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Gesetzesänderungen im Juli 2022: Einfachere Vertragskündigung, Grundsteuererklärung und mehr

  • 5 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

Verpflichtender Kündigungsbutton

Unternehmen, die online den Abschluss kostenpflichtiger Verbraucherverträge mit einer Laufzeit ermöglichen, müssen ab Juli einen sogenannten Kündigungsbutton auf ihrer Website anbieten. Beispiele dafür sind Abos wie zum Beispiel von Zeitungen, Streamingdienste aber auch Verträge mit Versicherungen oder Mobilfunkanbietern.

Solche entgeltlichen Dauerschuldverhältnisse müssen Verbraucher mit dem vom jeweiligen Vertragspartner zu integrierenden Kündigungsbutton künftig einfach beenden können. Dessen Gestaltung und der Ablauf der Kündigung sind dabei genau durch den § 312k des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vorgeschrieben. Verbraucher dürfen nur zwei Schritte benötigen, um die Vertragskündigung zu erklären.

Verbraucher können weiterhin auf andere Weise Verträge kündigen. Ebenso kommt es nicht darauf an, dass der Vertrag zuvor auch online abgeschlossen wurde. Bietet ein Unternehmen keinen Kündigungsbutton an, können Verbraucher ihren Vertrag jederzeit ohne Kündigungsfrist kündigen.

EEG-Umlage auf Strompreis entfällt

Die auch als Ökostromumlage bezeichnete EEG-Umlage fällt nach ihrer Einführung im Jahr 2000 ab Juli vollständig weg. Der Strompreis kann dadurch um 3,72 Cent pro Kilowattstunde sinken. Die Stromanbieter sind gesetzlich verpflichtet, diese Kostensenkung an ihre Kunden weiterzugeben.

Renten steigen deutlich

Während die Renten im Westen um 5,35 Prozent steigen sind es im Osten 6,12 Prozent. Es ist damit die größte Rentensteigerung seit dem Jahr 1983.

Mindestlohn bei 10,45 Euro

Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn steigt ab Juli um 6 Prozent. Statt 9,82 Euro pro Stunde beträgt dieser dann 10,45 Euro. Bereits ab 1. Oktober 2022 erfolgt die nächste Erhöhung auf dann 12,00 Euro pro Stunde

Kinderbonus wird ausgezahlt

Familien mit Kindern erhalten im Juli pro Kind einen Kinderbonus von 100 Euro ohne besonderen Antrag. Voraussetzung ist, dass ein Kind mindestens einen Monat im Jahr 2022 kindergeldberechtigt war bzw. sein wird. Insofern wird der Kinderbonus auch noch für ungeborene Kinder gezahlt, wenn diese zur Welt kommen.

Familien mit geringem Einkommen bekommen zudem einen Sofortzuschlag in Höhe von monatlich 20 Euro pro Kind. Notwendig ist, dass für dieses Kinderzuschlag gezahlt wird oder das Kind

  • ALG II, Sozialgeld oder Leistungen für Bildung und Teilhabe erhält, dabei
  • nicht mehr als 25 Jahre alt ist und
  • im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils lebt.

Frist für Grundsteuererklärung beginnt

Im Jahr 2018 urteilte das Bundesverfassungsgericht, dass das Modell der Grundsteuererhebung veraltet und deshalb verfassungswidrig ist. Zugleich verlangten die Verfassungsrichter vom Gesetzgeber eine Grundsteuerreform. Infolgedessen müssen Eigentümer von rund 36 Millionen Immobilien nun eine Grundsteuererklärung abgeben.

Die Frist beginnt am 1. Juli und endet am 31. Oktober 2022, bis zu dem die sogenannte Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwerts erfolgen muss. Die Mitteilung der Grundsteuererklärung ist dabei auch online mittels ELSTER möglich. Die Angaben dienen anschließend zur Berechnung der neuen Grundsteuer. Diese ist erstmals ab 2025 zu zahlen.

Mietspiegel- und Auskunftspflicht

Städte ab 50.000 Einwohnern müssen ab Juli einen Mietspiegel erstellen. Der Mietspiegel ist eine wichtige Grundlage, um die ortsübliche Vergleichsmiete festzustellen.

Das ist insbesondere mit Blick auf die Mietpreisbremse wichtig. Denn diese verbietet dort, wo sie gilt, Mieterhöhungen im Rahmen der Neuvermietung, die mehr als 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Insbesondere bildet der Mietspiegelinhalt in Gerichtsverfahren eine wichtige Entscheidungsgrundlage.

Städte, die von der Mietspiegelpflicht betroffen sind, haben nur bis zum Jahresanfang 2023 Zeit für die Erstellung eines einfachen Mietspiegels. Im Laufe des Jahres 2023 müssen sie zudem einen qualifizierten Mietspiegel erstellen.

