Falsche Preisangabe im Internet - was gilt?

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Manchmal genügt ein kleines Komma-Verschieben, und plötzlich kostet ein Fernseher nur noch einen Bruchteil des eigentlichen Preises. Haben Sie schon einmal einen solchen Preisfehler erlebt? Online-Händlerinnen und -Händler stehen oft vor der Frage, wie sie auf Bestellungen reagieren sollen, bei denen eine falsche Preisangabe vorliegt. In diesem Rechtstipp der Woche fassen wir die wichtigsten Fakten zusammen und klären die Fragen: Ist der fehlerhafte Preis überhaupt bindend, und sind Sie verpflichtet, die Ware zu liefern? Ist bereits ein Vertrag abgeschlossen? Auch im Online-Handel gilt das Prinzip der Vertragsfreiheit, was bedeutet, dass Sie frei entscheiden können, ob Sie einen Vertrag eingehen möchten und mit wem. Wenn noch kein Vertrag abgeschlossen wurde, haben Sie das Recht, das mit der Bestellung verbundene Angebot abzulehnen. Die Feststellung, wann genau ein Vertrag zustande gekommen ist, hängt von den Vertragsschlussregelungen in Ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ab. Bei bestimmten Zahlungsmethoden, die eine sofortige Zahlung ermöglichen (wie PayPal, Paydirekt oder Sofortüberweisung), kommt der Vertrag bereits mit der Einleitung der Zahlungstransaktion zustande. Weitere Informationen zur Gestaltung Ihrer Vertragsschlussklauseln in den AGB finden Sie in unserem Blogbeitrag: "Sichere AGB - So formulieren Sie Ihre Vertragsschlussregelungen korrekt." Kann die Bestellung "storniert" werden? Einmal abgeschlossene Verträge müssen grundsätzlich eingehalten werden. Als Händler oder Händlerin haben Sie normalerweise nicht das Recht, sich einseitig vom Vertrag zurückzuziehen oder die Bestellung zu stornieren. Sie verfügen nicht über ein vergleichbares Recht wie Verbraucher im Rahmen ihres Widerrufsrechts. Ist eine Anfechtung des Vertrags möglich? Die Anfechtung eines Vertrags führt dazu, dass dieser von Anfang an als ungültig betrachtet wird. Gemäß § 119 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) kann eine Willenserklärung angefochten werden, wenn die Person, die die Erklärung abgegeben hat, sich in Bezug auf ihren Inhalt geirrt hat (Inhaltsirrtum) oder die Erklärung in dieser Form überhaupt nicht hätte abgeben wollen (Erklärungsirrtum), unter der Annahme, dass die Erklärung bei Kenntnis der Sachlage und einer angemessenen Überlegung nicht abgegeben worden wäre. Ein Irrtum in Bezug auf das Motiv (Motivirrtum), wie etwa eine fehlerhafte Preiskalkulation, berechtigt jedoch nicht zur Anfechtung. Wenn in einem Online-Shop falsche Preise angezeigt werden, sei es aufgrund von Fehlern bei der Eingabe durch Sie oder Ihre Mitarbeiter oder aufgrund eines technischen Fehlers, können Sie einen bereits abgeschlossenen Vertrag anfechten. Es ist jedoch erforderlich, dass Sie im Zweifelsfall vor Gericht nachweisen können, dass der Preisfehler tatsächlich während des Erklärungsvorgangs, also der Preiseingabe oder der Datenübertragung, aufgetreten ist (siehe OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.05.2016 – I-16 U 72/15; AG Bremen, Urteil vom 05.12.2012, 23 C 0317/12). Die Gerichte haben bereits Anfechtungsfälle behandelt, wie zum Beispiel eine Änderung der Formel in der Software durch den Provider, die dazu führte, dass die Dezimalstelle bei ursprünglich korrekt erfassten Beträgen verschoben wurde (siehe OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 20.11.2002, 9 U 94/02). Im Jahr 2005 gestattete der Bundesgerichtshof die Anfechtung eines Kaufvertrags aufgrund eines Übertragungsfehlers in die Produktdatenbank, wodurch der Kaufpreis auf weniger als ein Zehntel des ursprünglichen Betrags gesunken war (siehe BGH, Urteil vom 26.01.2005, VIII ZR 79/04). Auch ein versehentlicher Eingabefehler, der zu einer unvorhergesehenen doppelten Preisnachlassierung bei Reiseangeboten führte, wurde als Erklärungsirrtum angesehen (siehe AG Frankfurt am Main, Urteil vom 28.02.2019, 30 C 1714/18 (71)). Richtige Vorgehensweise bei Preisfehlern Eine Anfechtungserklärung sollte eindeutig darauf hinweisen, dass das Geschäft aufgrund eines Fehlers rückgängig gemacht werden soll. Wenn gleichzeitig Verhandlungen über den Preis nach der Mitteilung des Preisirrtums beginnen, wird nicht ausreichend deutlich, dass eine vollständige Aufhebung des Geschäfts beabsichtigt ist, und somit liegt keine Anfechtungserklärung vor (siehe LG Berlin, Urteil vom 21.05.2012, 52 S 140/11). Es ist ratsam, ausdrücklich auf die Anfechtung hinzuweisen. Schnelles Handeln ist gefragt! Die Anfechtung muss unverzüglich erfolgen, sobald Sie Kenntnis von dem Anfechtungsgrund erlangt haben, ohne schuldhaftes Zögern. Die angemessene Frist hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. In einem Fall wurde von einem großen Unternehmen beispielsweise eine Frist von 10 Tagen als zu lang angesehen, während das Landgericht München 14 Tage noch als unverzüglich betrachtete (siehe LG Berlin, Urteil vom 20.07.2004, Az. 4 O 293/04; AG Hamburg-Barmbek, Urteil vom 03.12.2003, 811B C 61/03). Konsequenzen: Schadenersatzpflicht des Anfechtenden Wenn jemand einen Vertrag aufgrund eines Irrtums anfechtet, ist er zur Zahlung von Schadenersatz verpflichtet (§ 122 Abs. 1 BGB). Dabei muss der Vertrauensschaden, d. h. der finanzielle Schaden, den die andere Partei erlitten hat, um so gestellt werden, als ob der Vertrag nie geschlossen worden wäre. Der Schadensersatz darf jedoch nicht höher sein als das Interesse an der Erfüllung des Vertrags. Die Höhe des Schadens muss vom Geschädigten nachgewiesen werden.

Foto(s): www.kanzlei-steinwachs.de

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