Evaluierung der Regelungen zur Verhinderung des Abmahnmissbrauch liegt vor

  • 4 Minuten Lesezeit

Aufgrund von Missbräuchen im Zusammenhang mit dem Ausspruch wettbewerbsrechtlicher Abmahnungen (sog. Abmahnmissbrauch) hatte der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs die gesetzlichen Vorgaben zum Ausspruch einer Abmahnung in zahlreichen Punkten geändert und zum Teil erheblich verschärft. Das Bundesministerium der Justiz hatte in diesem Zusammenhang eine Studie in Auftrag gegeben, mit der untersucht werden sollte, ob durch die geänderten gesetzlichen Regelungen die Zahl der missbräuchlichen Abmahnungen reduziert werden konnte. Nun liegt die entsprechende Studie vor.

Hintergrund: jahrelange Diskussionen über Abmahnmissbrauch

Bei einem wettbewerbswidrigen Verhalten haben einerseits Wettbewerber und andererseits Wettbewerbsvereine sowie Verbraucherschutzverbände die Möglichkeit, eine Abmahnung auszusprechen. Eine Abmahnung dient dazu, auf ein rechtswidriges Verhalten hinzuweisen, damit das Verhalten eingestellt und zukünftig unterlassen wird. In der Vergangenheit konnte von dem Abgemahnten in diesem Zusammenhang die Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung gefordert werden. Des Weiteren konnten die für die Abmahnung angefallenen Kosten von dem Abgemahnten verlangt werden. Insbesondere die Kostenerstattungsverpflichtung führte in der Vergangenheit immer wieder dazu, dass verschiedene Akteure insbesondere im Internet sehr fleißig nach Wettbewerbsverstößen suchten, um diese dann mit Standardschreiben kostenpflichtig abzumahnen. Kein Wunder also, dass es immer wieder Diskussionen über den Sinn der Abmahnung und das Problem von Rechtsmissbräuchen gab.

Gesetzesänderungen zur Eindämmung von Rechtsmissbrauch

Mit dem Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs hatte der Gesetzgeber dann die gesetzlichen Vorgaben zum Ausspruch einer Abmahnung in zahlreichen Punkten geändert und zum Teil erheblich verschärft. Informationen zu den entsprechenden Gesetzesänderungen finden Sie in dem folgenden Beitrag:

Gut für Internethändler: neues Gesetz erschwert Abmahnmissbrauch

Die Gesetzesänderungen betrafen zusammengefasst unter anderem die folgenden Punkte:

  • Abmahnvereine (Wettbewerbsvereine/Verbraucherschutzverbände) müssen in die beim Bundesamt für Justiz geführte Liste qualifizierter Wirtschaftsverbände bzw. in die Liste qualifizierter Einrichtungen eingetragen sein, um eine Abmahnung aussprechen zu können.
  • Die formellen Voraussetzungen an den Inhalt einer Abmahnung wurden erheblich verschärft.
  • In bestimmten Fällen kann wegen Verstößen gegen Informationspflichten im Internet mit der Abmahnung weder eine Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafe noch eine Kostenerstattung gefordert werden.
  • Der sog. fliegende Gerichtsstand bei Internetverstößen entfällt, sodass Wettbewerbsverstöße im Internet nicht mehr vor jedem zuständigen Gericht bundesweit geltend gemacht werden können.

Ergebnisse der Studie zur Evaluierung der Gesetzesänderungen

Ziel der 425 Seiten umfassenden Studie war eine Untersuchung, ob die mit dem Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs eingeführten Regelungen die Zahl der missbräuchlichen Abmahnungen um 50 % reduzieren konnten. Die Studie wurde zwischen Mai 2020 und Juli 2022 erstellt. Link zur Studie auf der Internetseite des Bundesministeriums der Justiz

Die wichtigsten Ergebnisse aus meiner Sicht (Zitate):

