn mit seiner Mutter ein Aufenthaltsrecht in Deutschland und das Kind erhielt auch die Staatsangehörigkeit der neuen Heimat.

Gleich nach dem Umzug nach Deutschland wurden die Familienbeziehungen zunichte gemacht. Der neue „Vater“ erkannte, dass seine „Ehefrau“ ihn einfach ausgenutzt hatte. Und deswegen ist ihm nichts anderes geblieben, als sich scheiden zu lassen.

Wenn es nur um die Ehescheidung ginge, wäre es nur ein halbes Unglück.

Das fremde Kind aber wurde schon gemäß den Unterlagen ein eigenes Kind des Ehemannes, mit entsprechenden Rechtsfolgen und -pflichten, darunter mit dem Recht auf Unterhalt und Erbschaft.

Wenn eine Adoption eines Kindes eine Aufnahme des Kindes in die Familie der Adoptierenden mit den Rechten einer Tochter oder eines Sohnes ist, versteht man unter der Vaterschaftsanerkennung die Bestätigung der Herkunft des Kindes von seinem wirklichen (genetischen) Vater.

Eine adoptierende Person kann auch nach ukrainischem Recht als Vater des Kindes eingetragen werden, was die Offenlegung der Adoption ausschließt, und ihren Nachnamen dem Kind zuweisen.

Die Rechte und Pflichten eines Vaters bezüglich eines Adoptivkindes stimmen meistens mit Rechten und Pflichten eines genetischen Vaters überein. Es gibt aber wenige Ausnahmen, darunter die Grundlagen für die Kündigung der Adoption.

Die Kündigung der Adoption in der Ukraine ist unter Bedingung möglich, wenn die Beziehungen zwischen dem Adoptierenden und des Kindes entstehen, die ihr Zusammenleben unmöglich machen.

Solche Beziehungen entstehen in der Regel auch im Fall der Ehescheidung zwischen dem Adoptierenden und der Mutter des Adoptivkindes.

In dieser Rechtsstreitigkeit kann man die Ehe sowohl in Deutschland als auch in der Ukraine scheiden lassen. Aber die Frage der Löschung der Vaterschaftseintragung in dem Personenstandsregister ist die ausschließliche Zuständigkeit des ukrainischen Gerichts gemäß Art. 77 des Gesetzes der Ukraine „Über IPR“. Und jetzt muss der Kunde eine entsprechende Klage vor diesem Gericht einreichen.

Bis die Rechtsstreitigkeit über die Vaterschaft in der Ukraine gerichtlich nicht beigelegt wurde, hat die ehemalige Ehefrau nach der Ehescheidung weiterhin das Recht auf Abzug der Kinderunterhaltszahlung.

Infolgedessen raten wir den Ehemännern, vor der Unterzeichnung irgendwelcher Erklärungen in der Ukraine sowie Anträge auf Adoption, die Hilfe eines Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen.

In jedem Fall muss der Notar Ihren wahren Willen bei der Beglaubigung der Unterschrift unter Ihrem Antrag feststellen und Sie über die Rechtsfolgen einer solchen Handlung informieren.

Bevor Sie das Dokument unterzeichnen, machen Sie unbedingt eine schriftliche Übersetzung ins Deutsche und unterzeichnen Sie es zusammen mit der Übersetzung, auch wenn Ihre Ehefrau Ihnen dabei andeutet, dass Sie ihr nicht vertrauen.

Wie lange Sie Ihre Ehefrau bleibt, kann niemand wissen, aber das fremde Kind kann „Ihres“ für immer bleiben.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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