Erste Schritte bei der Scheidung

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Die ersten Schritte sind oft entscheidend, wenn Sie sich vom Partner oder der Partnerin trennen und den Weg zur Scheidung beschreiten. Dazu gehören die Schaffung der Bedingungen für das Einhalten des Trennungsjahres, die finanzielle Absicherung vor und nach der Scheidung, das Hochrechnen der Scheidungskosten, die Klärung der Wohnungsfrage und, etwas weiter gedacht, aber nicht unwichtig, eine Vereinbarung über Scheidungsfolgesachen wie Sorgerecht, Unterhalt und die Aufteilung von Besitztümern.

Will ich wirklich die Scheidung oder spielen mir die Emotionen einen Streich?

Die Trennung aus einer Laune heraus oder nach einer Auseinandersetzung mit dem Partner oder der Partnerin führt oft zu Herausforderungen, für die es keine schnellen Lösungen gibt. Haben Sie ein Kind, sollten Sie sich vergegenwärtigen, wie das Kind die Trennung bewältigt. Auch insoweit empfiehlt sich, das Kind darauf vorzubereiten, dass sich die Eltern trennen und zu klären, in wessen Haushalt das Kind künftig leben soll. Im Idealfall sollte so sein, dass das Kind in seiner gewohnten sozialen Umgebung möglichst verbleibt.

Kann man die Scheidung vor dem Trennungsjahr einreichen?

Haben Sie die feste Absicht, sich scheiden zu lassen, ist vorab das Trennungsjahr zu vollziehen. Die Trennung von „Tisch und Bett“ setzt voraus, dass Sie sich in der Lage sehen, Ihren Lebensalltag allein zu gestalten.

Das Trennungsjahr hat den Zweck, dass sich die Ehepartner darüber klar werden, ob die Trennung wirklich gewünscht ist. Deshalb ist das Trennungsjahr im Regelfall nicht verzichtbar. Auch soll die Option offengehalten werden, dass Versöhnungsversuche in Betracht kommen und die eheliche Lebensgemeinschaft wieder repariert wird.

In begründeten Fällen erkennt das Gesetz aber ausnahmsweise an, dass die Scheidung bereits vor Ablauf des Trennungsjahres beim Familiengericht beantragt werden kann. Ein derartiger Härtefall setzt voraus, dass es in der Person des Ehepartners Gründe gibt, die es dem anderen unzumutbar erscheinen lassen, dass die Ehe wenn auch nur formal auf dem Papier fortbesteht. Als Härtefälle kommen

  • Gewalttätigkeiten in der Ehe
  • oder extrem beleidigende oder demütigende Handlungen des Ehepartners in Betracht.

Die üblicherweise mit einer Trennung und Scheidung einhergehenden emotionalen Befindlichkeiten begründen im Regelfall keinen derartigen Härtefall.

Ist es wichtig, wer zuerst die Scheidung einreicht?

Im Prinzip ist es unwichtig, wer zuerst die Scheidung einreicht. Meist gibt es aber strategische Gründe.

Der Scheidung einreichende Gatte benötigt Anwalt

Derjenige Ehepartner, der zuerst die Scheidung einreicht, muss sich wegen des bei den Familiengerichten bestehenden Anwaltszwangs anwaltlich vertreten lassen. Der andere, sodenn es Einigung über alle Folgesachen gibt, braucht dem Scheidungsantrag nur zuzustimmen und benötigt dafür keine anwaltliche Vertretung. Insoweit ist es denkbar, dass einer auf den anderen wartet, in der Hoffnung, man brauche keinen eigenen Anwalt und könne die Scheidung ohne eigene Kosten bewerkstelligen.

Bestimmung des Stichtags für Versorgungs- und Zugewinnausgleich

Ist der Versorgungsausgleich oder der Zugewinnausgleich ein Thema, bestimmt der Tag, an dem das Familiengericht den Scheidungsantrag eines Partners dem anderen mit der Post zustellt, den Stichtag für die Durchführung des Versorgungsausgleichs oder die Berechnung des Zugewinnausgleichs. Derjenige, der also zuerst die Scheidung einreicht, nimmt Einfluss auf diesen Stichtag und kann unter Umständen den Versorgungsausgleich und den Zugewinnausgleich zu den eigenen Gunsten beeinflussen.

