Gesprächsmitschnitte als Beweismittel nicht geeignet! (II)

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Da wir sehr viele Rückfragen zu diesem Themenbereich erhalten haben, erlaube ich mir für Rechtssuchende folgende Hinweise zu veröffentlichen, um Sie auch ggf. in Ihrem Fall die richtigen Entscheidungen treffen zu lassen. 

Dabei ersetzen die hier erteilten Hinweise nicht die Prüfung Ihres Einzelfalles durch einen Rechtsanwalt, geben aber aus unserer Sicht die Rechtslage wieder, die stets im Fall heimlicher Ton- und Bildaufnahmen beachtet werden sollte:

1.) Vorsicht: die Veranlassung heimlicher Ton- oder Bildaufnahmen sind stets Straftaten:

Klar können Sie jemanden mit Ihrem Handy aufnehmen, der Sie (wiederholt) beleidigt, Sie tätlich angreift oder (sexuell) belästigt oder mobbt.

Die Aufnahme selbst ist aber erst einmal die Erfüllung des Straftatbestandes des §201, 201 a StGB. Dies, soweit derjenige, welche Sie beleidigt bzw. beleidigt, nicht in die Aufnahme einwilligt. Ob das dann zu einer Bestrafung Ihrerseits oder als Beweismittel zur Überführung des Angreifers oder der Angreiferin, die Sie beleidigt, führt, bleibt erstmal offen. 

Sie machen solche Aufnahmen also immer erst einmal „auf eigene Gefahr“. Und im Zweifel machen Sie sich eben auch strafbar und setzen sich damit der Gefahr der Strafverfolgung aus.

Falls Sie jemanden bei der Polizei anzeigen wollen, dann muss die Staatsanwaltschaft ggf. erst einmal ein Ermittlungsverfahren gegen Sie in die Wege leiten, falls Sie angeben, eine heimliche Ton- oder Bild- u. Tonaufnahme gemacht zu haben. Ob man dann von der Strafverfolgung zu Ihren Lasten absieht, steht wiederum im nicht immer eindeutig vorhersehbaren Ermessen der Strafjustiz.

Natürlich besteht diese Gefahr so gut wie überhaupt nicht, wenn Sie als Opfer eines brutalen, rechtswidrigen Angriffs, den Sie überlebt haben, eben diesen Angriff aufgenommen haben. Dies gilt erst recht, wenn Sie sich als Opfer in einer sonst ausweglosen Situation, zum Beispiel sexuell bedrängt wurden oder sich in einer Drucksituation wiederfanden in welcher Ihnen Gewalt angedroht wird. Wenn Sie sich dann schlichtweg nicht anders zu helfen wussten, als eben noch diese Aufnahme zu machen, sollte dies aus Sicht der Justiz entschuldigt sein. 

Ebenso meines Erachtens, wenn Sie brutale  Angriffe auf Dritte "filmen" wobei Sie in diesem Fall aber in der Lage sein sollten rechtswidrige Schläger zum Beispiel von Beamten der Polizei zu unterscheiden, die mit einer Festnahme oder Sicherungsmaßnahmen beschäftigt sind.

In anderen Fällen, z. B.: in dem Fall, dass jemand aus Ihrer Sicht unverschämt und Frech wird, ggf. lediglich anzügliche Bemerkungen oder Schimpfworte nutzt, die aber ggf. im entsprechenden Milieu üblich und dann nicht zwangsnotwendiger Weise strafrechtliche relevante Beleidigungen sind, dann ist ebenso Vorsicht geboten. Denn dann dokumentieren Sie, falls Sie filmen durch (heimliche) Ton- oder Bildaufnahmen zwar auch einen üblen und aus Ihrer Sicht ggf. unangemessenen Angriff. Sie, sind aber im Zweifel nicht rechtlich entschuldigt. 

Also sollte man insgesamt immer Vorsicht walten lassen und nicht glauben, dass jedes "Fehlverhalten" gefilmt werden kann, ohne dass man Ärger bekommt. Also: erst einmal vorsichtig sein. 

Dies, gerade auch, weil , das Gesetz nicht zimperlich ist.

Diese Konsequenzen sieht das Gesetz zulasten desjenigen vor, der ein nichtöffentlich gesprochenes Wort ohne Einwilligung des Gesprächspartners aufnimmt (heimliche Tonaufnahme):

§ 201 Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes StGB:

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer unbefugt

1. das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einen Tonträger aufnimmt oder

2. eine so hergestellte Aufnahme gebraucht oder einem Dritten zugänglich macht.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das nicht zu seiner Kenntnis bestimmte nichtöffentlich

gesprochene Wort eines anderen mit einem Abhörgerät abhört.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer als Amtsträger

oder als für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter die Vertraulichkeit des

Wortes verletzt (Abs. 1, 2).

(4) Der Versuch ist strafbar.

(5) Die Tonträger und Abhörgeräte, die der Täter oder Teilnehmer verwendet hat, können

eingezogen werden.

