Geschäftsführervertrag und Beratervertrag – Sozialversicherungspflicht?

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Beraterverträge zwischen dem – meist aus Altersgründen – ausscheidenden Geschäftsführer und seinem alten Unternehmen könne sinnvoll sein. So kann bei Ausscheiden des Geschäftsführers sein Spezialwissen und vor allem sein Netzwerk dem Unternehmen nutzbar gemacht werden. Und für den Aufhörenden gestaltet sich der Eintritt in den Ruhestand fließend.

Abhängige Beschäftigung oder versicherungsfreie Selbstständigkeit?

Bei der Gestaltung solcher Übergangsregelungen ist jedoch auch wie bei Geschäftsführerverträgen selbst zu beachten, ob ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis oder eine versicherungsfreie selbständige Tätigkeit gewollt ist. Schon die Beurteilung, ob eine Geschäftsführer als abhängig Beschäftigter (= sozialversicherungspflichtig) oder Selbstständiger (keine Sozialversicherungsbeiträge) tätig ist, ist immer wieder Gegenstand von Auseinandersetzungen mit der Deutschen Rentenversicherung. So sollte auch beim Übergang von einem ehemaligem Geschäftsführer, der aus dem Unternehmen ausscheidet, aber als Berater für das Unternehmen weiter tätig sein soll, Wert darauf gelegt werden, die vertraglichen Verhältnisse genau auseinander zu halten und entsprechend so zu gestalten, dass hohe Nachforderungen von Sozialversicherungsbeiträgen vermieden werden.

Kriterien des Bundessozialgericht (BSG) 

Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung ist § 7 Abs 1 SGB IV(...) Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, (...). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. (...) Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (siehe BSG Urteil v. 29.08.2012 – B 12 KR 25/10 R).

Vertrag und Realität?

In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass zwei wesentliche Dinge zusammen betrachtet werden müssen, um die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit vornehmen zu können. Die vertraglichen niedergelegten Vereinbarungen müssen eindeutig definiert und interpretiert werden. Darüber hinaus wird aber auch darauf geschaut, wie das Vertragsverhältnis tatsächlich gelebt wird. Papier ist geduldig und oftmals stellt sich das tatsächlich gelebte Rechtsverhältnis ganz anders dar, als es zu Papier gebracht wurde. Darauf weist das BSG hin, stellt jedoch aber auch fest, dass zunächst der vertraglich niedergelegte Will die Ausgangsbasis für die Betrachtung der Frage nach der Sozialversicherungspflicht ist:

„Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten (...) (BSG Urteil v. 29.08.2012 – B 12 KR 25/10 R).

Papier ist geduldig?

Aber auch allein die Lockerung der Weisungsgebundenheit durch eine Zusatzvereinbarung zum Geschäftsführervertrag genügt nach Ansicht des BSG nicht dazu eine selbstständige Tätigkeit anzunehmen. Denn wer weder rechtlich noch tatsächlich die Möglichkeit hat, wie ein beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer eine ihm nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden, ist im Zweifel in eine vorgegebene Organisation eingebunden, insbesondere wenn seine Leitungsmacht nur auf einen bestimmten Unternehmensteil beschränkt war (vgl. BSG a.a.O.).

Alles schon geklärt?

In einem jüngerem Beschluss hat das BSG die Revision eines von der Deutschen Rentenversicherung in Anspruch genommenen nicht zur Entscheidung angenommen (BSG Beschluss v. 22.07.2019 – B 12 R 5/19 B). Das BSG wies darauf hin, dass es zu der Abgrenzung in der Vergangenheit konkrete Kriterien herausgearbeitet hat. Die Kriterien, die jedoch auch einem Wandel in der Rechtsprechung unterliegen – wie das BSG selbst einräumte – müssen dezidiert auf den jeweiligen Fall angewendet werden. Zwar hatte der Kläger aus seiner Sicht offene und bislang ungeklärte Fragen zu der Bedeutung von Beraterverträgen, die neben dem Geschäftsführervertrag bestehen aufgeworfen. Das BSG verwies jedoch auf seine bisherige Rechtsprechung und sah keinen Anlass darüber hinaus, sich dieses besonderen Falls anzunehmen.

Bedenke! 

Da es bei der Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen meist um hohe Summen geht, die auch noch über mehrere Jahre nachzuzahlen sind, hat die Deutsche Rentenversicherung naturgemäß ein großes Interesse an entsprechenden Feststellungen der Beitragspflicht von vermeintlich Selbstständigen. Die vertragliche Gestaltung erweist sich als anspruchsvoll

Tipp!

Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist bei der vertraglichen Gestaltung sowohl von Geschäftsführerverträgen als auch bei Beraterverträgen für Geschäftsführer zu beachten. Auch neue Entwicklungen in der Rechtsprechung zu berücksichtigen. Sollte das Kind in den Brunnen gefallen sein, so ist gerade in der letzten Instanz, also im Verfahren vor dem Bundessozialgericht große Sorgfalt anzulegen, um eine Entscheidung überhaupt möglich zu machen. 



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