Gemeinsame Vormundschaft für eingetragene Lebenspartnerinnen (Amtsgericht München)

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Bislang gibt es noch keine vollständige rechtliche Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft und der Ehe zwischen Mann und Frau. Insbesondere die gemeinsame Adoption eines Kindes ist eingetragenen Lebenspartnern rechtlich nicht möglich. Lediglich die sogenannte „Sukzessivadoption“ (ein Lebenspartner adoptiert alleine ein Kind, der andere Lebenspartner adoptiert dann in einem zweiten Schritt das Kind seines Partners), die vom Gesetzgeber auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (19.02.2013, Az.: 1 BvL 1/1) hin eingeführt wurde, ermöglicht es gleichgeschlechtlichen Paaren, ein Kind zu adoptieren.

Beachtung verdient in diesem Zusammenhang eine Entscheidung des Amtsgerichts München zur Vormundschaft (Beschluss vom 18.05.2016, Az.: 551 F 7061/12 RE, rechtskräftig). Demnach können eingetragene Lebenspartner die gemeinsame Vormundschaft für ein Kind ausüben.

Der Sachverhalt: Ein 10-jähriges Kind lebte seit dem Jahr 2008 bei zwei Pflegemüttern, die im Jahr 2005 eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen waren. Die beiden Frauen beantragten nun die gemeinsame Vormundschaft für ihr Pflegekind.

In § 1775 S. 1 BGB ist eine gemeinsame Vormundschaft nur bei (heterosexuellen) Ehepaaren, nicht also bei eingetragenen Lebenspartnern vorgesehen. Gemäß § 1775 S. 2 BGB können außerdem bei Vorliegen besonderer Gründe zwei Vormünder bestellt werden.

Das Amtsgericht München entschied hierzu: § 1775 Abs. 1 BGB ist dem Wortlaut nach nur für „Ehepaare“ (also nicht für eingetragene Lebenspartner) einschlägig. In der jetzigen Formulierung stellt die Vorschrift aber eine Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare dar. Somit besteht hier eine Regelungslücke mit der Folge, dass § 1775 Abs. 1 BGB analog auf eingetragene Lebenspartnerschaften anzuwenden ist. Das Amtsgericht nimmt explizit Bezug auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Sukzessivadoption (s.o.) und die darauf folgende Gesetzesänderung.

Der Beschluss des Amtsgerichts München ist rechtskräftig. Auch wenn es sich hier selbstverständlich nicht um höchstrichterliche Rechtsprechung handelt, ist die Entscheidung doch bemerkenswert – und ein weiterer Schritt auf dem Weg zur verfassungsrechtlich gebotenen vollständigen rechtlichen Gleichstellung.


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