Wasserschaden: Die Silikonfuge in der Gebäudeversicherung

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ACHTUNG NEUE BGH-Rechtsprechung seit dem 20.10.2021! Update folgt.


Wasserschaden: Silikonfugen in der Gebäudeversicherung

Wasserschäden seien vielfach auf „undichte Silikonfugen zurückzuführen“. Silikonfugen seien „Abdichtungs-“ sowie „Wartungsfugen“. Kommt es zu Wasserschäden sowie Nässefolgeschäden infolge von undichten Silikonfugen, so lehnen mittlerweile viele namhafte Gebäudeversicherung eine Regulierung des Wasserschadens ab.

Werden diese Wasserschäden zu Unrecht abgelehnt?

Ja, meine persönliche Einschätzung ist die, dass dies so pauschal rechtlich nicht haltbar ist. In diesem Punkt halte ich die neue Regulierungspraxis vieler Versicherung für falsch. 

Es geht hierbei schlichtweg um Kostensenkung und eventuell auch um mangelndes Fachwissen. Vorschnell werden versicherungsfreundliche Gerichtsentscheidungen angeführt, um letztlich eine Kostensenkung herbeizuführen. Die Frage der „Silikonfugen“ ist aber nicht deutschlandweit gerichtlich geklärt. Der Norden ist tendenziell pro Versicherungsnehmer, während es in Richtung Süden eher pro Versicherung läuft. Es gibt hier also unterschiedliche Rechtsprechungen der zuständigen Oberlandesgerichte.

Woraus resultiert die Einschätzung der Versicherungen?

Jede Entscheidung einer Versicherung muss nachvollziehbar und plausibel sein. Der Verweis auf ein einzelnes OLG-Urteil ersetzt dies aber nicht. Vor diesem Hintergrund muss man sich die Geschichte des Wassers in der Gebäudeversicherung verdeutlichen.

Schnellexkurs: Die Geschichte des Wassers in der Gebäudeversicherung

1. Wasser

Am Anfang stand das Wasser. Abgedeckt sind Schäden durch Wasser.

2. Leitungswasser

Eine Differenzierung nach Leitungswasser ist sicherlich noch verständlich, also ein Schutz gegen Wasser, welches aus Leitungen austritt. Es kommt also zur ersten Begriffsbestimmung.

3. Regenwasser

Freilich, es besteht ein Unterschied zwischen Regenwasser und Leitungswasser. Differenzierungen mag man auch hier hinnehmen. Es kommt also zur Differenzierung beim Wasser. 

4. Planschwasser

Planschwasser ist Wasser, welches beim Baden austritt. Ja, auch diese dritte Differenzierung mag man hinnehmen.

5. Spritzwasser

Spritzwasser, ja manchmal sprüht es weitflächig aus einem Wasserhahn. Man mag auch eine Einschränkung beim Spritzwasser hinnehmen.

6. Brauchwasser

Brauchwasser, tja, was ist Brauchwasser? Sinngemäß handelt es sich bei Brauchwasser z. B. um Wasser, welches aus dem Duschkopf als Leitungswasser austritt, dann dem Duschen (Brauchen des Wassers) zugeführt wird, also Brauchwasser ist, um sodann als Abwasser zu enden.

7. Abwasser

Abwasser, ja auch hier mag man eine Differenzierung hinnehmen. Allein schon deswegen, weil Abwasser ohne druckführende Leitungen abgeführt wird, oder aber eben z. B. mit Extrementen oder sonstigen Stoffen versetzt wird.

8. Oberflächenwasser

Oberflächenwasser entsteht durch Niederschläge oder Überschwemmungen und bedeckt die Oberfläche. 

Haben Sie alles verstanden? Ok, dann kann es weiter gehen, denn jetzt wird es abstrus.

Warum sei Wasser, „ausgetreten über Silikonfugen“, nicht versichert?

Die Argumentationskette der Versicherungen geht dahin, dass Leitungswasser, mit Verlassen des Duschkopfes, ja Brauchwasser geworden sei. Dieses Wasser sei bestimmungsgemäß aus dem Duschkopf ausgetreten. Versichert sei aber nur der bestimmungswidrige Austritt von Leitungswasser, sodass dann aber über die „Silikonfugen“ Brauchwasser austreten würde, mithin also kein Versicherungsschutz bestehen würde, da ja nur das Risiko des Austritts von bestimmungswidrig austretendem Leitungswasser versichert sei, mithin das „Brauch“wasser aber bestimmungsgemäß ausgetreten sei.

In einer juristischen Arbeit mag man ein „summa cum laude“ für diese rhetorische Spitzfindigkeit bekommen, mithin einen philosophischen Ritterschlag von Schopenhauer bekommen. Ich nenne es aus den nachfolgen Gründen jedoch „Bullshit“.

Eine Silikonfuge ist keine Abdichtungsfuge, DIN 18534

Die DIN 18634 regelt die Abdichtungen von Feuchträumen. Als Beispiel dient hier die Wassereinwirkungsklasse W1-1, also eine solche im häuslichen Bereich, mithin ein Badezimmer.

