Familienrecht: Oberlandesgericht weist Beschwerde zurück – was nun?

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Im Familienrecht beginnen alle Verfahren zunächst beim Amtsgericht, das man in diesem Fall auch als Familiengericht bezeichnet. Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts gibt es fast immer – sowohl im Eilverfahren als auch im normalen Hauptsacheverfahren – das Rechtsmittel der Beschwerde.

Über die Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Das Rechtsmittel führt zu einer vollständigen Überprüfung des familiengerichtlichen Beschlusses, das Oberlandesgericht sucht also nicht nur nach Rechtsfehlern, sondern macht sich ein eigenes Bild vom Sachverhalt und übt selbst das Ermessen aus, welche Entscheidung die sinnvollste ist.

Verliert man nun in der Beschwerdeinstanz, stellt sich die Frage, welches weitere Rechtsmittel es hier gibt.

Eines vorweg: Bei einer Niederlage vor dem Oberlandesgericht ist es für den Rechtsweg unerheblich, wie das Amtsgericht entschieden hat. Egal, ob man in der ersten Instanz gewonnen und dann nach der Beschwerde der Gegenseite verloren hat oder ob man in der ersten Instanz verloren hat und dann die Beschwerde zurückgewiesen wurde, das weitere Rechtsmittel gegen die Beschwerdeentscheidung ist immer das gleiche.


Revision

Die Revision ist normalerweise das letzte Rechtsmittel gegen eine gerichtliche Entscheidung. Im Familienverfahren gibt es die Revision aber nicht, sie scheidet also von vornherein aus.


Rechtsbeschwerde

Stattdessen gibt es die Rechtsbeschwerde. Inhaltlich ist diese mit der Revision weitgehend identisch, in beiden Fällen wird der Beschluss auf Rechtsfehler geprüft.

Wie die Revision im allgemeinen Zivilprozessrecht ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn sie zugelassen wird (§ 70 Abs. 1 FamFG). Dies kommt erfahrungsgemäß aber nur sehr selten vor. Praktisch muss das Oberlandesgericht sagen: „Bitte, lieber Bundesgerichtshof, überprüfe mal mein Urteil, ob ich auch alles richtig gemacht habe.“ In aller Regel passiert das nur, wenn es um ungeklärte, hoch strittige Rechtsfragen von allgemeinem Interesse geht.

Lässt das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde zu, steht dies meist sowohl im Tenor des Beschlusses (also am Anfang der Entscheidung, normalerweise optisch hervorgehoben) als auch am Ende der Begründung (also auf der letzten Seite), wo dann ausgeführt wird, welche Rechtsfrage zu klären ist.

Lesen Sie gar nichts zur Frage der Zulassung der Rechtsbeschwerde, bedeutet das, dass diese nicht zugelassen wurde. Das ist, wie gesagt, der Normalfall.


Nichtzulassungsbeschwerde

Wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, könnte man daran denken, eine Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen. Diese gibt es im allgemeinen Zivilrecht und damit kann man erreichen, dass die Revision nachträglich doch noch durch den Bundesgerichtshof zugelassen wird.

Diese Möglichkeit gibt es im Familienrecht leider nicht. Das FamFG kennt keine Nichtzulassungsbeschwerde. Es gibt also keine Chance, die Sache doch noch auf diesem Umweg zum Bundesgerichtshof zu bringen.


Anhörungsrüge

Die Anhörungsrüge ist ein relativ neues Rechtsmittel, das Verletzungen des rechtlichen Gehörs beseitigen soll. Hat das letzte in der Sache tätige Gericht dem Angeklagten nicht richtig „zugehört“, also seine Argumente nicht beachtet, kann es im Rahmen der Anhörungsrüge das Verfahren fortsetzen, um nun alles vollständig zu erfassen.

