Erbengemeinschaften und Immobilien

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Entstehung der Erbengemeinschaft

Eine Erbengemeinschaft entsteht, sobald mehrere Personen den Erblasser beerben. Dies kann aufgrund eines Testaments oder der gesetzlichen Erbfolge beruhen. Es handelt sich dabei um eine Zufallsgemeinschaft, die ohne den Willen der Miterben entsteht. Das Vermögen des Erblassers wird gemeinschaftliches Vermögen der Miterben, welches sie gemeinsam verwalten müssen und worüber diese nur gemeinsam verfügen können. 

Hierbei können Konflikte entstehen, insbesondere dann, wenn die Erbengemeinschaft aus Personen besteht, die bereits seit Jahren zerstritten sind. Nicht selten kommt es vor, dass der Erblasser sich noch nicht einmal dessen bewusst ist, dass er mehrere Erben hinterlässt, was an einer fehlenden oder falschen Nachlassplanung liegt. 

Hierzu sei folgendes Beispiel gebildet:

Frau F erkrankt mit Mitte 40 unheilbar an Krebs. Sie ist mit Ehemann E im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet. Das Paar hat keine Kinder. Der Vater von F ist bereits vorverstorben, aber die Mutter M von F lebt noch. F verstirbt ohne ein Testament zu hinterlassen. Wer erbt?

Lösung

Da F kein Testament hinterlassen hat, gilt die gesetzliche Erbfolge. Der Ehemann E erbt ¾ und die Mutter von F erbt ¼. E und M bilden eine Erbengemeinschaft nach F. Es ist weit verbreitet, dass angenommen wird, dass der Ehegatte Alleinerbe wird, was fatale Folgen haben kann, wenn der Ehegatte sich mit der Schwiegermutter nicht gut versteht und die Ehegatten sich gedacht haben, dass Alleinerbe der Ehegatte wird. Sollte eine Immobilie im Nachlass vorhanden sein so würde über den Anteil der Ehefrau die Mutter M mit ins Grundbuch eingetragen werden.

Informationsbeschaffung und Auskunft bei Erbengemeinschaften

Oftmals ist der Miterbe im Unklaren darüber, was überhaupt alles zum Nachlassvermögen gehört. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Miterbe unter Umständen seit Jahren keinen Kontakt mehr zu dem Erblasser hatte und andere Miterben diese Informationen zurückhalten. 

Problematisch ist hierbei, dass es zwischen Miterben grundsätzlich keinen einklagbaren Auskunftsanspruch gibt. Denn jeder Miterbe hat die Möglichkeit sich mit dem etwaigen Testament oder Erbschein selbst die Informationen zu beschaffen. Er kann in Steuerakten Einsicht nehmen, Konto- und Depotauszüge bei Sparkassen und Banken einholen sowie Grundbuchauszüge von Immobilien anfordern. 

Es kommt aber auch vor, dass der Miterbe überhaupt keine Kenntnis davon hat, wo auf der Welt der Erblasser ein Konto hatte oder wo Immobilien vorhanden sind und er sich keine Informationen beschaffen kann oder diese nur unter unverhältnismäßigem Aufwand. In diesem Falle besteht ausnahmsweise ein Auskunftsanspruch des nicht informierten Miterben gegen den Miterben, der umfangreiche Kenntnisse des Nachlasses hat. 

Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft

Die Erbengemeinschaft ist von Beginn an auf Auseinandersetzung gerichtet. Dies umfasst nicht nur die Verteilung des Nachlasses, sondern auch Zahlung von Schulden des Erblassers. Die Teilung des Nachlasses erfolgt grundsätzlich in natura. Ist dies nicht möglich, wie oft in Bezug auf eine Immobilie, so ist der Nachlassgegenstand zu „versilbern“ und der Verkaufserlös ist zwischen den Miterben nach deren jeweiligen Erbquote zu teilen. Gesetzlich geregelt ist nicht, wie die Auseinandersetzung stattzufinden hat, weshalb viele Wege zum Ziel führen können (Auseinandersetzungsvertrag, notarielles Vermittlungsverfahren, Teilungsvertrag, Teilungsklage, etc.).