Eine Schnellrecherche in dem Beitrag: Dichter als vorher? Ein Blick auf die neuen Abdichtungsnormen, DIN 18195 und DIN 18351 bis DIN 18535, Autor: Henrik-Horst Wetzel, Thomas Platts, Der Bausachverständige: Zeitschrift für Bauschäden, Baurecht und gutachterliche Tätigkeit, 48 PDF-Seiten, zeigt, dass das Wort „Silikon“ dort nicht einmal auftaucht.

Es gibt insgesamt verschiedene Abdichtungssystem. Es können Harze oder Dichtschlämme verwandt worden sein. Bekannt sind aber vor allem die Abdichtungsbänder, die z. B. fest an die Duschtasse sowie die Fliesenbereiche angebracht werden. Die Silikonfuge selbst, bildet in diesem System keine Abdichtung, sondern stellt letztlich nur eine Sichtfuge ohne weitere Funktion dar.

Es wäre ja noch besser, wenn in einem Hochhaus irgendwo an einer Dusche eine verschimmelte Silikonfuge entfernt wird und sämtliche darunter befindliche Wohnungen baden gehen würden, weil, soweit man die Silikonfuge als Abdichtung ansehen würde, dass Wasser ja quasi direkt runterlaufen müsste. Dies ist aber nicht der Fall.

Praxistest: Tauchen Sie mal an den Grund eines Schwimmbads

Wenn Sie gerne schwimmen und tauchen, dann tauchen Sie mal an den Ecken eines Schwimmbads herunter. Ich sehe dort regelmäßig keine Silikonfugen, die einen Wasseraustritt verhindern.

Ist die Auslegung Brauchwasser noch verständlich?

Die nördlichen Gerichte sagen ganz klar, dass die versicherungsfreundliche Auslegung von „Brauch“wasser den Wortlaut der Versicherungsbedingungen überschreitet. Kurz, handelt es sich sozusagen um eine überraschende Auslegung? Überschreitet diese Auslegung den gewöhnlichen Empfängerhorizont eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers?

Hier sind die nördlichen Gerichte ganz klar auf Verbraucherseite und entscheiden insoweit auch versicherungsnehmerfreundlich. Ich bin ebenfalls ganz klar auf dieser Linie. Nicht nur wegen der Auslegung des Begriffes, sondern vor allem auch wegen der DIN-Normen.

Muss man immer gleich klagen?

Nein, wie überall im Leben, versucht man erst sich ohne ein Gericht zu einigen. Sowas klappt eigentlich immer ganz gut, aber manchmal geht es eben nicht anders. Bedenken Sie einfach, wie diese Rechtsprechung zustande gekommen ist. Diese Rechtsprechung ist deswegen zustande gekommen, weil Versicherungen große Rechtsabteilungen beschäftigen und diese natürlich zur Abwehr von Ansprüchen beauftragt werden.

Ja, diese Rechtsabteilungen beauftragen mitunter auch Großkanzleien, die wiederum juristische Kommentare mitverfassen, also das Handwerkszeug schreiben und verfassen, dessen sich Richter und Anwälte bedienen, wenn ein Rechtsfall gelöst werden soll.

Ob dies jetzt sinnvoll ist oder nicht, sei dahingestellt. Wenn ich wissen möchte, ob eine Silikonfuge eine Abdichtung ist oder nicht, dann schaue ich nicht in eine schlaue juristische Kommentierung, sondern sowas erfrage ich nebenbei, wenn ich mich mit Bausachverständigen unterhalte. Deren Meinung dazu ist eindeutig. Eine Silikonfuge ist keine Abdichtung.

Da sich die Regulierungspraxis vieler Versicherungen in diesem Punkt erst in den letzten 1–2 Jahren geändert hat, ist dieser Themenkomplex „Die Silikonfuge in der Schadenregulierung“ mehr als brisant. 

Es kommt drauf an. Ganz früher wurde manchmal tatsächlich so gebaut, dass die Duschtasse einfach an die Fliesen angesetzt worden ist. Dann kann es auch darauf ankommen, ob z. B. technische Erneuerungen mitversichert sind, denn heutzutage wird sich jeder Handwerker an DIN-Normen halten. In den Bedingungen ist dies teilweise explizit geregelt und es heißt in der Rechtsprechung, dass die üblichen Instandsetzungskosten zu erstatten sind, was wiederum für einen Ersatz nebst neuen Abdichtungen spricht.

Welche Probleme gibt es regelmäßig bei einem Wasserschaden mit der Versicherung?

Lesen Sie mehr zu den folgenden Punkten oder zögern Sie nicht, kostenlosen Erstkontakt aufzunehmen.

  1. Wer zahlt die Leckortung bei einem Wasserschaden?
  2. Ist die Schadenursache versichert?
  3. Wer zahlt die Trocknung nach einem Wasserschaden?
  4. Wer zahlt die Stromkosten?
  5. Wer zahlt die Renovierung nach einem Wasserschaden?
  6. Darf mir die Versicherung einen Wassersanierer empfehlen?
  7. Was ist, wenn ich fiktiv abrechnen will?
  8. Wie hoch ist die Mietminderung nach einem Wasserschaden?
  9. Wer zahlt den Bodenbelag nach einem Wasserschaden?
  10. Was ist die Neuwertspitze bei der fiktiven Abrechnung?

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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