„Für Verbraucher schreiben, nicht für Kollegen mit juristischer Fachbildung“

  • 5 Minuten Lesezeit
Dr. Sven H. Jürgens: „Für Verbraucher schreiben, nicht für Kollegen mit juristischer Fachbildung“
Katja Grund anwalt.de-Redaktion

Mit Know-how Ratsuchende auf sich aufmerksam machen: Das gelingt mit guten Rechtstipps. Rechtsanwalt Dr. Sven H. Jürgens ist aktiver Rechtstippschreiber und gibt im Interview Einblicke, worauf er bei der Erstellung achtet, worin sich Video- und reine Textrechtstipps unterscheiden und wie er seine Beiträge laienfreundlich gestaltet.

Sie veröffentlichen seit 2007 regelmäßig Rechtstipps auf anwalt.de. Nach welchen Gesichtspunkten wählen Sie Ihre Themen aus?

Die Themen ergeben sich meist aus der Lektüre neuer Rechtsprechung oder von Fachbeiträgen, aus aktueller Berichterstattung der Medien oder im Austausch mit Kolleginnen und Kollegen. Dabei wähle ich die Themen, die für meine Zielgruppe Verbraucher interessant sein könnten und einen Mehrwert oder eine große Durchschlagskraft haben.

Was ist für Sie der Vorteil von aktuellen Themen?

Aktuelle Themen, die z. B. Gegenstand von Medienberichterstattungen sind, wecken das Interesse, mehr zu erfahren. Die Zielgruppe von anwalt.de sind nach meiner Erfahrung gut informierte, interessierte Verbraucher, die von dem Thema betroffen sind und gezielt mehr erfahren wollen. Ein entsprechender Artikel bei anwalt.de führt häufig zu einer konkreten Nachfrage, zu einem Kontakt oder Mandat.

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Wann ist Ihrer Meinung nach der beste Zeitpunkt, um einen Rechtstipp zu einem aktuellen Thema zu publizieren?

Normalerweise dann, wenn das Thema Gegenstand der Berichterstattung in Printmedien, Radio und TV ist. Optimal ist es, das Thema schon vorausschauend aufzubereiten, um den Beitrag z. B. direkt nach einer BGH-Entscheidung veröffentlichen zu können. Dann sind die Aktualität und Aufmerksamkeit besonders hoch, mit entsprechendem Feedback. Das führt oft auch zu einem hohen generischen Google-Ranking des Artikels.

Welche Inhalte sind Ihnen bei Ihren Rechtstipps wichtig?

Mir kommt es auf leichte Verständlichkeit und den Mehrwert für meine Zielgruppe Verbraucher an. In meinen Rechtsgebieten Arbeits-, Versicherungs- und Betriebsrentenrecht suche ich daher Themen, die für Verbraucher ein Plus schaffen, sei es durch eine veränderte Rechtslage oder das Verschaffen eines allgemeinen Überblicks über die Rechte der Betroffenen.

Gibt es Inhalte, die Sie bewusst nicht in die Rechtstipps einfügen? 

Die Qualität und Nachvollziehbarkeit vieler Gesetzesvorhaben hat nach meinem Empfinden stark nachgelassen. In vielen Rechtsgebieten besteht Reformstau, bekannte und unbequeme Missstände werden von der Politik nicht angegangen. Darüber ärgere ich mich persönlich. Ich versuche aber, in meinen Beiträgen politische Themen zu meiden und mich auf die Fakten zu konzentrieren.

Welche Textlänge ist geeignet für einen Rechtstipp? 

Als Faustformel kann man sagen: Je kürzer der Text, desto größer die Aufmerksamkeit. Natürlich lassen sich komplexe Themen nur schwer in knappe Worte fassen, aber das Thema sollte ja vor allem verständlich transportiert und nicht im Sinne einer wissenschaftlichen Abhandlung erschöpfend erörtert werden. Zwei, maximal drei DIN-A4-Seiten sollten genügen.

Worauf achten Sie, damit Ihre Texte leserfreundlich werden?

Einfache, klare und schlanke Formulierungen, wenn möglich ohne juristische Termini, und wenn, dann mit verständlicher Erklärung. Wichtig ist zu beachten, dass wir für Verbraucher schreiben, nicht für Kolleginnen und Kollegen mit juristischer Fachbildung.

Wie bringen Sie das Schreiben in Ihrem Kanzleialltag unter?

