Entschädigung Mercedes Dieselskandal: EuGH senkt Hürden für erfolgreiche Klagen – Schadensersatz für Thermofenster

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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat heute das bislang wichtigste Urteil für eine Entschädigung im Mercedes Dieselskandal verkündet. Zentraler Punkt im Verfahren gegen die frühere Mercedes-Benz AG ist, dass Geschädigte bereits bei einfacher Fahrlässigkeit Anspruch auf Schadensersatz haben. Damit genügt das Vorhandensein einer illegalen Abschalteinrichtung wie dem Thermofenster für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aus. Der Nachweis eines konkreten Schädigungsvorsatzes ist nicht mehr notwendig. Dies stellte in der juristischen Praxis bislang die größte Hürde dar.

Entschädigung Mercedes Dieselskandal: Die Situation für Betroffenen in Deutschland

Verbraucher*innen in Deutschland sind von den Folgen des Dieselskandals massiv geschädigt. Manche wurden sogar mehr als einmal getäuscht, denn mit dem Ausspielen eines Software-Update zur Beseitigung der einen illegalen Abschalteinrichtung, wurde die erste unzulässige Abschalteinrichtung durch eine weitere, oftmals das Thermofenster, ersetzt.

Dabei ist der Name Mercedes-Benz im Zusammenhang mit Abgasmanipulationen seltener in den Medien erschienen als der des Diesel-Sünders VW. Zahlreiche Rückrufe seit 2018 für Millionen Fahrzeuge im Europa bezeugen jedoch das Gegenteil. Ganz aktuell veröffentlichte das Kraftfahrtbundesamt am 20.02.2023 einen Rückruf wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung bzw. unzulässigen Reduzierung der Wirksamkeit des  Emissionskontrollsystems für rund 20.000 Fahrzeuge der Mercedes-Benz A-Klasse, B-Klasse, CLA und GLA.

Anders als in den USA werden Kunden in Deutschland nicht entschädigt. Dort hatte die Daimler AG zur Beilegung von Streitigkeiten im Abgasskandal im Rahmen eines Vergleichs einen Betrag von rund 2,2 Milliarden Dollar bezahlt. Davon entfielen rund 700 Millionen Dollar auf die Beilegung der Verbraucher-Sammelklage in den USA. Mit etwa 3500,- Dollar ist dies die höchste Strafe pro Auto in der Geschichte der Umweltbehörde EPA. In Deutschland hingegen sind die bisherigen Erfahrungen im Zusammenhang einer VW-Musterfeststellungsklage, einer Art Sammelklage, im Hinblick auf die Höhe der Entschädigung im Ergebnis für die Betroffen eher ernüchternd. Bei der Unterstützung durch einen Prozesskostenfinanzierer verzichten Geschädigte im Erfolgsfall auf einen großen Teil der Entschädigungssumme.

Eine erfolgreiche Einzelklage ist die lukrativste Möglichkeit, um den wirtschaftlichen Auswirkungen entgegenzutreten und eine Entschädigung im Mercedes Dieselskandal zu erhalten. Das heutige EuGH-Urteil verringert die Risiken eines Verfahrens deutlich und vergrößert die Chancen, Schadensersatzansprüche für manipulierte Diesel-Fahrzeuge durchsetzen zu können. 

Dieselskandal EuGH-Urteil: Inhalt und Ergebnis

Im Verfahren vor den Europäischen Gerichtshof geht um die Haftung der ehemaligen Mercedes-Benz AG im Dieselskandal (Az. C-100/21). Das Verfahren beruht auf einem Vorlagebeschluss des Landgerichts Ravensburg. Der Fall betrifft einen Mercedes Benz C 220 CDI der Norm Euro 5, der im März 2013 erstmals zugelassen wurde und den der Kläger ein Jahr später als Gebrauchtwagen gekauft hatte. In dem Auto mit dem Motor OM 651 ist ein sogenanntes Thermofenster verbaut. Dieses reduziert die Abgasreinigung unterhalb bestimmter Temperaturen. Das Thermofenster hatte der Europäische Gerichtshof bereits mehrfach, erstmals im Dezember 2020, als illegale Abschalteinrichtung gewertet und für unzulässig erklärt (Az. C-693/18).

Nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofes ist der Autobauer gegenüber Käufern und Käuferinnen von Dieselautos mit Abschalteinrichtung zu Schadenersatz verpflichtet. Für einen Schadensersatzanspruch der Betroffenen im Dieselskandal genüge es, dass die Hersteller gegen geltendes EU-Recht verstoßen haben. Käufer*innen von Fahrzeugen mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung haben einen Anspruch auf Schadensersatz auch bei Fahrlässigkeit.

EuGH senkt Hürden für erfolgreiche Klagen und Entschädigung im Mercedes Dieselskandal deutlich

Im Gegensatz zum VW-Konzern, der die Manipulation zugegeben hatte, stand die Daimler AG bislang unter dem Verdacht der Manipulation. Für die betroffenen Mercedes-Fahrer macht dies in der Praxis wenig Unterschied: auch sie sind mit dem Dieselskandal und seinen negativen Auswirkungen wie dem drastischem Wertverlust beim Diesel, Dieselfahrverboten und drohenden Stilllegungen konfrontiert. In der juristischen Praxis hat das EuGH-Urteil für die Durchsetzung von Ansprüchen im Daimler Abgasskandal größte Bedeutung. Für die Betroffenen wird es noch einfacher, ihre Schadensersatzansprüche durchzusetzen. Denn die Verteidigung vieler Hersteller und die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und vieler deutscher Oberlandes- und Landgerichte wird zugunsten der geschädigten Käufer*innen revidiert werden müssen. Bislang mussten betroffene Käufer*innen eine sittenwidrige Schädigung nachweisen. Nun steht Geschädigten generell Schadensersatz zu, sobald eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut wurde.

Wir rechnen mit einer erhöhten Vergleichsbereitschaft der Hersteller, so dass auch außergerichtliche Einigungen und damit ein schneller und effizienter Weg zur Entschädigung möglich werden können. Auch dieser Effekt kommt insbesondere allen ohne Rechtsschutzversicherung zugute. Auch im Hinblick auf die Nutzungsentschädigung schätzen wir das zu erwartende Urteil als sehr positiv ein, denn der Abzug des Nutzungsersatzes für die gefahrenen Kilometer wird im Gegensatz zur aktuellen Handhabe der Gerichte stark einzuschränken sein. Davon werden insbesondere vom Dieselskandal betroffene Leasingnehmer*innen profitieren.

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  1. Schadenersatzansprüche: Kaufpreis zurück gegen Rückgabe des Fahrzeugs oder Auto behalten und Schadensersatz fordern. Alternativ können Betroffene auch eine Entschädigung fordern, sofern sie das Auto behalten möchten. In sehr vielen Fällen kann Schadensersatz zehn Jahre lang geltend gemacht werden.
  2. Kaufrechtliche Ansprüche: Betroffene können u.U. Gewährleistungsansprüche, in der Regel gegen Vertragshändler*innen, geltend machen. Diese verjähren grundsätzlich nach zwei Jahren, bei Gebrauchtwagen nach einem Jahr.
  3. Widerruf des Autokreditvertrags: Sollten Sie Ihr Fahrzeug über eine Bank finanziert haben, empfehlen wir Ihnen, die Möglichkeit eines Widerrufs des Darlehensvertrags prüfen zu lassen. Die Folgen eines erfolgreichen Widerrufs sind: Sie erhalten Anzahlung und Raten zurück und geben im Gegenzug das Auto zurück.

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Foto(s): adobe stock, @Андрей Прилуцкий


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