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Gewerbemiete in Corona-Zeiten

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Die Wirtschaft leidet derzeit massiv unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie. Waren zunächst in erster Linie „nur“ Einrichtungen wie Fitnessstudios, Veranstaltungsorte, Reisebüros, Hotels und Gastronomiebetriebe direkt oder faktisch betroffen, wirken sich die aktuellen Kontaktverbote auf fast alle Branchen aus. Abgesehen von bestimmten Einrichtungen wie Ärzten, Apotheker und Lebensmittelgeschäften sind alle Läden geschlossen.

Insbesondere die „kleinen“ Ladenbetreiber stellt das bereits nach wenigen Tagen vor existenzielle Probleme. Denn es bricht nicht nur der Umsatz weg, sondern auch viele Kosten laufen unverändert weiter. Ein großer Faktor ist dabei die Miete für das Ladenlokal oder das gewerblich genutzte Büro.

Ist eine Befreiung oder wenigstens eine Minderung der Miete für Gewerberaum möglich?

Zwar wurden bereits von der Politik zahlreiche Versprechen gemacht, dass auch den kleinen und mittleren Betrieben schnell und unbürokratisch geholfen werden soll. Viele dieser Hilfen laufen jetzt an. Aber, ob man diese Hilfen tatsächlich erhält, in welcher Höhe und welche Voraussetzungen man erfüllen muss, wissen viele Geschäftsbetreiber aktuell nicht.

Wer wegen einer unrechtmäßigen Schließung seines Geschäfts Entschädigungsansprüche gegen den Staat geltend machen will, müsste im Zweifelsfall außerdem nachweisen, dass er alles ihm Zumutbare unternommen hat, um den geltend gemachten Schaden zu minimieren – dazu müsste sich das Unternehmen vorher effektiv um eine geringere Mietzahlung bemüht haben.

Deswegen stellt sich die Frage, ob der Grundsatz „pacta sund servanda“ („geschlossene Verträge sind einzuhalten“) in diesen besonderen Zeiten uneingeschränkt aufrechterhalten werden kann.

Minderung wegen Mangel der Mietsache

Bevor Mieter und Vermieter darüber diskutieren, ob eine Minderung wegen eines Sachmangels in Betracht kommt, sollte man sich immer zuerst den Vertrag anschauen. Denn häufig steht im Gewerbemietverträgen eine Klausel, nach der dies nur bei anerkannten oder rechtskräftig festgestellten Mängeln möglich ist. Auch wenn die Minderung gerechtfertigt sein sollte, muss die Miete zunächst trotzdem in voller Höhe gezahlt und die zu viel gezahlte Miete dann später zurückgefordert werden. Das bringt dem Gewerbemieter in der aktuellen Situation also wenig.

Unabhängig davon wird man darüber streiten können, ob in den durch die behördlichen Anordnungen ausgelösten Wirkungen ein Mangel im Sinne des § 536 Abs. 1 BGB vorliegt. Auch hier lohnt sich zunächst der genaue Blick in dem Mietvertrag. Denn ein Mangel liegt vor, wenn dieser die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt oder aufhebt. Wenn ohne nähere Angaben die Räume einfach nur vermietet werden, wird es schwierig, die Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauch nachzuweisen. Denn die Räumlichkeiten selbst sind ja weiterhin für den Mieter nutzbar. Überspitzt formuliert ist es dann auch eine unbeeinträchtigte vertragsgemäße Nutzung, wenn sich der Mieter in die Mitte seines Ladens setzt und Däumchen dreht.

Was steht genau im Vertrag?

Sehr häufig werden gewerblich vermietete Räume aber zu ganz konkreten Zwecken vermietet und das steht dann auch so im Vertrag. Wurde im Mietvertrag beispielsweise „Betrieb eines Fitnessstudios“ als Nutzungszweck festgelegt (häufig auch mit einer Betriebspflicht verbunden), kann der Betreiber dort zwar immer noch Däumchen drehen – aber die vertraglich vereinbarte Nutzung ist nicht möglich.

Hier könnte man also den Mangel darin sehen, dass die vertraglich vereinbarte Tauglichkeit der Mietsache für eine bestimmte Nutzung aufgehoben wurde. Auch ein Fall der Unmöglichkeit nach § 275 BGB wäre denkbar. In diesem Fall wird der Vermieter von seiner Verpflichtung frei, dass der Mieter die vereinbarte Nutzung in dem Mietobjekt ausüben kann.Dann darf die Mieterseite aber auch die vereinbarte Leistung (=Miete) einbehalten.