Für die Lektüre aktueller Themen und die entsprechende Aufbereitung habe ich jeden Tag ein festes Zeitfenster. Die Terminierungen der Obergerichte in den für mich wichtigen Rechtsgebieten beobachte ich laufend. So bleibt man am Puls der Rechtsentwicklung und verpasst kein großes Thema im eigenen Tätigkeitsfeld.

Sie haben bereits mehrere Rechtstipps mit Videos veröffentlich. Wie unterscheiden sich Video- und reine Textrechtstipps in der Vorbereitung?

Videos sind aufwendiger als Textbeiträge, erreichen aber auch viel besser den Interessentenkreis. Es gibt mittlerweile hervorragende intuitiv zu bedienende Tools, mit denen die Videoaufnahme und -bearbeitung kinderleicht ist. Mit der Zeit wird das Aufnehmen, Schneiden und Veröffentlichen zur Routine, die sich nur wenig vom zeitlichen Aufwand bei Texten unterscheidet.

Wie viel Zeit investieren Sie in Ihre Rechtstipps mit und ohne Video? 

Je nach Thema ca. ein bis vier Stunden bei Text und Video. Bei reinen Textbeiträgen genügen in der Regel ein bis zwei Stunden.

Sie nutzen sowohl Videoanimationen als auch Videoaufnahmen: Welche Vorteile haben diese Formate Ihrer Erfahrung nach?

Wir leben in einer digitalisierten Welt: Menschen lieben Videos und nehmen diese dankbar an. Videos sind ein hervorragender Türöffner, um potenzielle Mandanten anzusprechen. Auf lange Sicht werden Videos noch mehr an Gewicht gewinnen.

Welcher Inhalt kann Ihrer Erfahrung nach mit einem Video besser vermittelt werden als mit reinem Text?

Mit Texten lassen sich die Themen sehr gut darstellen. Was auf der Strecke bleibt, ist ein persönlicher Eindruck vom Verfasser. Mit einem Video kann sich der Interessent einen ersten persönlichen Eindruck vom Anwalt verschaffen – die beste Möglichkeit, um Vertrauen für ein sich möglicherweise anschließendes Mandatsverhältnis aufzubauen.

Können Sie Tipps geben, wie Video und Text am besten aufeinander abgestimmt werden?

Das Video ist gut als Teaser geeignet, um dem Interessenten einen Einstieg in das Thema zu verschaffen und Interesse zu wecken, mehr zu erfahren. Der Text kann dann ausführlicher und vertieft durch die Thematik führen oder als ergänzende Lektüre oder Nachschlagewerk dienen. Oft ist aber schon das Video für den Interessenten Anlass, Kontakt aufzunehmen und eine konkrete Frage zu stellen.

Sie verwenden in Ihren Rechtstipps Zwischenüberschriften und teilweise auch Bilder zusätzlich zum Titelbild.

Die Layoutoptionen von anwalt.de gefallen mir sehr gut. Die Auflockerung mit Bildern und die Möglichkeit zur grafischen Gestaltung mit den Tools gibt den Artikeln einen professionellen Anstrich und erleichtert die Lektüre. Zwischenüberschriften verbessern die Orientierung – viele Interessenten lesen nur einzelne Punkte, das Ergebnis oder die Zusammenfassung.

Haben Sie Rechtstipps verfasst, die zu besonders vielen Anfragen oder Mandaten geführt haben? 

Es gibt einige Rechtstipps, die für eine kurze Zeit zu sehr vielen Anfragen geführt haben, weil die Themen damals brandaktuell waren (etwa zum Diesel-Abgasskandal im Jahre 2015). Andere Beiträge werden über längere Zeit gut angenommen, weil es sich um exotische Nischenthemen handelt, zu denen es im Netz wenig Informationen gibt.

Mein Tipp: Beiträge aus Sicht des Verbrauchers sehen, Aufhänger jenseits des Mainstreams wählen. Allgemeine Ratgeber gibt es schon en masse.

Rechtsanwalt Dr. Sven H. Jürgens ist Fachanwalt für Versicherungs- und Arbeitsrecht. Er berät seine Mandanten auch rund um die betriebliche Altersvorsorge. Mit Sitz seiner Kanzlei Dr. Jürgens & Coll. ist er besonders in der Hauptstadt aktiv, aber er berät auch bundesweit und international.

(KGR, ZGRA)

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Foto(s): ©privat/Dr. Sven H. Jürgens, ©Adobe Stock/mangpor2004

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