Die neuen Regeln sehen zudem eine Auskunftspflicht für Mieter und Vermieter vor. Diese werden zufällig ausgewählt und müssen für den Mietspiegel wichtige Daten mitteilen. Falsche Angaben können mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 Euro gehandet werden.

Neuer Termin für Führerscheinumtausch

Bis 19. Juli 2022 müssen Besitzer eines alten Führerscheins aus Papier, die in den Jahren 1953 bis 1958 geboren wurden, einen Umtauschtermin bei ihrer Führerscheinstelle machen. Wer seinen Führerschein nicht umtauscht, dem droht ein Verwarngeld von 10 Euro. Damit endet die Schonfrist, nachdem der ursprüngliche Termin im Januar 2022 pandemiebedingt um sechs Monate verschoben wurde.

Registrierungspflicht für verpackte Waren

Ab Juli muss sich jeder gewerbliche Inverkehrbringer verpackter Ware im Verpackungsregister LUCID registrieren. Dies gilt für alle Verpackungsarten. Keine Rolle spielt zudem, ob die Waren für andere Unternehmen oder für Endverbraucher bestimmt sind. Die Registrierung bei LUCID ist kostenfrei. Bei einer Nichtregistrierung trotz Registrierungspflicht drohen jedoch Bußgelder.

Dass eine Registrierung erfolgt ist, müssen wiederum elektronische Marktplätze beachten, auf denen verpackte Waren verkauft werden. Andernfalls dürfen sie diese dort nicht anbieten beziehungsweise von anderen Online-Händlern anbieten lassen. Umfangreiche Informationen gibt die Website der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister unter verpackungsregister.org.

Pfandfreie Einweg-Getränkeverpackungen dürfen zudem nur noch bis Juli 2022 verkauft werden. Und Lebensmittelgeschäfte – wie insbesondere Supermärkte – müssen ab Juli auch Elektroartikel zurücknehmen. Diese Rücknahmepflicht für sogenannten Elektroschrott gilt bereits, wenn sie Elektroartikel immer wieder einmal anbieten und ihre Verkaufsfläche 800 Quadratmeter überschreitet.

Coronatests werden kostenpflichtig

Ab Juli kostet ein Coronatest in Testzentren 3 Euro. Bisher war dies einmal wöchentlich ohne Kosten für alle möglich. Künftig können sich kostenlos testen nur noch Risikogruppen wie insbesondere Frauen zu Beginn der Schwangerschaft. Kostenfrei bleiben sollen Tests mit Blick auf eine Covid19-Infektion zudem für Besucher von Kliniken und Pflegeheimen und für Kinder bis fünf Jahre.

Coronabedingte Strafprozessregelung endet

Hauptverhandlungen in Strafprozessen dürfen nur für eine bestimmte Zeit unterbrochen werden, damit sie nicht wieder von vorne beginnen müssen. Das regelt § 229 Strafprozessordnung (StPO). Durch coronabedingte Verhinderungen der an einer Hauptverhandlung zu beteiligenden Personen drohte jedoch eine Überschreitung der darin genannten Fristen und das Platzen von Strafprozessen. Naheliegend war das insbesondere, wenn sich jemand in Quarantäne begeben musste. 

Damit Infektionsschutzmaßnahmen keine Strafprozesse beeinträchtigten, galt aufgrund von § 10 EGStPO seit Ende März 2020 eine Ausnahmeregelung von den Unterbrechungsfristen für Hauptverhandlungen, die nun ab Juli außer Kraft tritt. Der Deutsche Richterbund (DRB) hat dies bereits kritisiert. Mit Blick auf möglicherweise steigende Infektionszahlen ab Herbst fordert der DRB deshalb Regelungen zur Hemmung der Unterbrechungsfristen.

Bei Abschiebehaft gilt wieder Trennungsgebot

Ab Juli gilt wieder das Trennungsgebot in der Abschiebehaft. Abzuschiebende Personen sind danach in speziellen Hafteinrichtungen unterzubringen. Im Jahr 2019 wurde diese Regelung jedoch wegen fehlender Kapazitäten ausgesetzt. Künftig gilt das Trennungsgebot nur dann nicht, wenn keine speziellen Einrichtungen im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vorhanden sind oder es sich bei abzuschiebenden Personen um sogenannte Gefährder handelt. Nur dann darf ausnahmsweise eine Unterbringung in sonstigen Einrichtungen erfolgen. Davon betroffene Personen müssen jedoch gegebenenfalls getrennt von Strafgefangenen untergebracht werden.

(GUE)

Foto(s): ©Pixabay/goumbik

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