§ 74a ist anzuwenden.

Diese Konsequenzen sieht das Gesetz zulasten desjenigen vor, der Bildaufnahmen ohne Einwilligung der aufgenommenen Person macht, die den persönlichen Lebensbereich des Betroffenen verletzt (heimliche Bildaufnahme):

§ 201a StGB Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1. von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, unbefugt eine Bildaufnahme herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt,

2. eine Bildaufnahme, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt,

3. eine durch eine Tat nach den Nummern 1 oder 2 hergestellte Bildaufnahme gebraucht oder einer dritten Person zugänglich macht oder

4. eine befugt hergestellte Bildaufnahme der in den Nummern 1 oder 2 bezeichneten Art wissentlich unbefugt einer dritten Person zugänglich macht und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt von einer anderen Person eine Bildaufnahme, die geeignet ist, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, einer dritten Person zugänglich macht.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Bildaufnahme, die die Nacktheit einer anderen Person unter achtzehn Jahren zum Gegenstand hat,

1. herstellt oder anbietet, um sie einer dritten Person gegen Entgelt zu verschaffen, oder

2. sich oder einer dritten Person gegen Entgelt verschafft.

(4) Absatz 1 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 1 Nummer 3 oder Nummer 4, Absatz 2 und 3 gelten nicht für Handlungen, die in Wahrnehmung überwiegender berechtigter Interessen erfolgen, namentlich der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dienen.

(5) Die Bildträger sowie Bildaufnahmegeräte oder andere technische Mittel, die der Täter oder Teilnehmer verwendet hat, können eingezogen werden. 2§ 74a ist anzuwenden.

2.) Vorliegen eines Entschuldigungsgrundes:

Soweit die Ton- oder Bild-Aufnahme, die Sie selbst gefertigt haben, ausschließlich einen rechtswidrigen Angriff dokumentiert, hat ein Staatsanwalt bzw. Richter bei der Frage, ob er gegen Sie oder einen anderen ein Ermittlungs- oder Strafverfahren einleitet, bzw. eröffnet, Folgendes zu tun.

Er muss rechtlich abzuwägen sein, ob ein gesetzlicher Entschuldigungsgrund für Sie besteht, sodass Sie ausnahmsweise nicht zu bestrafen sind. Ob das Interesse des Staates daran, dass die Vertraulichkeit des nicht öffentlich gesprochenen Wortes, bzw. des Privatlebens, wie eben durch das Gesetz geschützt, gewahrt bleibt, dann geringer ist als Ihr Interesse an der Dokumentation eines rechtswidrigen Angriffs, ist in Einzelfällen gar nicht so einfach vorherzusagen.

Sie verwirklichen eben im Zweifel immer erst einmal einen Straftatbestand, wenn Sie heimlich aufnehmen. 

Daher bleibt eine unheimliche Aufnahme immer eine Straftat, zu (deren Versuch) angestiftet, oder die auch durch Beihilfehandlungen Dritter gefördert werden kann. (Wobei die Anstiftung und Beihilfe im Zweifel ebenso strafbare Taten i. S. d. §§ 26, 27 StGB sind.)

Nur im Zweifel sind Sie, also entschuldigt und selbst, als Täter nicht zu bestrafen. 

Dies, falls eben ausreichende Entschuldigungsgründe vorliegen. Lediglich eine Aufnahme aufgrund einer Notsituation kann diese Straftat aus Sicht der Justiz entschuldigen: Entschuldigungsgründe sind der entschuldigende Notstand (§ 35 StGB, Notstand), der übergesetzliche entschuldigende Notstand, der Notwehrexzess (§ 33 StGB), das Handeln auf dienstliche Weisung u. ggf. die Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens. Nicht jede kritische verbale Attacke auf Sie ist eine strafbare Beleidigung. Nicht jede Anzüglichkeit eine Diskriminierung Ihrer Person. Sie sollten daher erst nach anwaltlicher Beratung abwägen, ob Aufnahmen gemacht werden oder nicht.

3.) Verwertbarkeit von heimlichen Aufnahmen in Gerichtsverfahren:

Ist die Aufnahme bereits gemacht und geht es nicht nur um Strafverfolgung zu Ihren Lasten oder zu Lasten des Täters, sondern um Ihre zivilrechtlichen Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz oder Schmerzensgeld gegen den Täter, ist es im Fall heimlicher Ton- oder Bildaufnahmen dann immer noch die Frage, ob diese Aufnahmen im Rahmen eines Zivilprozesses vor Arbeitsgerichten, Familiengerichten oder sonstigen Gerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit vom Richter zugelassen wird.

Auch hier findet stets eine Interessenabwägung statt, ob Ihr rechtliches Interesse an der Dokumentation des rechtswidrigen Angriffs höher zu bewerten ist, als das Interesse des Angreifers daran, dass die Vertraulichkeit des nicht öffentlich gesprochenen Wortes, bzw. des Privatlebens, wie eben durch das Gesetz geschützt zu seinen Gunsten gewahrt bleibt.

