Grad der Behinderung (GdB) und Rente beantragen bei Long Covid und CFS

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Das Chronische Fatigue-Syndrom (kurz CFS), auch Myalgische Enzephalomyelitis genannt, beeinträchtigt die Betroffenen schwer im Alltag. Auch bei Betroffenen von Long-Covid kommt es zu einer schweren anhaltenden Erschöpfung. Bereits einfache alltägliche Verrichtungen, wie z.B. das Einkaufen rauben Kraft. Hinzu können weitere Symptome treten, wie z.B.  Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen und seelische Belastung.

Die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit ist vielen Betroffenen nicht oder nur noch eingeschränkt möglich. 

Die Diagnose der Erkrankung von ME / CFS wird gestellt, wenn die Symptome über mehrere Monate anhalten, zugleich wird in rechtlicher Hinsicht bei einem Fortdauern eines Erkrankungsbildes von über sechs Monaten hinaus von einer Behinderung gesprochen. Bei einem Long-Covid-Leiden tritt bei vielen Betroffenen ein Fatigue-Syndrom auf. Die Behandlung ist derzeit noch symptomorientiert, die Mediziner sprechen von einem langen Weg zurück in die Normalität, der Jahre in Anspruch nehmen kann.

Bei einer erheblichen und über einen Zeitraum von sechs Monaten hinweg andauernden Belastung im (beruflichen) Alltag ist zu empfehlen, die Anerkennung eines Grades der Behinderung für die Erkrankung zu beantragen. Insbesondere im Hinblick auf die berufliche Tätigkeit bringt die Feststellung eines Grades der Behinderung Vorteile mit sich, z.B. im Hinblick auf Kündigungsschutz und Zusatzurlaub.

Doch welchen Grad der Behinderung kann man bei einer Erkrankung an ME / CFS / Long-Covid erwarten?

Maßstab für die Bewertung der einzelnen Behinderungen mit einem sog. Einzel-GdB sind die Versorgungsmedizinischen Grundsätze der Versorgungsmedizin-Verordnung.

In den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen gibt es für die Erkrankung an ME / CFS / Long Covid noch keinen eigenen konkreten Bewertungsmaßstab.

Von der Rechtsprechung wird ein Wert für eine vergleichbare Erkrankung herangezogen, die in der Symptomatik ähnliche Beeinträchtigungen im Alltag mit sich bringt. Zur Bewertung wird hier beispielsweise die Ziffer 3.7. Teil B der Anlage zu § 2 genutzt, mit der für psychovegetative oder psychische Störungen, beginnend mit einem Einzel-GdB von 0 – 20 ein Grad der Behinderung festgelegt wird. Je nach Schwere der Erkrankung kann der GdB aber auch deutlich höher liegen, bis zu 100%.

Für die Bewertung der CFS wird - wenn es um die funktionellen Auswirkungen der Erkrankung geht - auf die Bewertung vergleichbar mit einer entzündlich rheumatischen Erkrankung zurückgegriffen.

Unter dem Titel "18.4 Fibromyalgie" findet sich insoweit nur der Hinweis, dass bei CFS die Bewertungsgrundsätze entsprechend anzuwenden sind. Damit ist auch hier - je nach Ausmaß der Beeinträchtigung - die gesamte Bandbreite für einen GdB von 10 - 100 % denkbar.

Entscheidend ist also die Schwere der Beeinträchtigungen im jeweiligen Einzelfall, die bei Beantragung der Zuerkennung eines Grades der Behinderung von dem Betroffenen gut geschildert werden sollten.

Häufig leiden die Betroffenen noch an weiteren Erkrankungen für die ein Einzel-GdB zuerkannt werden kann. In der Gesamtschau ist daher, auch wenn eine schwere Störung durch die Fatigue oder das Long Covid Syndrom allein nicht eintritt, durchaus das Erlangen der Zuerkennung eines Gesamt-GdB von 50 und damit der Schwerbehinderteneigenschaft denkbar.

Zudem kann die Beantragung einer Erwerbsminderungsrente sinnvoll sein, um die notwendige Ruhe für eine Rehabilitation zu erhalten. Die EM-Rente wird nach den gesetzlichen Bestimmungen in der Regel zunächst befristet gewährt, um abzuwarten, ob nicht doch eine längere medizinische Behandlung zu einer Besserung des Gesundheitszustands wieder führt.

Für ältere Betroffene ergibt sich die Möglichkeit bei Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft vorzeitig eine Altersrente wegen Schwerbehinderung zu beantragen. 

Bei  Rückfragen können Sie sich gerne an unsere Kanzlei wenden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Anne-Christine Paul

Foto(s): Rechtsanwälte Müller & Dr. Paul PartG

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