Immobilien und Erbengemeinschaften

Wenn Immobilien in den Nachlass von Erbengemeinschaften fallen, kommt es häufig zum Streit darüber, was mit der Immobilie geschehen soll. Einige wollen die Immobilie verkaufen und den Erlös aufteilen, andere möchten die Immobilie selbst bewohnen und wieder andere möchten die Immobilie vermieten und als Kapitalanlage verwenden. Sobald es nur durch einen einzelnen Miterben zu einer Unstimmigkeit kommt, ist die gesamte Erbengemeinschaft in ihrer Handlungsfähigkeit blockiert. 

Handlungsmöglichkeiten nach dem Eintritt des Erbfalls

  • Aufteilung der Immobilien 

Sofern die Möglichkeit besteht, auf die Interessen der Miterben einzugehen, könnten diese eine Vereinbarung treffen, in welcher der Nachlass aufgeteilt wird. Besteht die Erbengemeinschaft beispielsweise aus 3 Miterben, die jeweils 1/3 Anteil erben, und hinterlässt der Erblasser 3 Immobilien, so könnte sich dahingehend geeinigt werden, dass jeder Miterbe eine Immobilie zu vollem Eigentum erhält. Die Probleme fangen dann aber wiederum an, wenn die Immobilien nicht gleichwertig sind. Dann könnten das etwaig vorhandene Sparguthaben entsprechend aufgeteilt werden, sodass jeder Miterbe wertmäßig den gleichen Anteil erhält. Ein Miterbe könnte auch vollständig ausgezahlt werden wohingegen die anderen Miterben untereinander die Immobilien aufteilen. 

Besonderheiten ergeben sich, wenn ein Miterbe minderjährig ist oder unter Betreuung steht. Dann ist im Rahmen eines beabsichtigten Verkaufs die familiengerichtliche oder betreuungsgerichtliche Genehmigung für den Verkauf einzuholen. Eine Veräußerung kann sich dann um mehrere Monate verzögern, was einen potenziellen Käufer vom Kauf abhalten könnte. Dies kann beispielsweise durch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung vermieden werden. 

  • Verwaltungsvereinbarung bei vermieteten Immobilien

Im Falle von vermieteten Immobilien besteht häufig auch Einigkeit dahingehend, dass diese Immobilie nicht veräußert werden soll. Zur Vermeidung von Konflikten sollte dann eine Verwaltungsvereinbarung über die vermietete Immobilie zwischen den Miterben geschlossen werden, um die Verwaltung der Immobilie und die daraus entstehenden Kosten zu regeln. 

Sollte allerdings überhaupt keine Einigkeit zu erzielen sein, so bleibt den Miterben nur noch die Möglichkeit ein Erbauseinandersetzungsverfahren vor dem Notar oder vor dem Gericht einzuleiten. Im schlimmsten Falle müsste in Bezug auf eine Immobilie die Teilungsversteigerung durchgeführt werden. 

  • Gerichtliche Verfahren

Neben der einvernehmlichen außergerichtlichen Auseinandersetzung kommt die Einleitung von gerichtlichen Verfahren in Betracht. Dies geschieht insbesondere per Erbteilungsklage, wobei diese auf die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft gerichtet ist. Außerdem kann durch einen Miterben ein Antrag auf Teilungsversteigerung gestellt werden, wenn es um die Aufteilung einer Immobilie geht. 

Hierbei wird zum Zwecke der Aufhebung der Erbengemeinschaft beantragt, die Zwangsversteigerung anzuordnen. Dies stellt das radikalste Mittel zur Konfliktlösung im Rahmen einer bestehenden Erbengemeinschaft dar, wenn Immobilienvermögen im Nachlass vorhanden ist. 

Handlungsmöglichkeiten und Vorsorge vor dem Eintritt des Erbfalls 

Neben der Möglichkeit bereits zu Lebzeiten Übertragungen an den Ehegatten oder die nächsten Generationen vorzunehmen besteht die Möglichkeit ein Testament so zu gestalten, dass es entweder gar nicht erst zu einer Erbengemeinschaft kommt oder diese starren Regelungen unterworfen ist. Das erste Mittel zur Vorsorge von Konflikten ist das Testament. 

