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Grenzüberschreitende Erbschaften mit Bezug zum kroatischen Erbrecht

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In Zeiten der europäischen Integration weisen immer mehr Erbfälle einen Bezug zum Ausland und zum ausländischen Erbrecht auf. Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten müssen Erblasser und Erben unterschiedliche nationale Vorschriften sowie internationale Verordnungen und gegebenenfalls bilaterale Abkommen beachten.

Es gibt verschiedene erbrechtliche Fälle, bei denen eine Auslandsberührung mit kroatischem Erbrecht vorliegt, z.B. :

  1. Ein deutscher Erblasser hat Vermögen in Kroatien, seinen letzten Wohnsitz in Kroatien oder in Kroatien ein Testament errichtet.
  2. Ein kroatischer Erblasser hat Vermögensgegenstände in Deutschland, seinen letzten Wohnsitz in Deutschland oder ein Testament in Deutschland errichtet.

Je nach Fallgestaltung kann entweder deutsches Erbrecht, kroatisches Erbrecht oder auch beides zur Anwendung kommen.

Gemäß der EuErbVO richtet sich die Rechtsnachfolge seit 2015 grundsätzlich nach dem Recht des Staates, in dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte (Art. 21 EuErbVO). Da nicht immer zweifelsfrei feststeht, wo der gewöhnliche Aufenthalt liegt und es entsprechend Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Erbrechte geben kann oder auch bei der Bestimmung der zuständigen Gerichte, besteht nach der Erbrechtsverordnung die Möglichkeit, selbst eine erbrechtliche Rechtswahl vorzunehmen. Die Wahl muss in eine Verfügung von Todes wegen aufgenommen werden (Erbvertrag, gemeinschaftliches Testament, Testament). Die Auslegung des Erblasserwillens muss eine entsprechende Rechtswahl unzweifelhaft ergeben (Art. 22 Abs. 2 EuErbVO).

Nach dem kroatischen Erbrecht gibt es gesetzliche Erben ersten, zweiten, dritten und vierten Ranges. Erben ersten Ranges sind die Nachkommen des Erblassers und dessen Ehepartner. Erben zweiten Ranges sind die Eltern des Erblassers und dessen Ehepartner, wenn er keine Nachkommen hinterlässt. Wenn der Erblasser keine Nachkommen hat und beide Elternteile des Erblassers vor dessen Tod verstorben sind, erhält der Ehepartner den gesamten Nachlass (§ 11 Abs. 3 Zakon o nasljedivanju). Im Übrigen können auch die Geschwister des Erblassers einen Teil des Nachlasses bekommen, wenn der Erblasser keinen Ehepartner hinlässt und seine beiden Elternteile vor ihm verstorben sind. Der dritte und der vierte Rang des Erbes kommen zum Zug, wenn der Erblasser weder Nachfahren, noch einen Ehepartner, noch Eltern hinterlässt und auch diese keinerlei Nachkommen hinterlassen.  Auch eine nichteheliche Lebenspartner ist erbberechtigt und hat auch einen Anspruch auf einen Teil des in der Lebensgemeinschaft erwirtschafteten Vermögens, vergleichbar dem ehelichen Zugewinn (bracna stecevina).

Neben der gesetzlichen Erbfolge kennt das kroatische Erbrecht auch die gewillkürte Erbfolge, die z.B. durch ein Testament  (oporuka) bestimmt werden kann. So kann man mit einem Testament seinen letzten Willen rechtskräftig dokumentieren und über den eigenen Tod hinaus über das eigene Vermögen verfügen.

Erblasser, für die das kroatische Erbrecht gilt, müssen bei der Errichtung eines Testaments Vorgaben berücksichtigen. Das Erbrecht Kroatiens kennt mit dem öffentlichen Testament, dem handschriftlichen Testament, dem schriftlichen Testament vor Zeugen und dem mündlichen Testament vor Zeugen insgesamt vier zulässige Testamentsformen.

Das handschriftliche Testament entspricht dem in Deutschland gängigen, eigenhändigen Testament. Auch in Kroatien muss es vom Erblasser handschriftlich verfasst und unterschrieben werden. Im Gegensatz dazu ist das mündliche Testament in Gegenwart von zwei Zeugen zu errichten und soll in außergewöhnlichen Situationen Anwendung finden, in denen der Testierende kein anderes Testament errichten kann.

Ein öffentliches Testament kommt für besondere Personengruppen in Betracht und  ist von bestimmten bevollmächtigten Personen zu erstellen.

Das schriftliche Testament vor Zeugen stellt eine weitere in Kroatien genutzte Testamentsform dar. Eine solche Verfügung ist in Gegenwart von zwei Zeugen zu erstellen. Der letzte Wille wird durch eine dritte Person verfasst, wird aber vor den beiden Zeugen vom Erblasser unterzeichnet, bevor die Zeugen die Urkunde gegenzeichnen und damit ein rechtskräftiges Testament erstellen.

Eine Erbauseinandersetzung ist in Kroatien vor einem öffentlich bestellten Notar (javni biljeznik) zu führen. 

Die EU-Erbrechtsverordnung hat zudem ein Europäisches Nachlasszeugnis eingeführt (Artikel 62 ff. EU-ErbVO). Als einheitlicher Nachweis insbesondere über die Rechtsstellung als Erbe soll es die grenzüberschreitende Nachlassabwicklung einfacher und effizienter gestalten. Es ist in Kroatien gültig und entfaltet auch in allen EU-Mitgliedstaaten dieselbe Wirkung. Seine Verwendung ist nicht verpflichtend (Artikel 62 Absatz 2 EU-ErbVO). Es verdrängt also nicht etwa den deutschen und/oder kroatischen Erbschein, sondern stellt einen zusätzlichen Erbnachweis dar.

Erklärungen, die nötig sind, z.B. um in Deutschland einen Erbschein zu erhalten, können auch bei der deutschen Auslandsvertretung, demnach z.B. bei der Deutschen Botschaft in Zagreb, abgegeben bzw. protokolliert werden.

 

 


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