Im Familienrecht ist das Oberlandesgericht – siehe oben – nicht auf eine rechtliche Prüfung beschränkt, sondern ein Tatsachengericht. Es ist also Aufgabe des OLG-Senats, den Sachverhalt genau zu prüfen und darum auch die ganzen Behauptungen und Beweisangebote der Parteien umfassend zur Kenntnis zu nehmen.

Darum kann es im Familienrecht häufig sinnvoll sein, eine Anhörungsrüge einzulegen.

In aller Regel ist die Anhörungsrüge aber erfolglos. Sie dient vor allem der Vorbereitung einer Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs.


Abänderungsantrag

Der Abänderungsantrag ist eine familienrechtliche Besonderheit. Damit kann ein an sich rechtskräftiger Beschluss geändert werden, wenn sich wesentliche Rahmenumstände geändert oder neue Erkenntnisse ergeben haben.

Beispiele für solch neue Tatsachen sind bspw. nachträglich erstellte Gutachten, Veränderungen in der Lebenssituation von Eltern und/oder Kindern oder Vorfälle, die im Widerspruch zu den Erwartungen des Gerichts in der Begründung des Beschlusses stehen.

Die Schwelle ist damit deutlich niedriger als bei Wiederaufnahmeanträgen in anderen Rechtsgebieten. Zugleich dient der Abänderungsantrag aber auch nicht dazu, eine „neue Runde“ im Rechtsstreit zu eröffnen. Vielmehr soll nur dafür gesorgt werden, dass ein Urteil, das aufgrund neuer Umstände so nicht mehr bestehen bleiben kann, an diese neue Situation angepasst wird.

In der Regel werden sich Anhaltspunkte für einen Abänderungsantrag nicht sofort nach dem Zugang des OLG-Beschlusses ergeben. Es ist auch nicht ratsam, leichtfertig solche Anträge zu stellen und damit ggf. das Gericht gegen sich aufzubringen.


Verfassungsbeschwerde

Die Verfassungsbeschwerde ist grundsätzlich das Mittel der Wahl, wenn man gegen einen nicht anders anfechtbaren Oberlandesgerichts-Beschluss vorgehen will.

Mit der Verfassungsbeschwerde können aber nur Grundrechtsverletzungen gerügt werden, keine sonstigen Fehler im Urteil. Dass das Familienrecht falsch angewandt wurde oder die Beweise falsch gewürdigt wurden, ist grundsätzlich kein Argument für die Verfassungsbeschwerde.

Als verletztes Grundrecht kommt bei einer familienrechtlichen Verfassungsbeschwerde vor allem Art. 6 GG in Betracht. Dieses Grundrecht schützt Ehe und Familie in umfassender Weise, insbesondere auch das Sorgerecht der Eltern für ihre Kinder.


Gezieltes, mehrgleisiges Vorgehen

Rechtsanwalt Thomas Hummel kann ihnen helfen, die verschiedenen Möglichkeiten der Anfechtung eines familienrechtlichen OLG-Beschlusses auszuloten.

Er prüft in der Regel vorrangig die Aussichten einer Verfassungsbeschwerde und legt Ihnen das weitere Vorgehen dar. Sollte sich die erwähnte Anhörungsrüge im Hinblick auf die angedachte Verfassungsbeschwerde anbieten, kann er diese – auch in Zusammenarbeit mit Ihrem Rechtsanwalt aus dem familiengerichtlichen Verfahren – unterstützen bzw. übernehmen.

Im Hinblick auf die längere Dauer der meisten Verfassungsbeschwerdeverfahren kann es auch sinnvoll sein, gleichzeitig die Möglichkeit eines Abänderungsantrags im Auge zu behalten. Da RA Hummel im Instanzverfahren nicht tätig ist, würde er diesen Teil einem hierauf spezialisierten Kollegen überlassen.

Auf diese Weise ist sichergestellt, dass Ihr Anliegen – gerade wenn es um sehr wichtige Themen wie das Sorgerecht geht – in der bestmöglichen Weise bearbeitet wird und hoffentlich auch in einem positiven Ergebnis endet.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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