Zuständigkeit des Familiengerichts

Auch wenn es darum geht, die Zuständigkeit eines bestimmten Familiengerichts zu begründen, kann es darauf ankommen, wer zuerst den Scheidungsantrag stellt. Gibt es keine Kinder und wohnen die Ehepartner nicht mehr dort, wo sie bislang gewohnt haben, kann das Familiengericht zuständig sein, in dessen Bezirk der Ehegatte als Antragsgegner wohnt. Derjenige, der den Scheidungsantrag stellt, begründet also die Zuständigkeit des Familiengerichts am Wohnort des Ehepartners. Ob dies zweckmäßig ist, muss aus der Sicht des Ehepartners beurteilt werden.

Ich will mich scheiden lassen, habe aber kein Geld?

Scheidungen kosten Geld. Fehlt Ihnen die dafür notwendige Liquidität, gibt es trotzdem Möglichkeiten, die Scheidung zu beantragen. Diese Möglichkeiten sind der Reihe nach zu prüfen.

Verfahrenskostenvorschuss

Hat Ihr Ehepartner ein ausreichendes Einkommen, haben Sie möglicherweise Anspruch auf einen Verfahrenskostenvorschuss. Aufgrund seiner trotz der Trennung fortbestehenden Unterhaltspflicht ist der Ehepartner verpflichtet, Ihnen die Verfahrenskosten für Ihre Scheidung zu finanzieren. Sie brauchen dieses Geld nicht zurückzuzahlen. Sind Sie rechtsschutzversichert, gibt es mit einer Ausnahme (ARAG-Versicherung) keine Möglichkeit, dass der Rechtsschutzversicherer die Kosten für Ihre Scheidung übernimmt.

Beratungskostenhilfe

Scheiden die vorgenannten Möglichkeiten aus, haben Sie zunächst Anspruch auf Beratungskostenhilfe. Beschaffen Sie sich bei Ihrem Amtsgericht gegen Nachweis Ihrer Einkommensverhältnisse einen Beratungshilfeschein. Damit können Sie sich von einem Rechtsanwalt Ihrer Wahl gebührenfrei beraten lassen. Sie zahlen allenfalls einen Eigenanteil von 15 €. In der Beratung erfahren Sie, welche Rechte und Pflichten im Hinblick auf Ihre Trennung und Scheidung eine Rolle spielen.

Verfahrenskostenhilfe

Möchten Sie selbst die Scheidung in die Wege leiten, haben Sie bei geringem Einkommen (auch bei Bezug von Bürgergeld) Anspruch auf staatliche Verfahrenskostenhilfe. Den dafür notwendigen Antrag stellen Sie am besten in Verbindung mit dem Scheidungsantrag. Wird der Antrag vom Familiengericht bewilligt, zahlen Sie für Ihr Scheidungsverfahren keine Gebühren. Erst wenn Ihr Einkommen eine gewisse Grenze überschreitet, könnten Sie verpflichtet werden, die Verfahrenskosten in Teilbeträgen an die Staatskasse zu erstatten.

Wie viel Geld brauche ich für eine Scheidung?

Die Frage lässt sich so nicht beantworten. Es kommt drauf an, ob Sie sich im gegenseitigen Einvernehmen scheiden lassen oder die Scheidung streitig verläuft und im Zusammenhang mit der Scheidung Rechte und Pflichten geregelt werden müssen. Die Verfahrensgebühren für eine Scheidung bemessen sich nämlich nach den Verfahrenswerten.

  • Der Verfahrenswert für die Scheidung als solche beträgt mindestens 3.000 €.
  • Derjenige für die Durchführung des Versorgungsausgleichs beträgt mindestens 1.000 €.
  • Im Übrigen bestimmen die Einkommen beider Ehepartner, wie die Verfahrenswerte vom Familiengericht festgesetzt werden.

Werden lediglich die Mindestverfahrenswerte in Ansatz gebracht, sollten Sie mit einem Scheidungskostenaufwand von ca. 1.000 € rechnen. Streiten Sie sich beispielsweise wegen des Unterhalts, verursachen Sie einen zusätzlichen Verfahrenswert in Höhe des zwölffachen Betrages Ihrer Forderung. Damit verteuern Sie Ihre Scheidung.