Um Probleme innerhalb einer Erbengemeinschaft zu vermeiden, sollte die Erbfolge klar geregelt werden. Ehegatten wählen hierbei häufig das sogenannte „Berliner Testament“, in welchem sich die Ehegatten zu Alleinerben und zu Schlusserben die Kinder einsetzen. Sobald mehrere Kinder im Schlusserbfall erben, bilden sie eine Erbengemeinschaft. Sollte es mehrere Immobilien im Nachlass geben, so kann es empfehlenswert sein, auch diese im Testament auf die Kinder aufzuteilen, was möglich ist. Die Eltern können entweder eine Teilungsanordnung oder ein Vermächtnis anordnen. 

Fazit

Der Immobilieneigentümer sollte im Hinblick auf seine Nachfolge die Überlegung anstellen, ob und wie eine künftige Erbengemeinschaft gestaltet sein sollte. Hierbei sollte er folgende Überlegungen anstellen:

Checkliste vor dem Erbfall:

  1. Wer kommt als gesetzlicher Erbe in Betracht? Welche Personen sollen wie und zu welchem Anteil bedacht werden? Welche Aufteilung ist gewünscht? Kann ein Erb- und Pflichtteilsverzicht erreicht werden?
  2. Bestehen Besonderheiten in der Person der künftigen Miterben, z. B. Minderjährigkeit? Welche Abhilfe kann ich dafür schaffen (z. B. Testamentsvollstreckung)?
  3. Wie setzt sich mein Vermögen zusammen? Sollen einzelne Vermögensgegenstände an eine bestimmte Person fallen?
  4. Bestehen Besonderheiten in Bezug auf bestimmte Nachlassgegenstände, wie z. B. Beteiligungen an Unternehmen (Personengesellschaft, Kapitalgesellschaft)? Sieht z. B. die GmbH-Satzung bestimmte Nachfolgeregelungen vor?
  5. Sind aufgrund des Vermögenswertes aus steuerlicher Sicht lebzeitige Übertragungen sinnvoll?
  6. Sollen mehrere Abkömmlinge nicht gleich gestellt werden? Dann ist grundsätzlich Handlungsbedarf vorhanden, um keine Erbengemeinschaft zwischen ihnen entstehen zu lassen
  7. Bestehen schon Anzeichen für künftige Konflikte zwischen potenziellen Miterben? Beispielsweise weil ein nichteheliches Kind vorhanden ist? Kinder aus verschiedenen Ehen vorhanden sind? Es zwischen den potenziellen Miterben Streit gibt?
  8. Konfliktmindernde Handlungen zu Lebzeiten möglich? Z. B. durch Gestaltung eines Testaments, Anordnung von Vermächtnissen oder Teilungsanordnungen, Einsetzen eines Testamentsvollstreckers?

Die Miterben nach dem eingetretenen Erbfall sollten folgende Überlegungen anstellen:

Checkliste der Miterben nach dem Erbfall:

  1. Erbberechtigung klären, insbesondere durch Auslegung bei unklar formulierten „Laientestamenten“, gesetzlicher Erbfolge oder Testament
  2. Sind alle Miterben bekannt? Falls nicht, muss ein Nachlasspfleger bestellt werden?
  3. Halten sich Miterben im Ausland auf? Kommt eine Erteilung einer (Grundstücksveräußerungs-)vollmacht zur Vereinfachung der Abwicklung der Angelegenheiten in Betracht? 
  4. Sind Besonderheiten bei den Miterben zu beachten? Z. B. bei Minderjährigen oder Betreuten?
  5. Das Nachlassvermögen muss festgestellt, bewertet und gesichert werden, ggf. müssen sofortige Maßnahmen zur ordnungsgemäßen Verwaltung ergriffen werden (z. B. Behebung eines Sturmschadens an einer Immobilie)
  6. Ggf. schnelles Handeln bei Vorhandensein von Kapitalgesellschaften (z. B. Bestellung eines neuen Geschäftsführers)
  7. Ggf. Beantragung eines Erbscheins
  8. Berichtigung des Grundbuchs 
  9. Begleichung der Schulden des Erblassers und sonstiger Passiva (Erbfallschulden, wie z. B. Bestattungskosten, Pflichtteil, Vermächtnis)
  10. Abklärung der vom Erblasser angeordneten Aufteilung und ggf. Einigung über die Verwaltung sowie Aufteilung des Nachlasses, (Teil-)erbauseinandersetzung

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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