Widerruf eines Seminarvertrages - Verbraucher oder Unternehmer?

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Verbraucher oder Unternehmer?


ob man bestimmte Rechte wahrnehmen kann, also beispielsweise einen  Vertrag widerrufen kann, hängt unter anderem davon ab, ob man den entsprechenden Vertrag als Verbraucher oder als Unternehmer geschlossen hat.


Die Frage ist nicht immer leicht zu beantworten.


Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Vertrag über ein Seminar abgeschlossen, das Ihnen nach bestandener Prüfung die Möglichkeit eröffnet, eine selbständige Tätigkeit z.B. als zertifizierter Sachverständiger aufzunehmen und Sie möchten diesen Vertrag innerhalb der Widerrufsfrist widerrufen.


Da das Widerrufsrecht nur Verbrauchern, nicht aber Unternehmern zusteht, stellt sich die Frage, ob Sie den Seminarvertrag als Verbraucher abgeschlossen haben oder zur Vorbereitung ihrer  Tätigkeit als selbständiger Unternehmer.


Die Antwort findet sich in § 13 BGB. Nach dieser Vorschrift ist Verbraucher jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.


Aus der vom Gesetzgeber gewählten negativen Formulierung des zweiten Halbsatzes der Vorschrift des § 13 BGB wird deutlich, dass rechtsgeschäftliches Handeln einer natürlichen Person grundsätzlich als Verbraucherhandeln anzusehen ist und etwa verbleibende Zweifel, welcher Sphäre das konkrete Handeln zuzuordnen ist, zu Gunsten der Verbrauchereigenschaft zu entscheiden sind (BGH, NJW 2009, 3780). Die Zweckrichtung des Geschäfts ist objektiv zu bestimmen (BGH, NJW 2020, 3786 Rn. 16). Maßgeblich ist, wie sich das Verhalten aus der Sicht eines objektiven Dritten darstellt. Subjektive Vorstellungen und Motive, die für den Geschäftsgegner nicht erkennbar waren, sind irrelevant (vgl. dazu insgesamt BeckOK BGB/Martens, 63. Ed. 1.8.2022, BGB § 13 Rn. 39ff m.w.N.).


Einen unternehmerischen Zweck verfolgt auch, wer ein Geschäft im Zuge der Aufnahme einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit abschließt (sog. Existenzgründung; vgl. BGH, NJW 2005, 1273). Eine unternehmerische Tätigkeit liegt objektiv schon dann vor, wenn eine Person sich zu einem Unternehmen entschlossen hat und aufgrund dieses Entschlusses geschäftlich tätig wird. Soweit eine natürliche Person sich noch nicht zur Aufnahme eines Unternehmens entschlossen hat, sondern diese Entscheidung nur vorbereitet, hat sie noch keine gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit aufgenommen und ist daher (noch) als Verbraucher i.S.d § 13 BGB anzusehen (BGH, NJW 2011, 1236 Rn. 24). Solche entscheidungsvorbereitenden Geschäfte werden regelmäßig der Informationsbeschaffung dienen (bzgl. Informations- und Schulungsseminare vgl. BGH, NJW 2011, 1236) und lassen sich daher von den zumeist auf Sachleistungen gerichteten Geschäften der eigentlichen Existenzgründung unterscheiden (BGH NJW 2008, 435 Rn. 8; vgl. dazu insgesamt auch BeckOK BGB/Martens, 63. Ed. 1.8.2022, BGB § 13 Rn. 51ff m.w.N.). Unsicherheiten und Zweifel auf Grund der äußeren, für den Vertragspartner erkennbaren Umstände des Geschäfts gehen indes nach der negativen Formulierung des Gesetzes nicht zu Lasten des Verbrauchers. Es kann daher nicht darauf ankommen, ob der Erklärende sich dem anderen Teil eindeutig als Verbraucher zu erkennen gibt. Vielmehr ist bei einem Vertragsschluss mit einer natürlichen Person grundsätzlich von Verbraucherhandeln auszugehen. Anders ist dies nur dann, wenn Umstände vorliegen, nach denen das Handeln aus der Sicht des anderen Teils eindeutig und zweifelsfrei einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit zuzurechnen ist (vgl. dazu insgesamt BGH, NJW 2009, 3780, m.w.N.).


Die Verbrauchereigenschaft ist also im Einzelfall danach zu bestimmen, ob das Geschäft nur eine Vorbereitungshandlung ist oder bereits die Umsetzung eines festen Entschlusses zur Existenzgründung.


In dem von mir bearbeiteten Fall, in dem es um den Widerruf eines Seminarvertrages über die Ausbildung zum Kfz Sachverständigen ging, hat das Gericht entschieden, dass mein Mandant den Seminarvertrag als Verbraucher abgeschlossen hat. Der Vertrag konnte also widerrufen werden. Der Seminaranbieter konnte die Zahlung der Seminargebühr nicht verlangen.



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