  • „Hinsichtlich des Forschungsziels lässt sich im Ergebnis feststellen, dass aufgrund der bei den Befragungsteilnehmern vorhandenen Datenlage nur begrenzt repräsentativ ermittelt werden konnte, ob die durch das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs eingeführten Regelungen ihr Ziel erreicht haben, die Zahlen missbräuchliche Abmahnungen um 50 % zu reduzieren.“ (S. 12)
  • „Nach Ansicht der Befragungsteilnehmer zeigten sich nach der Gesetzesreform bei den Empfängern von missbräuchlichen Abmahnungen keine Änderungen in Bezug auf die betroffene Branche (Online-Handel) sowie Größe der Unternehmen (Kleinst- und Kleinunternehmen). Veränderungen zeigten sich aber bei der Häufigkeit bestimmter Arten missbräuchliche Abmahnungen. Die Verringerung bei den von der Reform besonders ins Visier genommenen Verstößen deutet auf eine gewisse Wirksamkeit der Reform hin.“ (S. 12)
  • „Die Betrachtung der gruppenübergreifenden Ergebnisse hat gezeigt, dass nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs eine Verschiebung der Häufigkeit von bestimmten Verstößen vorliegt.“ (S. 16)
  • „Auch nach der Umsetzung des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs wird von den Befragungsteilnehmern noch weiterer Reformbedarf gesehen. Dieser geht vor allem in Richtung der generellen Vorschaltung eines Schlichtungsverfahrens und einer weiteren Limitierung der Anwaltskosten. Beides führt in letzter Konsequenz dazu, dass die Gerichte zunehmend entlastet würden. Dies steht allerdings im Gegensatz zu der Erkenntnis, dass Missbrauchsfälle die Gerichte nur in seltenen Fällen überhaupt erreichen. Dies kann man auch so interpretieren, dass sich der Wunsch ergibt, die vorhandenen Missbrauchsfälle aus einer vorgerichtlichen Erledigung stärker in ein strukturierteres Verfahren wie ein Schlichtungsverfahren zu ziehen. Dies könnte ein möglicher Weg sein, um Missbrauchsfälle stärker sichtbar zu machen und damit auch besser bekämpfen zu können.“ (S. 18)

So richtig überraschend sind die Ergebnisse der Studie aus meiner Sicht nicht. Und in der Praxis wird es auf eine altbekannte Problematik hinauslaufen:

Wie effektiv die Verteidigung gegen eine missbräuchliche Abmahnung ist, hängt letztlich von zwei Aspekten ab: einerseits, ob der Abmahner als Angreifer und der Abgemahnte als Angegriffener die „roten Linien“ kennen und andererseits, wie der zuständige Richter im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung die gesetzlichen Regelungen im konkreten Einzelfall anwendet. Über Verlauf und Ausgang wettbewerbsrechtlicher Auseinandersetzungen werden nach meiner Einschätzung also auch zukünftig Erfahrung und Strategie entscheiden.

Zu mir und meiner Tätigkeit:

Ich berate als Fachanwalt für IT-Recht bei Internetrecht-Rostock.de ständig Abgemahnte und verfüge daher über Erfahrung aus einer Vielzahl von Abmahnverfahren.

Weitere Informationen zu mir und meiner Tätigkeit können Sie meiner Profilseite, meinen Rechtstipps und meinem Bewertungsprofil entnehmen.

Ich berate Sie bundesweit auch kurzfristig telefonisch.

Sie haben auch eine Abmahnung erhalten?

Wenn Sie auch eine Abmahnung erhalten haben:

  • Rufen Sie mich einfach an unter: 0381 260 567 30
  • Schicken Sie mir eine E-Mail an: rostock@internetrecht-rostock.de
  • Oder lassen Sie mir über die Funktion „Nachricht senden“ direkt unter diesem Rechtstipp eine Mitteilung zukommen.


Andreas Kempcke

Rechtsanwalt 

Fachanwalt für IT-Recht

Internetrecht-Rostock.de


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Andreas Kempcke

Beiträge zum Thema