Ganz so leicht ist es dann aber doch nicht, weil der Bundesgerichtshof (BGH) vom Staat ausgehende Beschränkungen und Hindernisse nur dann als Mietmängel anerkennt, wenn Sie einen konkreten Bezug zu der Mietsache haben. Beispielsweise, wenn ein Restaurant oder ein Club auf behördliche Anordnung geschlossen wird, weil Brandschutzbestimmungen nicht eingehalten werden.

Entscheidung von anno dazumal

Eine Pandemie wie die, die durch das Coronavirus ausgelöst wurde, kannte der BGH allerdings bisher nicht. Etwas Hoffnung könnte Mieter machen, dass in Kriegszeiten das Reichsgericht einmal entschieden hat, dass das behördliche Verbot zur Durchführung von Tanzveranstaltungen für entsprechende Lokalitäten einen Mangel darstellen.

Es ist aber sehr fraglich, ob der BGH eine derart alte Rechtsprechung übernimmt und damit seine bisherige Auffassung modifiziert.

Störung der Geschäftsgrundlage

In der aktuellen juristischen Diskussion zeichnet sich ab, dass mit einer Anpassung über den § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) am ehesten ein interessengerechter Ausgleich zwischen den Parteien gefunden werden kann. Tatsächlich scheint diese Vorschrift wie gemacht für die aktuelle Situation. Denn es geht um Sachverhalte, in denen sich zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorhandene grundlegende Umstände so schwerwiegend verändert haben, dass die Parteien den Vertrag gar nicht oder jedenfalls mit anderem Inhalt geschlossen hätten.

Diese Lösung hat den Charme, dass sie geeignet ist, die Belastungen durch die von beiden Parteien verschuldete Leistungsstörungen auf alle Schultern zu verteilen. Aber auch hier wird der Teufel im Detail stecken und jeder Einzelfall genau betrachtet werden müssen. Denn man wird im Zweifel Unterschiede feststellen, wenn die Parteien eine Miete vereinbart haben, die sich zumindest teilweise auch an den Umsätzen des Mieters orientiert oder ein fester Mietzins vereinbart ist. Denn im ersten Fall war der Vermieter bei Vertragsschluss offensichtlich eher dazu bereit, an dem wirtschaftlichen Erfolg oder Misserfolg seines Mieters zu partizipieren als im letztgenannten Fall.

Anwaltstipp: Beratung, miteinander reden und gemeinsam Lösungen finden

Wie dargelegt, gibt es eine ganze Reihe von Ansatzpunkten, die es rechtfertigen können, in der gegenwärtigen Situation die Belastung durch Geschäftsmieten zu reduzieren. Dabei wurde die Reduzierung der Miete wegen ersparter Aufwendungen nach § 537 Abs. 1 Satz 2 BGB noch gar nicht erwähnt, weil diese Vorschrift praktisch erst relevant wird, wenn der Ausnahmezustand noch lange anhält.

Gleichzeitig haben aber auch Vermieter von Gewerberäumen gute Argumente, sich gegen Mietausfälle zu wehren.

Für beide Parteien ist es sinnvoll, sich zunächst fachlich beraten zu lassen, um ein besseres Verständnis für die individuelle rechtliche Situation zu bekommen. Unsere Kanzlei berät sie gern in diesen Fragen. 

Derart ausgerüstet sollte man sich dann aber schnell zusammensetzen, miteinander die Lage diskutieren und eine gemeinsame Lösung finden – schließlich sind letztlich alle Beteiligten von der jetzigen Situation überrascht worden und wollen auch nach dem Ende der Krise und in der absehbaren wirtschaftlichen Erholung ein gutes Verhältnis zueinander haben.

Wenn Sie zu diesem Thema eine Frage haben oder eine Beratung wünschen, können Sie sich gerne an die Kanzlei Alsterland und Rechtsanwalt Jörn Blank wenden. Rufen Sie einfach an oder melden sich per E-Mail. Beachten Sie bitte, dass zwar weder die Kontaktaufnahme noch allgemeine Vorfragen mit Kosten verbunden sind – aber die eigentliche Beratungstätigkeit schon.



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