Freiheitsstrafe auf Bewährung – Welche Voraussetzungen müssen vorliegen?

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Kommt ein Strafgericht zum Entschluss, dass sich eine Person mit einem bestimmten Verhalten strafbar gemacht hat und erachtet es als notwendig, diese Person hierfür zu bestrafen, so stellt das deutsche Strafrecht zwei Hauptstrafen zur Verfügung: die Geldstrafe und die Freiheitsstrafe. Entscheidet sich das Gericht für die Freiheitsstrafe, stellt sich auf zweiter Ebene die Frage, ob die Freiheitsstrafe „zur Bewährung“ ausgesetzt wird. Doch unter welchen Voraussetzungen kommt dies überhaupt in Betracht? Wir klären auf!

Was bedeutet eigentlich „auf Bewährung“?

 „Der Angeklagte wird zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt.“ So würde es im Tenor eines Strafurteils lauten.

Konkret heißt das, dass Sie zwar zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden sind, diese jedoch vorerst nicht antreten müssen. Vielmehr müssen Sie sich für eine gewisse Dauer „bewähren“. Falls Sie sich jedoch etwas zuschulden lassen kommen, d. h. eine neue Straftat begehen oder aber gegen bestimmte Bewährungsauflagen verstoßen, führt dies zum „Bewährungswiderruf“ und die Freiheitsstrafe muss nun doch angetreten werden. Darüber hinaus werden Sie für die neue Straftat ebenso bestraft, sodass aus den ursprünglichen 6 Monaten Freiheitsstrafe schnell mehrere Monate werden.

Wann wird eine Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt?

Erste Voraussetzung für eine Bewährung ist grundsätzlich, dass die Freiheitsstrafe zwei Jahre nicht übersteigt. Das heißt: sollte das Gericht eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und einem Monat verhängen, kann deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt werden. Aus diesem Grund kann u. U. die primäre Verteidigungsstrategie darin liegen, eine Freiheitsstrafe von unter zwei Jahren zu erreichen, damit eine Bewährung überhaupt erst möglich ist.

Eine weitere Voraussetzung ist die sog. „günstige Sozialprognose“. Diese liegt vor, wenn zu erwarten ist, dass der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Im Ergebnis heißt dies, dass die „günstige Sozialprognose“ vonseiten des Gerichts u. a. aufgrund folgender Punkte beurteilt werden muss:

Persönlichkeit des Verurteilten, dessen Vorleben (insbesondere etwaige Vorstrafen), die Umstände der Tat (Beweggründe und Tatziele des Verurteilten), das Verhalten nach der Tat (Reue / Schadenswiedergutmachung), die Lebensverhältnisse (Familienverhältnisse, berufliche Situation).

Günstige Sozialprognose ausreichend?

Ob neben der günstigen Sozialprognose noch weitere Voraussetzungen vorliegen müssen, hängt grundsätzlich von der Höhe der Strafe ab.

Bei einer Freiheitsstrafe von unter 6 Monaten genügt das Vorliegen der günstigen Sozialprognose. Insbesondere ist eine Bewährung in diesem Fall zwingend.

Bei einer Freiheitsstrafe zwischen 6 Monaten und einem Jahr ist neben der günstigen Sozialprognose darüber hinaus notwendig, dass „die Vollstreckung der Strafe nicht zur Verteidigung der Rechtsordnung geboten ist“. Anders ausgedrückt: die Vollstreckung ist dann geboten, wenn aufgrund von schwerwiegenden Besonderheiten des Falles die Bewährung gegen das Rechtsempfinden der Bürger verstoßen würde und das Vertrauen der Bürger in das Rechtssystem erschüttert werden könnte.

Bei einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zwei Jahren ist darüber hinaus noch eine dritte Voraussetzung notwendig. Die Vollstreckung der Strafe kann hierbei nur zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen.

Besondere Umstände sind Milderungsgründe von besonderem Gewicht, die eine Strafaussetzung trotz des Unrechts- und Schuldgehalts als nicht unangebracht erscheinen lassen, z. B. der Umstand, dass der Täter nicht vorbestraft ist, eine lange Untersuchungshaft, eine positive Änderung und Stabilisierung der Lebensverhältnisse, geleistete Aufklärungshilfe, ein umfassendes Geständnis, ein Bemühen um Wiedergutmachung.

Bei erwiesener Schuld des Angeklagten wird es im Rahmen eines Strafverfahrens oftmals die Aufgabe des Verteidigers sein, eine bewährungsfähige Strafhöhe zu erreichen und sodann dem Gericht vor Augen zu führen, weshalb die Gründe für eine Bewährung zu bejahen sind.

Foto(s): ©Adobe Stock/WavebreakMediaMicro

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