Entgeltfortzahlungsanspruch des Arbeitnehmers bei Zweifel des Arbeitgebers an Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung?

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Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung - wann sind Zweifel des Arbeitgebers an deren Aussagekraft angebracht?

Der Beweiswert von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) wird von jeher bei der Rechtsprechung hoch angesiedelt, d.h. etwaige Zweifel des Arbeitgebers daran, dass der Arbeitnehmer tatsächlich krank ist, bleiben meist ohne Auswirkungen, da bloße Vermutungen bzw. Unterstellungen ("Gefälligkeitsattest", "Krankheit ist doch eh nur vorgetäuscht") eben nicht reichen.

Nun hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) allerdings konkretisiert, wann diese Zweifel doch durchgreifen sollen.

Fallkonstellation:  Das Arbeitsverhältnis wurde ordentlich, fristgerecht, d.h. mit Frist von vier Wochen zum Ende des Kalendermonats seitens des Arbeitgebers gekündigt, unmittelbar nachdem der Arbeitnehmer sich arbeitsunfähig gemeldet hatte. 

Während der nun laufenden Kündigungsfrist erscheint der Arbeitnehmer nicht mehr zur Arbeit, sondern reicht weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ein. Die letzte Bescheinigung weist die AU genau bis zum Monatsende bzw. Ende des Arbeitsverhältnisses aus.

Der Arbeitnehmer nimmt mit Beginn des neuen Monats ein neues Arbeitsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber auf, ist also auf den Punkt vermeintlich wieder gesundet. 

Der alte Arbeitgeber erfährt hiervon und bezweifelt den vorherigen Krankheitsstatus und verweigert die Entgeltfortzahlung im (bestrittenen) Krankheitsfall.

Es kommt zur Klage, der Arbeitnehmer fordert die ihm seiner Meinung nach zu Unrecht vorenthaltene Vergütung.

Der bisherige Arbeitgeber argumentiert, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen hätten aufgrund der zeitlichen "Passgenauigkeit" und der anschließenden Arbeitsfähigkeit für den neuen Arbeitgeber ihre Aussagekraft eingebüßt, würden ihm schlichtweg nicht reichen.

Das Arbeitsgericht und die Berufungsinstanz entschieden für den Kläger/Arbeitnehmer.

Die Revision vor dem BAG war für den Beklagten/Arbeitgeber dann erfolgreich!

Dieses befand, dass die Gesamtschau der Umstände hier ernsthafte Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit des Klägers rechtfertigen, jedenfalls ab dem Zeitpunkt der ausgestellten AU-Bescheinigungen seit Kündigungserhalt (BAG-Urteil vom 13.12.2023, 5 AZR 137/23).

Folglich müsste der Arbeitnehmer bei der vorliegenden oder einer ähnlichen Konstellation seine behauptete Arbeitsunfähigkeit bei Bestreiten des Arbeitgebers (ausnahmsweise) konkret darlegen respektive beweisen. 

Anmerkung: Es kommt immer auf die spezifischen Umstände des Einzelfalles an, sodass generalisierende Betrachtungen de facto nicht möglich und auch nicht angebracht sind.



 






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