Erwerb eines Grundstücks in der Zwangsversteigerung/Teilungsversteigerung

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Zwangsversteigerungen stellen oftmals eine interessante Möglichkeit zum Erwerb eines Grundstücks dar. Aber anders als beim Grundstückskauf vom Eigentümer lassen sich die Details des Erwerbs nicht vertraglich regeln. Außerdem ist bei einer Zwangsversteigerung kein Notar an der Abwicklung des Geschäfts beteiligt, um auf rechtliche Risiken hinzuweisen. Sie sollten sich daher vor dem Versteigerungstermin genau über den Ablauf informieren und einige rechtliche Besonderheiten berücksichtigen.

In diesem Beitrag soll der Fall behandelt werden, dass die Grundpfandrechte (Hypotheken, Grundschulden) als Teil des geringsten Gebotes bestehen bleiben. Was ist in diesem Fall zu beachten?

Häufig sind Grundstücke, die zur Zwangsversteigerung kommen, noch mit Grundpfandrechten belastet. Mit dem Erlös aus der Versteigerung werden i.d.R. die Ansprüche der Grundschuldgläubiger (i.d.R. handelt es sich um die finanzierenden Banken) abgegolten und die Grundschulden gelöscht. Ein eventueller Übererlös wird an den (früheren) Grundstückseigentümer ausgezahlt. Es kommt allerdings vor, dass Grundpfandrechte (Hypotheken, Grundschulden) als Teil des geringsten Gebotes bestehen bleiben. Das Grundstück, das Sie in der Zwangsversteigerung (Teilungsversteigerung) erwerben, ist dann weiterhin mit den Grundpfandrechten belastet. Das wirft eine Reihe von Fragen auf:

1. Muss ich den Nominalwert des Grundpfandrechts zum Gebotspreis hinzurechnen, um den wahren Erwerbspreis zu ermitteln?

Wenn sich aus der Ankündigung der Zwangsversteigerung ergibt, dass Grundpfandrechte als Teil des geringsten Gebotes bestehen bleiben, müssen Sie davon ausgehen, dass Sie die Grundpfandrechte früher oder später ablösen und dafür den Nominalwert des Grundpfandrechts an den Grundschuldgläubiger zahlen müssen. Bei der Berechnung Ihres Gebots sollten Sie daher den Wert der stehen gebliebenen Grundpfandrechte unbedingt berücksichtigen. Sofern Sie sich ein festes Budget für den Erwerb in der Zwangsversteigerung gesetzt haben, bieten Sie nicht mehr, als Ihnen zur Verfügung steht, wenn Sie den Nominalwert der stehenbleibenden Grundpfandrechte von Ihrem Budget abziehen. Die Ablösung der stehengebliebenen Grundpfandrechte wird in jedem Fall nötig sein, wenn Sie beabsichtigen, den Grundstückserwerb über eine Bank zu finanzieren, weil das Grundbuch zur Finanzierung des Grundstückskaufs oder zur Baufinanzierung lastenfrei sein muss. Ihre Bank wird das Finanzierungsdarlehen im Grundbuch absichern wollen und wird sich nur mit dem ersten Rang zufrieden geben.

2. Ist der Nominalwert der Grundpfandrechte auch dann an den Grundschuldgläubiger zu zahlen, wenn die Grundpfandrechte zur Sicherung von Darlehen eingetragen wurden und diese Darlehen bereits getilgt sind?

Ja, das ist leider der Fall. Die häufig anzutreffende Meinung, dass die Grundpfandrechte mit der Tilgung der besicherten Schuld ihren Wert verlieren, trifft nicht zu. Ein Grundstück wird nämlich im Fall der Grundschuld in der Weise belastet, dass an denjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt ist (also den Grundschuldgläubiger), eine bestimmte Geldsumme aus dem Grundstück zu zahlen ist (§ 1191 Abs. 1 BGB). Ist eine Grundschuld zur Sicherung eines Darlehens eingetragen worden, wird sie in der Regel nach der Tilgung der Schuld an den Eigentümer des Grundstücks zurückübertragen. Die Bank sendet bei einer Briefgrundschuld den Grundschuldbrief und die Löschungsbewilligung an den Eigentümer des Grundstücks. Die Fremdgrundschuld (zu Gunsten der Bank) wird dadurch zur Eigentümergrundschuld. Im Fall einer Hypothek geht diese kraft Gesetzes als Eigentümergrundschuld auf denjenigen über, der zum Zeitpunkt des Erlöschens der Forderung, also zum Zeitpunkt der vollständigen Tilgung, Eigentümer des Grundstücks ist (§§ 1163, 1177 BGB, vgl. Palandt § 1163, Rn. 13).

