Fiktive Abrechnung nach Wasserschaden: Neuwertspitze

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Fiktive Abrechnung und Neuwertspitze

Die fiktive Abrechnung zeichnet sich dadurch aus, dass regelmäßig ein Betrag von 70 % vom Netto von der Versicherung geleistet wird. In Einzelfällen kann dieser Betrag (Zeitwert) auch darunter liegen. Fiktive Abrechnung heißt streng genommen, dass keine Instandsetzung erfolgt. Stellen Sie sich einfach vor, dass das Parkett feucht und aufgequollen ist, man aber der Ansicht ist, dass das Parkett ruhig etwas wellig sein kann, weil es einen einfach nicht stört. Dies ist eine fiktive Abrechnung. 

In einem solchen Fall gibt es keine Neuwertspitze.

Was ist die Neuwertspitze?

Die Neuwertspitze bezeichnet die verbleibenden 30 % vom Netto bei der fiktiven Abrechnung.

Wie bekomme ich die Neuwertspitze?

1. Es muss eine Instandsetzung erfolgen.

2. Es muss die sach- und fachgerechte Instandsetzung nachgewiesen werden.

Wer also seine Tapeten selbst anbringen möchte, der kann zunächst fiktiv (70 %) auf Grundlage eines KVA eines Malers bei der Gebäudeversicherung abrechnen. 

Danach wird tapeziert und man fertigt Lichtbilder von den Wänden und fordert die Versicherung zur Zahlung der weiteren 30 % auf. So ist die Theorie für die fiktive Abrechnung mit eigener Wiederherstellung.

Persönlich kenne ich keine Versicherung, die wegen derartiger Arbeiten noch einen Sachverständigen oder Regulierer geschickt hat, der sodann nachprüft, ob wirklich geschliffen wurde, abgesaugt, grundiert, tapeziert, abgedeckt und die Acrylfugen ordnungsgemäß gezogen worden sind.

Warum gibt es eine Neuwertspitze?

Der Streit um die Neuwertspitze ist letztlich deswegen entstanden, weil Versicherungsbetrug vorgebeugt werden soll. Der BGH hat irgendwann auch erkannt, dass es ja nicht sein könne, dass jemand ad hoc, 100 % eines Schadens bekommt. Einem möglichen Versicherungsbetrug wäre damit Tür und Tor geöffnet, weil jeder in seinen eigenen 4-Wänden letztlich unbeobachtet ist. Wasserhahn aufdrehen, Streichholz an das Haus halten und 100 % Versicherungsleistung erlangen, dies hatten sich vor Jahrzehnten zu viele Leute gedacht. Daher ist es so, dass man, wenn man so was machen wollte, man zunächst auf einem Schaden sitzen bleibt. Für mich ist dies auch nur logisch und nachvollziehbar, aber hier geht es ja um nicht um Versicherungsbetrug, sondern eine vernünftige fiktive Abrechnung.

Streit bei der Neuwertspitze

Ja, es gibt Rechtsprechung zur Neuwertspitze. Hochtrabende Rechtsprechung sogar. Da wird von 2-stöckiger Bebauung gesprochen, obwohl vorher nur ein Bungalow vorhanden war usw. Dies sind jedoch Spezialfälle, die mit nahezu 99,5 % der Versicherungsschäden nichts gemeinsam haben. Diese Fälle interessieren hier daher wenig.

Mehrwertsteuer bei der fiktiven Abrechnung

Mehrwertsteuer gibt es nur, wenn diese konkret angefallen ist. Wer also auch Mehrwertsteuer ersetzt haben möchte und in Eigenleistung wiederherstellt, der holt sich Kostenvoranschläge ein und beschafft sich nachher das Material selbst. Dieser Abrechnungsmix ist insoweit zulässig. 

Vorsicht bei Sanierungsfirmen und der fiktiven Abrechnung

Sanierungsfirmen spielen eine Rolle bei der Behebung von Versicherungsschäden. Ganz klar, diese sind nahezu immer involviert. Rechnet man jedoch auf deren KVA ab, dann sollte man am Ende des KVA immer schauen, ob dort nicht ein Skonto oder ein Versicherungsrabatt eingestellt ist. Dies können mal locker 5-10 % der Gesamtsumme sein.

Im Gegensatz zur KFZ-Kasko-Versicherung mit Werkstattbindung ist ein solcher Rabatt in der Wohngebäudeversicherung nicht die Regel, denn zu erstatten sind marktübliche Preise. Wenn eine Sanierungsfirma aber der Versicherung einen Rabatt gewährt, dann ist dies Sache dieser Beteiligten. Der marktübliche Preis wäre jedoch der Preis, der eben keinen Rabatt enthält.

Bei Fragen zu Versicherungsschäden einfach kurz melden.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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