Gewerbeuntersagungsverfahren nach GewO

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Die Ausübung eines Gewerbes ist zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, die die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebs beauftragten Person in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist, § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO.

Darüber hinaus kann die Untersagung auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person sowie die Ausübung aller Gewerbe erstreckt werden, um zu verhindern, dass die unzuverlässige Person in Zukunft als Geschäftsführer oder Betriebsleiter tätig ist, bzw. selbstständig wieder ein Gewerbe betreibt, § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO.

Nach ständiger höchstrichterlichen Rechtsprechung ist unzuverlässig, wer nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß führen wird, BVerwG Urteil vom 02.02.1982- 1 C 146.80.

Nicht ordnungsgemäß ist die Gewerbeausübung durch eine Person, die nicht willens oder in der Lage ist, die im öffentlichen Interesse zu fordernde, einwandfreie Führung ihres Gewerbes zu gewährleisten.

Eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit liegt auch vor, wenn der Gewerbetreibende zu Störung der Rechtsordnung neigt, bzw. ihm der erforderliche Halt fehlt, um Versuchungen zur Verletzung der Rechtsordnung zu widerstehen.

Die Unzuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden ergibt sich beispielsweise aus ungeordneten finanziellen Verhältnissen oder strafrechtliche Verurteilungen.

Straftaten haben dabei einen Gewerbebezug aufzuweisen. Dabei kommt es nicht auf die Anzahlen der Strafurteile und die strafrechtlichen Verurteilungen an, sondern die zugrundeliegende Delikte, VGH München, Beschluss 20.07.2016 22 ZB 16.284. Die Prognose, dass der Gewerbetreibende aufgrund der für die Vergangenheit festgestellte Verstöße auch für die Zukunft als unzuverlässig gilt, kann sich unter Umständen schon auf einer erheblichen gewerbebezogenen Straftat stützen. In Betracht kommen neben Verurteilungen wegen Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt sowie Steuer- und Insolvenzdelikte.

Zudem kann die Unzuverlässigkeit aus ungeordneten Vermögensverhältnissen begründet werden. Insbesondere die wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit rechtfertigt die Annahme einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit. Die beharrliche Nichterfüllung von Zahlungsverpflichtungen lässt dabei auf die Neigung des Gewerbetreibenden schließen, diese Schwierigkeit nicht im Einklang mit der Rechtsordnung zu bewältigen. Der Leistungswille des Gewerbetreibenden stellt dabei ein wesentliches Element seiner Zuverlässigkeit dar, so dass sich aus dem Fehlen dieses Willens in der Regel bereits auf eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit schließen lässt.

Ob die Unzuverlässigkeit unverschuldet ist, ist unerheblich bei der Feststellung der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit. Maßgeblich ist das Gesamtbild.

Die Maßnahme hat dem Schutz der Allgemeinheit zu dienen. Die Allgemeinheit ist davor zu schützen, dass ihr die benötigten Geldmittel vom Gewerbetreibenden in Auswirkung seiner Unzuverlässigkeit vorenthalten werden. Auch im Rahmen der Gerechtigkeit, welche die Gleichbehandlung aller Pflichtigen erfordert, kann nicht hingenommen werden, dass ein Gewerbetreibender seine gewerblichen Verpflichtungen in Form eines rechtschaffenden Geschäftsgebarens nachhaltig und erheblich entzieht.

Insbesondere die Nichterfüllung von Zahlungsverpflichtungen verschafft einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Mitbewerbern. Darüber hinaus hat die Untersagung dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu genügen, das heißt die Maßnahme mit geeignet, erforderlich und angemessen sein.

Die Untersagung der Gewerbeausübung als Eingriff in die Berufsfreiheit stellt einen gewichtigen Eingriff in die Rechte des Betroffenen dar. Betroffene sollten im Einzelfall prüfen (lassen) auf welche Erwägungen die Behörde ihrer Entscheidung stützt. Sollte die Entscheidung auf ungeordnete finanzielle Verhältnisse gestützt werden, sollte der Betroffene ein tragfähiges Sanierungskonzept zur Schuldenregulierung erstellen und umgehend das Gespräch mit der Behörde suchen. Möglicherweise stellt sich im Rahmen der Prüfung ein Insolvenzverfahren als Lösung für den Betroffenen heraus. Daneben besteht die Möglichkeit der Klageerhebung sowie einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu stellen.

Soweit die Gewerbeausübung bereits untersagt wurde, kommt ein Antrag auf Wiedergestattung in Betracht.

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