Bei der Veräußerung des Grundstücks gehen die Eigentümergrundschulden ohne besondere Abrede nicht auf den Erwerber über, sondern verbleiben als Fremdgrundschulden bei dem Veräußerer. Nach der Veräußerung (bzw. nach dem Zuschlag in der Versteigerung) stehen die (vormaligen) Eigentümergrundschulden dem vorherigen Eigentümer als Fremdgrundschulden zu. Als Gläubiger der (Fremd-) Grundschulden kann dieser nun fordern, dass ihm der Nominalbetrag der Grundschulden zuzüglich der Zinsen aus dem Grundstück vom Zeitpunkt des Zuschlags an bezahlt wird (§ 1191 BGB). Es handelt sich nicht um eine schuldrechtliche Forderung gegen den (neuen) Grundstückseigentümer, sondern um ein Verwertungsrecht an dem Grundstück, das im Wege der Zwangsversteigerung durchgesetzt werden kann.

3. Ist nur der Nominalwert der Grundschulden abzulösen oder kann der Gläubiger der Grundpfandrechte auch die Zinsen verlangen?

Grundsätzlich kann der Grundschuldgläubiger auch die Zinsen auf die Grundschulden vom Zeitpunkt des Zuschlags an verlangen (BGH, V ZR 240/ 74; LG München, Urteil vom 23.08.2019 - 11 O 6313/11). Da für Grundschulden zugunsten der Banken häufig sehr hohe Zinssätze (bei älteren Grundpfandrechten häufig über 10 % p.a.) vereinbart werden, ist es also wichtig, die Grundpfandrechte möglichst bald nach dem Erwerb des Grundstücks abzulösen.

Achten Sie also bei dem Erwerb eines Grundstücks in der Zwangsversteigerung unbedingt darauf, ob das Grundstück noch mit Grundpfandrechten (Abteilung III des Grundbuchs) belastet ist.  Erkundigen Sie sich bei dem/der Rechtspfleger/in, ob ggf. eingetragene Grundpfandrechte (Hypotheken, Grundschulden) als Teil des geringsten Gebotes in der Zwangsversteigerung bestehen bleiben. Dies wird manchmal (aber nicht immer) in der Ankündigung der Zwangsversteigerung mit angegeben. In der Regel dienen die Grundpfandrechte der Besicherung von Darlehen. Erkundigen Sie sich bei den Gläubigern der Grundpfandrechte, ob die besicherten Darlehen schon zurückgezahlt wurden oder ob bzw. in welcher Höhe die Darlehen noch valutieren. Wenn es sich um Eigentümergrundschulden handelt, erkundigen Sie sich bei dem Eigentümer, ob sich die Hypotheken-/Grundschuldbriefe und ggf. die Löschungsbewilligungen der im Grundbuch eingetragenen Gläubiger der Grundpfandrechte in seinem Besitz befinden, damit nach dem Erwerb in der Zwangsversteigerung die Löschung im Grundbuch ohne Aufschub betrieben werden kann. Um teure Fehler zu vermeiden, lassen Sie sich von einem erfahrenen Rechtsanwalt beraten.

Für Ihre Fragen in den Bereichen Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung oder Teilungsversteigerung stehen wir Ihnen gern zur Verfügung. Auch in allen Fragen rund um die Immobilienfinanzierung (vorzeitige Ablösung von Darlehen, Vorfälligkeitsentschädigung, Nichtabnahmeentschädigung etc.) helfen wir Ihnen gern.


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