Geld zurück für bereits unter Corona gebuchte Reise

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Allein die Tatsache der Corona-Pandemie rechtfertigt noch nicht jeglichen Rücktritt von allen Pauschalreisen zu jedem Zeitpunkt ohne das eine Entschädigungszahlung verlangt werden kann. Das gilt insbesondere, sofern die Reise überhaupt erst während der Corona-Pandemie gebucht wurde. Entscheidend seien aber immer die Umstände des Einzelfalls. So könne ein enormer Anstieg der Corona-Neuinfektionen am Reiseziel zum Rücktritt berechtigen, ohne dass der Reiseveranstalter einen Anspruch auf Entschädigung hätte.


AG München, Urteil vom 15.06.2021 - 113 C 3634/21

Die Kläger buchten im Juni 2020 eine Kreuzfahrt bei der Beklagten. Vom 24.11.2020 bis 05.12.2020 sollten mehrere Städte im Mittelmeerraum angelaufen werden. Mitte Juli 2020 und am 18.09.2020 teilte die Beklagte coronabedingte Änderungen an der Reise mit, die nur verkürzt und zu einem reduzierten Preis durchgeführt werden könne. Dies akzeptierten die Kläger. Am 06.11.2020 teilten die Kläger aber mit, die Reise sei für sie aufgrund des erhöhten Infektionsgeschehens nicht durchführbar, und baten um kostenlose Stornierung. Nachdem die Beklagte dies abgelehnt hatte, erklärten die Kläger am 12.11.2020 den Rücktritt und verlangten den Reisepreise zurück. Die Beklagte stellte Stornogebühren in Höhe von 90% des Reisepreises in Rechnung.

Die Kläger trugen  vor, ganz Italien sei ab dem 08.11.2020 als Risikogebiet eingestuft und eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes erlassen worden. Sie hätten sich nach der Rückkehr nach Hause auch in eine mindestens fünftägige Quarantäne begeben müssen. Dies sei zum Zeitpunkt der Buchung nicht voraussehbar gewesen. Einer der Kläger gehöre aufgrund Diabetes zur Risikogruppe. Die Beklagte führte aus, dass die Kläger die Reise während der Pandemie gebucht und somit ein erhöhtes Infektionsrisiko billigend in Kauf genommen hätten. Sie hätten mit einer herbstlichen Verschlechterung der Infektionslage rechnen müssen.

Das AG München gab der Klage auf Rückzahlung des Reisepreises zuzüglich Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten statt. Allein die Tatsache der Pandemie reiche zwar nicht aus, um jeglichen Rücktritt von allen Pauschalreisen zu jedem Zeitpunkt ohne Anfall von Entschädigungszahlungen zuzulassen. Zu prüfen sei, inwieweit die konkrete Reise, ausgehend vom Zeitpunkt des Rücktritts, erheblich beeinträchtigt sein wird. Abzustellen sei auf die Sicht eines objektiven Durchschnittsreisenden und darauf, ob zu den zum Zeitpunkt der Buchung bekannten Beeinträchtigungen zum Zeitpunkt des Rücktritts, zu dem die Prognoseentscheidung zu treffen war, weitere Beeinträchtigungen hinzugetreten sind. Denn die bereits bei Buchung bekannten Beeinträchtigungen hätten die Kläger durch die Buchung akzeptiert, weitere jedoch nicht. 

Zum Zeitpunkt der Buchung habe es in Italien gerade mal 3,8 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner gegeben. Auch bei der letzten Buchungsbestätigung der Kläger am 18.09.2020 habe die Inzidenz nur bei 16,3 gelegen. Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes habe es dementsprechend nicht gegeben. Zum Zeitpunkt des Stornierungswunsches am 06.11.2020 habe Italien eine Inzidenz von 345,8 gehabt. Mit dieser massiven Verschlechterung hätten die Kläger zum Zeitpunkt ihrer letzten Buchungsbestätigung am 18.09.2020 nicht rechnen müssen, so das AG München weiter. Zwar sei ein Anstieg der Infektionszahlen im Herbst von Wissenschaftlern prognostiziert worden. Damit, dass der Anstieg trotz aller Maßnahmen so rasant erfolgen würde, habe jedoch weder der Großteil der Bevölkerung noch die Politik gerechnet. Ein Anspruch der Beklagten auf angemessene Entschädigung bestehe daher nicht. Vielmehr habe die Beklagte den Reisepreis zurückzuzahlen. 


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