Wir als Anwälte empfehlen Ihnen als ggf. Betroffenen sich nicht unnötig den Gefahren einer Strafverfolgung auszusetzen. 

Dokumentieren Sie, soweit anderweitig ermöglicht, erst einfach einmal dadurch, dass Sie zuerst einmal aufzuschreiben, wann Sie durch wen wie angegriffen wurden und was genau Gegenstand des Angriffs war.

Erstatten Sie dann (schriftlich) Strafanzeige. Ggf. beeindruckt schon die Einleitung eines Strafverfahrens den Angreifer künftig Angriffe dieser oder anderer Art zu unterlassen. Zwar besteht dann auch häufig insbesondere bei kleinen Delikten die Gefahr, dass das Ermittlungsverfahren wegen fehlender Beweisbarkeit eingestellt wird, aber dies kann der Täter nicht immer für sich erhoffen. Wichtig ist, die richtigen Mittel zum richtigen Zeitpunkt zu ergreifen.

Stellen Sie lieber schriftlich einen oder auch mehrere Strafanträge zur Staatsanwaltschaft oder zur Polizei wegen des „Tatverdachtes des Vorliegens von Beleidigungen als dass Sie selbst einfach etwas aufnehmen und dann zur Polizei gehen und Sie sich selbst gleich in Gefahr begeben, bestraft zu werden.

Versuchen Sie Zeugen, die den Angriff beobachtet haben, für sich zu gewinnen und/oder geben Sie die als Zeugen in Betracht kommenden Personen im Rahmen der schriftlichen Anzeigeerstattungen an. Lassen Sie sich hierbei auch anwaltlich beraten und klären Sie die Risiken nicht selbst wegen falscher Verdächtigung verfolgt zu werden.

Soweit es um brutale und heftige Angriffe auf Ihre Person geht, die in Verletzungsabsicht oder gar Tötungsabsicht erfolgen, ist der Ratschlag davonzulaufen der bessere, als stehen zu bleiben und Ton- oder Lichtbildaufnahmen zu machen. Können Sie das nicht und wurde eine Ton- bzw. Bildaufnahme des Angriffs gemacht, kann ein Anwalt abwägen, wann und wie diese Aufnahmen ggf. als Beweismittel verwandt wird.

Der anwaltliche Rat ist also einfach: Als Beweismittel ist die Tonaufnahme eines Gespräches oder Telefonates oder das Fertigen einer Bildaufnahme grundsätzlich erstmal nicht empfehlenswert. Gibt es diese Aufnahmen schon, ist es fraglich, wie man diese verwertet. Ggf. kann man tatsächlich den Angreifer und Gegner auch rechtliche „Fallen stellen“, falls es diese Aufnahmen gibt.

Sind also schon Bild- oder Tonaufnahmen vorhanden, wird der für Sie tätige Anwalt immer versuchen, das Beste daraus zu machen. 

Bei beleidigenden und nötigenden Angriffen bzw. tätlichen Angriffen mit Verletzungsfolge empfehlen wir im Zweifel Fachanwälte für Strafrecht oder Anwälte, die sich auf Opferhilfe spezialisiert haben, zu beauftragen.

Unsere Kanzlei ist in Fällen dieser Art so gut wie nie tätig. 

Wir vertreten Fälle aus dem Bereich des Arbeitsrechts, Bankrechts und Kapitalanlagerechtes, Erbrechts sowie des Familienrechts. 

Wir hatten aber wiederholt in diesen Rechtsgebieten auch schon mit Tonbandaufnahmen zu tun und uns anlässlich geführter Prozesse intensiv mit diesen Rechtsfragen zu beschäftigt. 

Egal, ob ein Arbeitnehmer das beleidigende Verhalten von Vorgesetzten und Kollegen dokumentierte, oder Telefonmitschnitte im Bank- und Kapitalmarktrecht Fehlberatung des Vermittlers oder sogar Betrug dokumentierten.

Ob im Erbrecht vom Erben oder im Familienrecht von Lebenspartnern gedroht wurde, was passieren würde, falls man dies oder jenes macht oder gar tätliche Angriffe dokumentiert wurden. 

Immer wieder haben wir mit Bild- und Tonaufnahmen als Beweismittel zu tun. So gefährlich deren Erstellung für den Einzelnen auch sein mag. Für manche Wahrheitsliebende ist das Veranlassen einer Aufnahme häufig der aus seiner Sicht einzige Weg der Dokumentation von Dingen, die ihm rechtlich bedeutsam erscheinen. Dies kann auch im Einzelfall so sein. Tatsächlich und allgemein entspricht es der Tatsache, dass die Aufnahme den Aufnehmenden erst einmal selbst gefährdet und nur im Einzelfall vor Gericht manchmal mit derartigen Tonaufnahmen ein durchschlagendes Beweismittel zur Verfügung steht.



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