Ein Ausweg kann darin bestehen, dass Sie sich wegen der Scheidungsfolgen außergerichtlich verständigen und Ihre Rechte und Pflichten in einer Scheidungsfolgenvereinbarung dokumentieren. Soweit darin finanzielle Aspekte geregelt werden, muss die Vereinbarung notariell beurkundet werden. Alternativ bietet sich die gerichtliche Protokollierung im mündlichen Scheidungstermin an. Ihr Anwalt wird Sie beraten, welcher Weg die beste Option darstellt.

Wie bekomme ich bei einer Trennung eine Wohnung?

Ziehen Sie wegen Ihrer Trennung aus der ehelichen Wohnung aus, benötigen Sie eine eigene Wohnung. Vorab wäre zu prüfen, ob Sie eventuell in Ihrer ehelichen Wohnung verbleiben können. Diese Option kommt in Betracht, wenn Sie aufgrund Ihrer Lebensumstände in besonderer Weise auf die Nutzung Ihrer ehelichen Wohnung angewiesen sind und es dem Ehepartner zuzumuten ist, die Wohnung zu verlassen. Dies gilt vornehmlich dann, wenn Sie ein Kind betreuen und das Kind in seiner gewohnten sozialen Umgebung verbleiben sollte. Sie könnten daher beim Familiengericht gegebenenfalls beantragen, Ihnen die Wohnung zur alleinigen Nutzung zuzuweisen.

  • Kommt diese Option nicht in Betracht, wäre zu prüfen, ob Sie Anspruch auf Wohngeld haben. Wohngeld ist bei der Gemeinde zu beantragen, wo Sie wohnen möchten.
  • Eine Option kann auch darin bestehen, dass Sie eine öffentlich geförderte Wohnung zugewiesen bekommen, wenn Sie ansonsten absolut keine Möglichkeit haben, irgendwie unterzukommen.

Näheres erfahren Sie bei der Gemeinde, wo Sie bislang gewohnt haben oder wohin Sie umziehen möchten.

Unsere Empfehlung: Einvernehmliche Scheidung…

Es ist ein Klischee, wenn es heißt, Scheidungen seien immer streitige Auseinandersetzungen, in denen die Ehegatten um ihre Rechte und Pflichten kämpfen und es am Ende weder Sieger noch Verlierer gibt. Unserer Erfahrung nach geht es auch anders.

Aus guten Gründen empfehlen wir, dass Sie die einvernehmliche Scheidung anstreben und dem Partner signalisieren, dass Sie Ihre eheliche Lebensgemeinschaft im gegenseitigen Einvernehmen abwickeln möchten. Ein solches Signal ist für den Ehepartner oft die Motivation, sich anzuschließen. Auch wenn Sie wegen der Trennung emotional hoch belastet sind, ist es immer vorteilhaft, ein rechtliches Verfahren, wie es auch das Scheidungsverfahren darstellt, auf einer sachlichen Ebene zu führen und auf dieser sachlichen Ebene alles zu regeln, was geregelt werden sollte. Es wäre eine gute Entwicklung, wenn beide Ex-Partner wenigstens das Gefühl hätten, zumindest nicht als Verlierer dazustehen.   

Nur die einvernehmliche Scheidung gewährleistet, dass Sie den Kostenaufwand für Ihr Scheidungsverfahren so gering wie möglich halten, sich in einem zeitlich sehr überschaubaren Rahmen scheiden lassen (meist ca. drei bis sechs Monate) und Ihre emotionalen Belastungen auf ein Minimum reduzieren.

…und Scheidungsfolgenvereinbarung

Die einvernehmliche Scheidung geht meist mit einer Scheidungsfolgenvereinbarung einher. In einer solchen Vereinbarung regeln Sie alle Rechte und Pflichten, die Sie im Zusammenhang mit Ihrer Trennung und Scheidung geregelt wissen möchten. Geht es beispielsweise um den Zugewinnausgleich oder den Unterhalt nach der Scheidung, empfiehlt es sich so gut wie immer, eine einvernehmliche Regelung zu treffen und den Streit um die damit verbundenen Details so weit als möglich zu vermeiden.

Lassen Sie es auf eine streitige Auseinandersetzung ankommen, begeben Sie sich auf eine Ebene, auf der ein Scheidungsverfahren nicht mehr wirklich kalkulierbar erscheint. Lassen Sie sich von Ihrem Anwalt oder Ihrer Anwältin beraten, wie Sie dieses Ziel im Hinblick auf Ihre Lebensumstände und das Verhältnis zu Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin erreichen.

Foto(s): iurFRIEND

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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